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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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lassen!«
    Er ging, und nur finstere Blicke folgten ihm. Da trat einer der Schiffer, den Südwester verlegen zwischen den Händen drehend, zu Helbig. Es war Nachbar Klassen.
    »Nicht wahr, Sie sind der Herr General, und dieses kleine, schöne Fahrzeug da ist Ihr Fräulein Töchterchen?«
    »Ja. Was wünschen Sie?«
    »Ich bitte für diesen wackern jungen, den Kurt!«
    »Ah, Kurt Schubert?«
    »Ja. Er hat dem gnädigen Fräulein aus dem Wasser geholfen, und da könnten Sie ihm ja dann auch einen Gefallen thun!«
    »Welchen?«
    »Hm! Er hat schon lange einen Pik auf den Prinzen, weil dieser seine Mutter beleidigt hat, und heute ist dann Abrechnung gewesen. Der Prinz wollte nämlich Ihre Fräuleins überfahren, und das ist ihm nicht gelungen, weil Kurt sein Handwerk ganz vortrefflich versteht; dann aber hat der junge auf den Prinzen Jagd gemacht und ihm sein Fahrzeug in den Grund gebohrt, so daß der Prinz da draußen im Wasser stehen und warten mußte, bis er herausgefischt wurde. Nun wird er den jungen zur Anzeige bringen, Sie haben es ja selbst gehört, und da mag es gut sein, wenn der Kurt einen so hohen Herrn fände, der sich seiner ein wenig annähme. Er verdients, das kann jeder versichern.«
    »Wirklich? Wo wohnen seine Eltern?«
    »Dort in der vorletzten Hütte. Die Frau ist ein Muster, aber der Mann ein Spieler und Trinker, der niemals eine Hand regt im Geschäfte. Der Junge muß Alles verdienen und die ganze Familie ernähren. Prügel genug bekommt er dafür, desto weniger aber zu essen. Die Mutter hat es in schlechten Händen. Sie stammt weit von hier und muß ein schönes Mädchen gewesen sein. Sie war mit einem Steuermann verlobt, der Schubert hieß und in fremden Meeren Schiffbruch gelitten haben muß, denn er kam nicht wieder. Der Junge ist sein Sohn. Die Mutter wollte nicht heirathen, sie wurde aber gezwungen, und kam darauf mit ihrem Manne hierher. Besser als den Kurt gibt es Keinen, darauf können Sie sich verlassen, und er verdient es, daß er gegen den Prinzen in Schutz genommen wird. Auch wir Alle werden das Unserige thun, wenn er angezeigt werden sollte.«
    Der General reichte dem Manne die Hand entgegen.
    »Der Knabe hat meiner Tochter hier das Leben gerettet, und es versteht sich ganz von selbst, daß ich ihm dafür dankbar bin. Auch Ihnen danke ich. Sie handeln, wie ein braver Nachbar handeln muß. Also dieser Kurt hat sofort an dem Prinzen Vergeltung geübt?«
    »Ja, und zwar so schlau und regelrecht, daß es keiner von uns befahrenen Schiffern besser fertig gebracht hätte.«
    »Das freut mich von ihm!«
    »Aber sagen darf man es nicht. Vor Gericht ist natürlich der Prinz selbst an dem Zusammenstoße schuld. Der junge hat so geschickt manövrirt, daß dies jedem Sachverständigen leicht wird zu beweisen.«
    »Also der Knabe besitzt nicht nur Muth und Geistesgeger,wart, sondern auch Ueberlegung und Klugheit?«
    »So viel, als er nur brauchen kann! Er hat das Rettungsboot nicht nur erst einmal geführt und liegt in jeder freien Stunde über den Büchern, die er sich zusammenborgt. Er ist ein Prachtkerl! Unter uns sind viele weitgereiste Seemänner, welche die Schifffahrt aus dem Fundamente verstehen und fremde Sprachen oder anderes dazu. Bei ihnen lernt er, aber heimlich, um keine Strafe zu bekommen, denn sein Stiefvater leidet das nicht.«
    »Schön; werde mich darnach richten! Ist der Mann hier, der meine Schwestern an das Land gebracht hat?«
    »Der bin ich selbst.«
    »Es ist vergessen worden Sie zu bezahlen. Hier haben Sie!«
    Nachbar Klassen bedankte sich für das reiche Geschenk, welches ihm wurde, und dann ging der General mit Magda auf die Wohnung Kurts zu.
    Bei derselben angekommen konnte er keines Menschen ansichtig werden; aber aus dem Innern drang ein unterdrücktes Weinen. Er trat ein und wäre beinahe zurückgefahren bei dem Anblicke, welcher sich ihm bot.
    An der Wand stand oder vielmehr hing Kurt. Seine beiden Hände waren mit einem Riemen zusammengebunden und mittelst einer Schlinge an einen starken Nagel in der Weise befestigt, daß der Knabe den Fußboden kaum mehr mit den Fußspitzen erreichen konnte. Darauf war ihm der Oberkörper entblößt und auf eine so unbarmherzige Art behandelt worden, daß man das rohe blutige Fleisch erblickte und die Diele roth gefärbt worden war. In dieser torturähnlichen Stellung hing er noch jetzt, ohne einen Laut von sich zu geben. Seine Augen waren roth geschwollen, und vor seinen zusammengepreßten Lippen stand großblasiger Schaum.

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