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Die Jury

Titel: Die Jury Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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einflußreiche Freunde, den Gouverneur zu bitten, ihn zum Nachfolger des Verstorbenen zu ernennen. Auf diese Weise wurde Ex-Senator Noose zum Bezirksrichter Noose. Man wählte ihn 1975 und bestätigte ihn 1979 und 1983 im Amt.
    Die Verbannung aus dem Zentrum der Macht demütigte Noose und läuterte ihn. Bescheiden und mit besseren Vorsätzen wandte er sich dem Recht zu, und nach einem von Unsicherheit geprägten Anfang gewöhnte er sich an den neuen Job. Er verdiente sechzigtausend im Jahr und konnte es sich leisten, ehrlich zu sein. Jetzt, im Alter von dreiundsechzig, galt er als kluger Richter und genoß den Respekt der meisten Anwälte und des obersten Gerichts von Mississippi, das seine Urteile fast immer bestätigte. Er war ruhig und nett, geduldig und streng. Er hatte eine große, sehr lange und sehr spitz zulaufende Nase, die als Thron für eine mit achteckigen Gläsern ausgestattete Lesebrille diente – die er immer trug und nie benutzte. Nase, schlaksige Gestalt, zerzaustes graues Haar und eine quiekende Stimme brachten ihm einen Spitznamen ein, den die Anwälte häufig flüsterten: Ichabod. Ichabod Noose. Der Ehrenwerte Ichabod Noose.
    Er nahm auf dem Richterstuhl Platz, und alle Anwesenden standen auf. Ozzie murmelte eine unverständliche, gesetzlich vorgeschriebene Bemerkung, um die neue Verhandlungsperiode des Bezirksgerichts der Ford County zu eröffnen. Ein Prediger aus dem Ort sprach ein langes, ausdrucksvolles Gebet, und anschließend setzten sich die versammelten Männer und Frauen. Die zukünftigen Geschworenen warteten auf der einen Seite des Gerichtssaals, Verbrecher, Prozeßführende, Verwandte, Freunde, Journalisten und Neugierige auf der anderen. Noose verlangte von allen Anwälten in der County, beim Beginn der neuen Verhandlungsperiode zugegen zu sein; die Mitglieder der Advokatur saßen nun in voller Gala auf der Geschworenenbank und gaben sich wichtig. Buckley und sein Assistent D. R. Musgrove hatten am Tisch der Anklage Platz genommen und repräsentierten den Staat. Jake ließ sich hinter dem langen Schreibtisch mit den großen roten Büchern auf einen Stuhl sinken und beobachtete Ichabod, als der Richter seinen Umhang glattstrich, die Lesebrille zurechtrückte und sich umsah.
    »Guten Morgen«, quiekte er laut, zog das Mikrofon näher heran und räusperte sich. »Ich freue mich immer, in der Ford County eine neue Verhandlungsperiode zu eröffnen. Nun, wie ich sehe, haben die meisten Rechtsanwälte Zeit gefunden, vor Gericht zu erscheinen. Wie üblich werde ich den Protokollführer bitten, die Namen der Abwesenden aufzuschreiben, so daß ich sie benachrichtigen kann. Es sind auch viele zukünftige Geschworene gekommen, und dafür danke ich den Betreffenden. Ihnen blieb natürlich gar keine andere Wahl, aber ich möchte darauf hinweisen, daß Ihre Präsenz sehr wichtig ist. Wir stellen heute nicht nur ein großes Geschworenengericht zusammen, sondern auch andere Jurys für die Verfahren in dieser und der nächsten Woche. Ich nehme an, den Anwälten stehen Kopien der Prozeßliste zur Verfügung, und vermutlich sind Sie ebenfalls der Ansicht, daß viel Arbeit auf uns wartet. In meinem Terminkalender stehen mindestens zwei Fälle pro Tag während der nächsten beiden Wochen, aber soweit ich weiß, sind für einige der strafrechtlichen Angelegenheiten außergerichtliche Vereinbarungen vorgesehen. Wie dem auch sei: Viele Verfahren erwarten uns, und ich bitte die Advokatur um gute Zusammenarbeit. Wenn sich das große Geschworenengericht versammelt und offiziell Anklage erhebt, werden die ersten Vernehmungen von mir anberaumt. Befassen wir uns nun mit der Prozeßliste – zuerst die strafrechtlichen Fälle, dann die zivilrechtlichen. Anschließend können die Anwälte den Saal verlassen, wenn wir die Geschworenen auswählen. Der Staat Mississippi gegen Warren Moke. Bewaffneter Raubüberfall. Der Prozeß beginnt heute nachmittag.« Buckley stand langsam auf. »Die Staatsanwaltschaft ist bereit, Euer Ehren«, verkündete er mit übertriebenem Stolz. »Auch die Verteidigung«, sagte der Pflichtverteidiger Tyndale.
    »Wieviel Zeit brauchen Sie für die Verhandlung?« fragte der Richter.
    »Anderthalb Tage«, antwortete Buckley. Tyndale nickte zustimmend.
    »Gut. Wir bestimmen die entsprechende Jury heute morgen und rufen die ersten Zeugen um dreizehn Uhr auf. – Der Staat Mississippi gegen William Daal. Fälschung. Sechs Anklagepunkte. Der Prozeß beginnt morgen.«
    »Wir haben eine

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