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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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aufrufen?«
    »Nein, Sir.«
    »Anträge oder etwas in der Art?«
    »Nein, Sir.«
    Jake entschied sich dagegen, eine Kaution zu beantragen. Erstens: Das hatte überhaupt keinen Sinn. Bei einem Mordfall war Bullard sicher nicht bereit, eine Haftentlassung in Erwägung zu ziehen. Zweitens: Er wollte vermeiden, den Richter zu verärgern.
    »Danke, Mr. Brigance. Das Gericht hält es hiermit für erforderlich, den Fall an das große Geschworenengericht der Ford County weiterzuleiten. Mr. Hailey bleibt ohne Kaution in Untersuchungshaft. Damit ist die Verhandlung beendet.«
    Man legte Carl Lee Handschellen an und führte ihn aus dem Saal. Mehrere Deputys riegelten den Bereich der hinteren Treppe ab und hielten dort Wache. Die draußen wartenden Journalisten konnten nur einen kurzen Blick auf den Angeklagten werfen, als er durch die Tür trat und in einem Streifenwagen Platz nahm. Kurz darauf war er wieder im Gefängnis, und die Zuschauer verließen das Gerichtsgebäude.
    Die Deputys geleiteten zuerst die Weißen nach draußen, dann die Schwarzen.
    Einige Reporter baten Jake um ein Interview, und er vereinbarte ein kurzes Gespräch in der Rotunde. Der Anwalt ließ sie warten und ging zunächst zum Richter und anschließend zur Bibliothek, um in einem Buch nachzusehen. Als der Verhandlungssaal leer war und die Journalisten lange genug gewartet hatten, kehrte Jake in die Rotunde zurück und blieb vor den Kameras stehen.
    Man hielt ihm ein Mikrofon mit roter Aufschrift entgegen. »Warum haben Sie keine Kaution beantragt?« fragte jemand.
    »Das kommt später.«
    »Werden Sie auf Unzurechnungsfähigkeit Ihres Mandanten plädieren?«
    »Wie ich schon sagte: Es ist noch zu früh, diese Frage zu beantworten. Zuerst muß das große Geschworenengericht entscheiden – vielleicht wird gar keine offizielle Anklage gegen meinen Klienten erhoben. Andernfalls beginnen wir damit, seine Verteidigung zu planen.«
    »Der Bezirksstaatsanwalt Mr. Buckley hat davon gesprochen, daß kein Zweifel an der Verurteilung des Angeklagten besteht. Was meinen Sie dazu?«
    »Leider redet Mr. Buckley zuviel. Ich halte es für sehr dumm, diesen Fall zu kommentieren, bevor er vom großen Geschworenengericht geprüft wurde.«
    »Er wies auch darauf hin, daß er strikt gegen eine Verlegung des Verhandlungsortes ist.«
    »Wir haben noch keinen solchen Antrag gestellt. Außerdem bin ich sicher, daß es für den Bezirksstaatsanwalt keine Rolle spielt, wo der Prozeß stattfindet. Er würde den Fall auch in der Wüste verhandeln, wenn dort die Presse erscheint.«
    »Läßt sich daraus der Schluß ziehen, daß es zwischen Ihnen und Mr. Buckley Unstimmigkeiten gibt?«
    »Derartige Schlußfolgerungen überlasse ich Ihnen. Er ist ein guter Staatsanwalt und würdiger Prozeßgegner. Er redet nur zuviel.«
    Jake beantwortete noch einige andere Fragen, entschuldigte sich dann und ging.
    Spät am Mittwochabend amputierten die Ärzte das untere Drittel von Looneys Bein. Sie riefen Ozzie im Gefängnis an, und er informierte Carl Lee.
10
    R ufus Buckley blätterte in den Donnerstagszeitungen und las mit großem Interesse mehrere Berichte über die Voruntersuchung in Ford County. Es freute ihn sehr, daß die Reporter und Mr. Brigance seinen Namen erwähnt hatten. Den schmälernden Bemerkungen kam nur eine untergeordnete Bedeutung zu, wenn man sie der Tatsache gegenüberstellte, daß sein Name mehrmals gedruckt worden war. Brigance mochte er nicht, aber wenigstens verdankte er ihm nun erste Publicity. Zwei Tage lang hatten Jake und der Angeklagte im Rampenlicht gestanden, und nun wurde es Zeit, daß auch der Bezirksstaatsanwalt sein Stück von der Torte des Medienrummels abbekam. Für Brigance gab es überhaupt keinen Grund, jemanden zu kritisieren, der sich Publicity wünschte: Lucien Wilbanks hatte es ihm nur zu gut beigebracht, die Presse vor und während eines Prozesses zu manipulieren. Doch Buckley hegte keinen Groll gegen ihn, sondern gab sich ganz der Zufriedenheit hin. Ihm gefiel die Vorstellung eines langen, scheußlichen Verfahrens, das ihm die erste gute Gelegenheit bot, im ganzen Land bekannt zu werden. Angenehme Aufregung durchprickelte ihn, wenn er an Montag dachte, den ersten Tag der nächsten Verhandlungsperiode in Ford County.
    Er war einundvierzig und der jüngste Staatsanwalt in Mississippi gewesen, als man ihn vor neun Jahren zum erstenmal gewählt hatte. Inzwischen lag die dritte Wahl schon ein Jahr zurück, und sein Ehrgeiz wuchs. Er hielt die Zeit für

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