Die Juwelen des Scheichs
diesen Gedanken jedoch nicht äußern, sie war ohnehin schon besorgt genug.
Beruhigend legte er den Arm um die schmalen Schultern seiner Schwester. „Der Palast ist eine unerschütterliche Festung, die der Zeit getrotzt hat. Hier erwischt mich niemand. Und jetzt genug davon. Lass uns über etwas Erfreulicheres reden, hm? Was hast du denn heute so vor?“
Als sie den schattigen Weg zurückgingen, besänftigte die vom Duft des Adlerholzbaums erfüllte Luft Zahirs aufgewühlten Geist ein wenig.
„Eigentlich hatte ich gehofft, ein bisschen Zeit mit Gina Collins verbringen zu können.“
„Du hast Dr. Collins getroffen?“ Abrupt blieb er stehen und sah seine Schwester überrascht an.
„Ja, und ich mag sie sehr. Sie hat etwas sehr Schönes über Azhar gesagt, das mir viel Trost geschenkt hat. Ich habe nicht viele Freundinnen in meinem Alter hier, deshalb wäre es schön, wenn Gina eine Weile bliebe. Und da du sie engagiert hast, um die wichtigsten Kunstschätze im Palast zu katalogisieren, könnte ich ihr vielleicht helfen. Was hältst du davon? Könntest du sie vielleicht einmal fragen?“
Faridas kleine Rede kam so unerwartet, dass Zahir einen Moment brauchte, um zu verstehen. Zum ersten Mal seit dem tragischen Tod ihres Mannes zeigte sie Interesse an etwas anderem als ihrer Trauer. Wenn Gina es in der kurzen Zeit geschafft hatte, so einen dramatischen Wandel zu vollbringen, was würde sie dann noch alles erreichen? Ein Gefühl, das sich sehr nach Hoffnung anfühlte, wirbelte durch Zahirs Kopf.
„Ich bin sicher, dass sie sich über deine Hilfe freut. Weißt du übrigens, wo sie gerade ist?“
„Ich wollte eben nach ihr suchen.“ Sie sah ihren Bruder an. „Sie ist sehr hübsch … findest du nicht auch?“
Unvorstellbar schön antwortete sofort eine Stimme in ihm. Doch Zahir verkniff sich die Bemerkung. Es war besser, wenn Farida nichts von seinem starken Interesse an Gina wusste, oder davon, dass er sie gebeten hatte, seine Geliebte zu werden.
„Ja.“ Er lächelte verhalten. „Sie ist sehr hübsch … und clever obendrein.“
Damit wandte er sich ab, bevor er noch weitere ansprechende Eigenschaften von Gina Collins benennen würde.
Als Gina in der Nacht zuvor in ihre luxuriösen Räumlichkeiten zurückgekehrt war, hatte sie gewusst, dass sie in dieser Nacht keinen Schlaf finden würde. Immer noch raste ihr Herz von dem Schock, Zahir verletzt zu wissen. Merkte er denn nicht, wie sehr die Menschen, die ihm nahestanden, sich um ihn sorgten?
Aber sie war auch gekränkt, weil er an nichts anderem interessiert schien als an seiner Lust. Damals in Husseins Garten hatte sie an gegenseitige Zuneigung und Liebe geglaubt und ihm deshalb das wertvollste Geschenk gemacht. Bedeutete ihm all das denn gar nichts?
Auch heute hatte sie beim Frühstück wieder kaum etwas gegessen. Auf ihre Nachfrage versicherte Jamal ihr, dass es Seiner Hoheit besser ginge. Sie würde ihn an diesem Tag aber vermutlich nicht sehen, weil sein Arzt ihm Ruhe verordnet hatte.
Daher zog Gina sich in Zahirs Bibliothek zurück, die ihr schlicht den Atem raubte. Eine Stätte für das geschriebene Wort, wie sie nur ein den Büchern treu Ergebener schaffen konnte.
Alte und moderne Bücher standen in unzähligen Regalen, die sich bis unter die hohe Decke erstreckten. Ausladende Sofas und Sessel luden zum Entspannen ein. Mit den bunt verglasten Fenstern wirkte der riesige Raum mit seiner Ruhe wie eine Kathedrale.
Gina wollte so weit wie möglich in Zahirs Familie eintauchen und deren Geschichte viele Jahrhunderte zurückverfolgen. Es musste hier Hunderte von Geschichtsbüchern über die Region geben.
Mit etwas Glück fand sie vielleicht auch alte Familientagebücher. Sie wollte so viel Informationen wie möglich über die Familie in Verbindung mit den Juwelen sammeln. Aber sie musste diskret vorgehen. Denn wenn Zahir davon erfuhr, würde er sie vermutlich ins nächste Flugzeug verfrachten und ihr jeden weiteren Besuch in Kabuyadir verbieten.
„Da bist du ja.“
Aufgeschreckt hob Gina beim Klang von Zahirs Stimme den Blick von dem faszinierenden Buch, in dem sie gerade las. In seinem schwarzen Kaftan mit dem breiten Ledergürtel und den langen schwarzen Haaren sah er beeindruckend aus wie immer. Doch die kleinen Schweißperlen über seinen Brauen verrieten ihr, dass er Schmerzen haben musste.
„Warum bist du auf? Solltest du dich nicht ausruhen?“ Besorgt drückte sie den verstaubten Band an ihre Brust. Ein Sonnenstrahl stahl sich
Weitere Kostenlose Bücher