Die Juweleninsel
endlich eingeschlafen war, lebten die Gestalten des heutigen Tages in seinem Träume fort.
Als er erwachte, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Der Müller begrüßte ihn:»Guten Morgen, lieber Herr! Ausgeschlafen?«
»Mehr als gut ist. Ein zu langer Schlaf macht müde.«
»Das ist richtig. Aber wie ich von meinen Knappen hörte, sind Sie während der Nacht spazieren gewesen?«
»Ein wenig. Der Abend war zu schön, als daß ich ihn hätte verschlafen mögen.«
»Wird auch noch anders werden, wenn Sie einmal in meine Jahre kommen.«
»Frühstück, Frühstück!« rief ihnen die Müllerin freundlich zu. »Die Jugend muß immer Hunger haben, sonst kann nichts Gescheidtes aus ihr werden.«
»Ich habe auch Appetit, das will ich Ihnen gestehen,« lachte Kurt. »Also folglich wird auch einmal etwas Gescheidtes aus mir. Aber was, das ist die Frage!«
»Ein Admiral!«
»Nicht übel!«
»Und Schwiegersohn.«
»Schwiegersohn? Wessen?«
»Hm, Schwiegersohn eines Generales.«
Kurt erröthete wie ein junges Mädchen, zu dem man von einem Bräutigam gesprochen hatte. Dies war das allererste Mal, daß ein Gedanke ausgesprochen wurde, der ihm jetzt unmöglich zu denken gewesen wäre. Er konnte kaum eine Antwort finden.
»Welches Generales?« frug er endlich ziemlich verlegen.
»Das muß ich Ihnen überlassen. Es gibt der Generale sehr viele, welche Töchter besitzen. Suchen Sie sich denjenigen selbst aus, der Ihnen am geeignetsten erscheint!«
Nach dem Frühstücke ging Kurt in dem Mühlegarten spazieren. Er hatte bemerkt, daß Brendel sich dort in den Beeten zu schaffen machte, und that, als wolle er ihm zusehen. Klaus war auch dabei, da der Müller die Mühle jetzt selbst bediente. Der junge Mann wußte gar nicht recht, in welcher Weise er sein Anliegen an den Mann bringen solle.
»War der Salat heuer gerathen?« frug er.
»Das versteht sich ganz von selber,« meinte Klaus, und seine Nase nickte zustimmend.
»Und die Gurken?«
»Auch.«
»Bohnen und Erbsen?«
»Werden noch.«
»Zuckerkürbis?«
»Ausgezeichnet.«
»Zwiebeln, Petersilie, Blumenkohl, Radieschen, Kerbel und Rettige?«
»Mit Allem sehr zufrieden.«
Der alte Knappe machte ein Gesicht, als habe er nicht die mindeste Ahnung, daß diese Fragen jedenfalls nur etwas Anderes einleiten sollten, was noch kommen mußte.
»Und die Beete haben Sie bearbeitet?«
»Ja.«
»Trotzdem Sie des Nachts in der Mühle sein müssen und also des Tages schlafen sollten?«
»Hm, wir wechseln ab, und wer Zeit hat, kann im Garten nachsehen. Das versteht sich ja ganz von selber! Nicht wahr, Brendel?«
»Ja, mein lieber Herr Schubert. Wir arbeiten auch im Garten, denn in wie fern denn und in wie so denn, die Anna ist fort, da muß die Lücke von den Andern mit ausgefüllt werden.«
»Wer hat heute Nacht die Mühle zu besorgen?«
»Der Meister und ich.«
»So sind Sie also frei, Klaus?«
»Ja. Ich schlafe.«
Das war es, was Kurt wissen wollte. Brendel fügte erklärend hinzu: »Und weil ich die Mühle habe, werde ich am Nachmittage schlafen, während Klaus aufschüttet.«
Da richtete sich Klaus vom Beete empor.
»Mein lieber junger Herr, ich möchte Sie einmal nach etwas fragen!«
»Fragen Sie nur zu. Ich werde gern antworten.«
»Sie heißen Schubert und Ihr Vater war Seemann? wie der Herr Pastor erzählte.«
»Ja.«
»Ich habe einen gewissen Schubert gekannt, der einen Bruder hatte, welcher Seemann geworden war. Dieser Schubert war ein Schmied.«
»Ein Schmied? Ich habe einen Onkel, welcher allerdings Schmied ist.«
»Der, den ich meine, war Obergeselle bei dem Hofschmied Brandauer. Er sprach das weiche B wie ein hartes P.«
»Das ist mein Onkel, der Onkel Thomas!«
»Wirklich? Alle Wetter, trifft sich das! Der Thomas und ich sind die besten Kameraden, die es nur geben kann. Wir haben mehrere Feldzüge mit einander gemacht und uns auch später nicht mehr aus den Augen verloren. Nur seit einigen Jahren haben die Grüße aufgehört, die wir uns gegenseitig immer zu senden pflegten. Was macht denn der alte Kumpan jetzt?«
»O, der steht sich gut. Er hat geheirathet.«
»Geheirathet? Donnerwetter!«
Die Nase des Knappen fuhr empor, als ob sich eine Wespe angesetzt hätte.
»Wen denn?«
»Die Gastwirthin Barbara Seidenmüller, eine reiche Wittfrau.«
»Aha, das ist die ›Parpara‹, von der er mir erzählt hat! Sie waren alle Drei in sie verliebt, nämlich der Thomas, der Baldrian und auch der Heinrich, und Ihr Onkel hat also den Sieg davon
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