Die Juwelen des Scheichs
durch die bunt verglasten Fenster und wärmte ihr den Rücken.
„Ich war im Garten, frische Luft schnappen. Schließlich kann ich nur wegen ein paar Wunden nicht rund um die Uhr im Bett liegen. Jamal hat mir gesagt, dass ich dich hier finde. Was hältst du von meiner Bibliothek?“
„Sie ist wirklich einzigartig. Man könnte sein ganzes Leben hier verbringen und würde doch nur einen Bruchteil all der Bücher lesen können.“
Ihre Bemerkung quittierte er mit einem schmalen Lächeln. Als er näher kam, fasste er sich kurz an die Seite.
„Hast du Schmerzen?“, fragte sie ein wenig zu laut.
„In zweifacher Hinsicht. Um ehrlich zu sein, bereitet mir mein angeschlagener Stolz genauso viel Qualen wie meine Wunden.“
„Wie das?“
„Ich …“ Er schien es sich anders überlegt zu haben und deutete mit dem Kopf auf das Buch in Ginas Händen. „Was liest du denn da?“
„Eine Geschichte über das Byzantinische Reich.“ Im Stillen schickte sie ein Dankgebet zum Himmel, dass er sie nicht mit einem der Familientagebücher erwischt hatte. Trotzdem röteten sich ihre Wangen.
Zahirs Blick ruhte auf ihr, sodass sie sich wie verzaubert fühlte.
„Es tut mir leid, wie ich dich gestern Abend behandelt habe“, murmelte er. „Mein Verhalten war unverzeihlich.“ Er hob Ginas Kinn. Als er sie ansah, wirkte auch er wie hypnotisiert.
„Du warst verletzt und wütend … das verstehe ich, Zahir. Und ich verzeihe dir. Aber trotzdem solltest du dich jetzt ausruhen.“
Sie hielt die Luft an, als er mit dem Finger über ihre Wange strich.
„Kann man es einem Mann denn verübeln, wenn er dich so sehr will?“, fragte er, und seine sonst so feste Stimme klang seltsam unsicher.
6. KAPITEL
Gina stand so in Zahirs Bann, dass die Welt um sie herum aufhörte zu existieren. Es gab keine Grenzen, keine Mauern mehr – nur noch Zahir und sie in einem schwerelosen Universum voller Liebe, wo es keine Rolle mehr spielte, ob man Bettler oder König war. Es gab nur zwei Seelen, die sich wiederfanden und erneut vereinigten.
Voller Erwartung auf seinen Kuss senkte sie die Lider.
Zahir hatte das Gefühl, lange an einem Abgrund gestanden zu haben. Als er jetzt das wunderschöne Gesicht vor sich sah, merkte er, dass es ihm ein gutes Gefühl gab und ihn nach dem Gespräch mit seiner Schwester sogar mit Hoffnung erfüllte.
Sein ganzer Körper sehnte sich nach dieser Frau. Er konnte kaum an etwas anderes denken als daran, sich in ihr zu verlieren. Sein Verlangen ließ ihn sogar seinen Schmerz vergessen. Und dann sah er es: eine kleine gerötete Abschürfung auf ihrer vollen Unterlippe. Die Erinnerung an den wilden Kuss vom Abend zuvor wirkte auf seinen erhitzten Körper wie eine eiskalte Dusche.
„War ich das?“ Er zuckte zusammen, als er sanft mit dem Daumen über die leicht geschwollene Lippe fuhr.
Sie legte ihre schmalen Finger um sein Handgelenk. „Du hast es nicht so gemeint.“ Ihre Stimme klang warm und leicht wie ein Windhauch. „Darum musst du dir auch keine Sorgen machen.“
„Ich wollte dich bestrafen, weil ich frustriert war. Aber ein Mann von Ehre tut so etwas nicht. Ich bitte tausend Mal um Entschuldigung, Dr. Collins. Es wird nie wieder vorkommen.“
Er zog sich zurück, körperlich, seelisch und geistig – auch wenn es eine Qual für ihn war.
Ihre Miene drückte Verwirrung aus. „Du musst deshalb kein schlechtes Gewissen haben. Es ist eben passiert, im Eifer des Gefechts.“
„Trotzdem …“ Ich verdiene nicht, dass sie mir verzeiht, dachte er. Ich habe mich wie ein arroganter Idiot benommen. „Eigentlich bin ich gekommen, weil ich dich um etwas bitten wollte, was mir sehr viel bedeutet“, erklärte er dann laut.
„Dann sag es mir.“
„Meine Schwester Farida hat mir erzählt, dass ihr euch kennengelernt habt. Offenbar mag sie dich sehr. Zum ersten Mal seit Azhars Tod hat sie wieder Interesse an etwas gezeigt, und darum will ich sie darin ermutigen. Sie hat mich gebeten, dich zu fragen, ob sie dir bei der Katalogisierung der wichtigsten Kunstschätze des Palasts helfen darf. Ich weiß, ich habe dich nicht offiziell damit beauftragt, was ich hiermit aber tun möchte. Hast du Lust, diesen Auftrag und Faridas Hilfe anzunehmen?“
Verwirrt strich Gina sich über die perlweiße Haremshose aus Seide, zu der sie eine passende Tunika im gleichen zarten Ton trug. „In einem Palast dieser Größe wird es unzählige Kunstschätze von Bedeutung geben. So ein Projekt würde Monate dauern. Was ist mit meinem
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