Die Juwelen des Scheichs
Schatz gereicht, wenn er ihm bald wieder entrissen würde?
„Ich hätte nie erwartet …“
Ginas zitternde Lippen zeigten Zahir, wie nervös sie war. Wie konnte er ihr nur verständlich machen, dass er sie nie wissentlich verletzen oder beschämen würde? Darum hatte er sich eben im Garten umgesehen, ob jemand sie beobachtete. Er würde freiwillig die Schuld auf sich nehmen, sollte jemand auch nur daran denken, sie zu verurteilen.
„Ich auch nicht, rohi .“ Er strich mit dem Daumen über ihre volle Unterlippe. „Und wenn das Schicksal uns für eine lange Zeit nur diese eine Nacht zugesteht … dann will ich dafür sorgen, dass es eine Nacht wird, die unsere Körper und Seelen nie vergessen werden. Dieses Versprechen gebe ich dir, von ganzem Herzen.“
Drei Jahre später …
„Dad, bist du da? Ich bin’s nur“, rief Gina, nachdem sie mit ihrem Schlüssel die Tür des dreistöckigen Hauses im viktorianischen Stil aufgeschlossen hatte.
Stirnrunzelnd sammelte sie den Stoß Briefe ein, die auf der Matte innen an der Tür lagen. Dann ging sie durch den halbdunklen Flur nach hinten, wo ihr Vater sein Arbeitszimmer hatte. Er saß an seinem Schreibtisch und starrte versunken auf ein altes, vergilbtes Dokument. Mit den wirren grauen Haaren und den knochigen Schultern in dem blauen Hemd wirkte er einsam und unendlich traurig.
Ein Anflug von Schuldbewusstsein mischte sich in Ginas eigene Trauer. Ihr neuer Job bei einem renommierten Auktionshaus hatte sie ganz gefordert, sodass sie ihren Vater zwar jeden Abend angerufen, aber seit einer Woche nicht mehr bei ihm vorbeigeschaut hatte.
„Wie geht es dir?“ Sie beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf seine unrasierte Wange.
Schockiert sah er sie an … als hätte er einen Geist gesehen. Dann verzog er das Gesicht und zwang sich zu einem Lächeln. „Ich dachte, du wärst Charlotte. Du siehst deiner Mutter mit jedem Tag ähnlicher, Gina.“
Diese Bemerkung überraschte sie so sehr, dass ihr Herz einen Schlag aussetzte. Es waren seit Wochen die ersten Worte, die einer persönlichen Bemerkung nahekamen. Gerade seine Frau erwähnte er kaum. Ihr Tod vor drei Jahren hatte ihn härter getroffen, als Gina es sich je hätte vorstellen können. Daher war Gina etwas verwirrt über seine Bemerkung.
Jeremy legte das vergilbte Dokument beiseite und versuchte ein Lächeln. „Wie läuft die Arbeit im Auktionshaus?“
„Sie fordert mich ziemlich, um ehrlich zu sein. Gerade wenn ich glaube, etwas begriffen zu haben, stelle ich fest, dass ich noch sehr viel mehr lernen muss.“
„Hört sich ganz so an, als ob du nebenbei auch noch eine wertvolle Lektion fürs Leben lernst.“
„Ich hoffe doch. Denn trotz all meiner Diplome fühle ich mich in dieser Branche noch wie ein Anfänger, Dad.“
„Verstehe, Liebes. Aber lass dir Zeit. Diese ‚Branche‘, wie du es nennst, ist eine lebenslange Passion, die dich nie wieder loslassen wird. Und du bist noch jung … wie alt bist du gleich wieder?“
„Neunundzwanzig.“
„Du meine Güte.“
Sie musste kichern, als sie seine überraschte Miene bemerkte. „Was dachtest du denn, wie alt ich bin?“, erwiderte sie gespielt herausfordernd. Zumindest sieht er jetzt nicht mehr ganz so bedrückt aus, dachte sie.
Ihr Vater kniff die ergrauten Augenbrauen über der Nasenwurzel zusammen. „In meiner Erinnerung bist du immer noch fünf Jahre und greifst mit deiner verklebten Hand nach den Papieren auf meinem Schreibtisch. Schon damals hast du dich für Geschichte interessiert, Hottehü.“
Verblüfft starrte Gina ihn an. „Hottehü?“
„Das war mein Kosename für dich. Erinnerst du dich nicht mehr daran? Deine Mutter fand es sehr amüsant, dass ein Professor für Altertumsforschung und Geschichte sich ausgerechnet so einen Namen ausdenkt.“
„Hier, bitte.“ Sie hatte einen dicken Kloß im Hals, als sie ihm den Stoß Briefe gab, den sie hinter der Tür gefunden hatte.
„Was ist das?“
„Deine Post. Sieht so aus, als ob sie sich schon seit Tagen angesammelt hat. Warum hat Mrs Babbage sie dir nicht hereingebracht?“
Der Blick aus den blassblauen Augen wirkte jetzt wieder verloren. „Mrs Babbage hat letzte Woche leider gekündigt. Ihr Mann musste wegen einer größeren Operation ins Krankenhaus, und sie will ihn so oft wie möglich besuchen. Unter diesen Umständen konnte sie natürlich nicht weiterarbeiten. Also muss ich mich wohl nach einer neuen Haushälterin umsehen.“
Kurz legte Gina die Hand auf seine Schulter.
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