Die Jury
versammeln, wann immer Sie es für erforderlich halten, aber für gewöhnlich finden Ihre Sitzungen auf Antrag des Bezirksstaatsanwalts statt. Sie haben die Möglichkeit, Zeugen vorzuladen und alle gewünschten Unterlagen einzusehen. Ihre Beratungen sind streng vertraulicher Natur; nur Sie selbst, der Bezirksstaatsanwalt und seine Mitarbeiter sowie die Zeugen sind dabei zugegen. Dem Beschuldigten ist es nicht erlaubt, vor Ihnen zu erscheinen. Darüber hinaus unterliegen Sie der Schweigepflicht und dürfen nicht über die Diskussionen in der Beratungskammer sprechen. Bitte stehen Sie auf, Mr. Buckley. Danke. Das ist Mr. Rufus Buckley, der Bezirksstaatsanwalt. Er kommt aus Smithfield in Polk County und wird Ihre Versammlungen leiten. Danke, Mr. Buckley. Bitte stehen Sie auf, Mr. Musgrove. Das ist D. R. Musgrove, der stellvertretende Bezirksstaatsanwalt. Er kommt ebenfalls aus Smithfield und arbeitet mit Mr. Buckley zusammen. Danke, Mr. Musgrove. Nun, diese beiden Herren vertreten den Staat Mississippi und präsentieren Ihnen die einzelnen Fälle.
Noch ein Hinweis: Das letzte große Geschworenengericht in Ford County wurde im Februar gebildet, und der Vorsitzende war ein Weißer. Um die Tradition fortzusetzen und den Wünschen des Justizministeriums zu genügen, möchte ich eine Schwarze zur Vorsitzenden dieses großen Geschworenengerichts ernennen. Mal sehen. Laverne Gossett.
Wo sind Sie, Mrs. Gossett? Ah, dort. Sie sind Lehrerin, nicht wahr? Gut. Sie scha ffen es bestimmt, Ihrer neuen Aufgabe gerecht zu werden. Jetzt wird es Zeit, daß Sie mit der Arbeit beginnen. Über fünfzig Fälle warten auf Sie. Bitte folgen Sie Mr. Buckley und Mr. Musgrove durch den Flur zum Zimmer, das Ihnen für die Beratungen zur Verfü gung steht. Danke und viel Glück.«
Buckley führte das neue große Geschworenengericht stolz aus dem Saal, winkte den Reportern zu und meinte, er hätte ihnen nichts zu sagen – vielleicht später. In einem Nebenzimmer nahm die Jury an zwei langen Tischen Platz, und mehrere Sekretärinnen trugen Kartons mit Akten herein. Ein alter, behinderter, schwerhöriger und längst pensionierter Deputy bezog als Wächter an der Tür Aufstellung. Buckley überlegte es sich anders, verließ den Raum unter einem Vorwand und ging zu den Journalisten. Ja, meinte er, heute nachmittag präsentiere er den Hailey-Fall. Für sechzehn Uhr kündigte er eine Pressekonferenz vor dem Gerichtsgebäude an; bis dahin sei die offizielle Anklageerhebung erfolgt.
Nach dem Mittagessen saß der Polizeichef von Karaway am Ende des langen Tisches und blätterte nervös in den Akten. Er mied die Blicke der Geschworenen, die ungeduldig auf ihren ersten Fall warteten.
»Nennen Sie Ihren Namen!« sagte der Bezirksstaatsanwalt scharf.
»Chief Nolan Earnhart, Polizei von Karaway.«
»Wie viele Fälle haben Sie, Chief?«
»Fünf aus Karaway.«
»Hören wir uns den ersten an.«
»Äh, in Ordnung«, murmelte Earnhart und blätterte erneut.
»Ah, hier haben wir ihn. Den ersten Fall, meine ich. Fedison Bulow, Schwarzer, Alter fünfundzwanzig. Man hat ihn auf frischer Tat in Griffins Lebensmittelladen erwischt, am 12. April um zwei Uhr nachts. Er löste einen lautlosen Alarm aus und wurde im Geschäft festgenommen. In einem auf seinen Namen zugelassenen und hinter dem Laden geparkten Wagen fanden wir Bargeld und Waren. Im Gefängnis legte er ein drei Seiten langes Geständnis ab. Ich habe Kopien mitgebracht.« Buckley schlenderte durch den Raum und lächelte dauernd.
»Möchten Sie, daß dieses große Geschworenengericht Anklage gegen Fedison Bulow erhebt, wegen Einbruch in ein Geschäftsgebäude und wegen schweren Diebstahls?« fragte der Staatsanwalt förmlich.
»Ja, Sir.«
Buckley wandte sich an die Geschworenen. »Sie haben das Recht, weitere Auskünfte zu verlangen – dies ist Ihre Anhörung. Irgendwelche Fragen?«
»Ja«, entgegnete Mack Lloyd Crowell, ein arbeitsloser Lastwagenfahrer. »Hat der Beschuldigte Vorstrafen?«
»Nein«, antwortete Earnhart. »Er gerät zum erstenmal mit dem Gesetz in Konflikt.«
»Eine gute Frage«, lobte Buckley. »Erkundigen Sie sich immer danach. Wenn es sich um Vorbestrafte handelt, müssen sie vielleicht als Gewohnheitsverbrecher angeklagt werden. Weitere Fragen? Nein? Gut. Nun, jetzt sollte jemand von Ihnen offizielle Anklageerhebung gegen Fedison Bulow beantragen.« Stille. Die achtzehn Geschworenen starrten ins Leere und warteten darauf, daß jemand den verlangten Antrag stellte.
Buckley
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