Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
entführen.«
    »Alle guten Geister! Menschenraub! Da ist Zuchthaus darauf.«
    »Sie will aber mit!«
    »Das wäre freilich etwas Anderes! Wer ist es denn?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sie wollen sie entführen und wissen nicht, wer sie ist? Das begreife ich nicht!«
    Kurt erzählte ihm kurz sein gestriges Abenteuer.
    »Also Hilfe hat sie gerufen?« frug Klaus.
    »Ja.«
    »Donnerwetter, so holen wir sie; das versteht sich ja ganz von selber! Und wenn wir sie haben, so werden wir wohl auch erfahren, wer sie ist.«
    »Natürlich. Gefahr ist nicht dabei, sonst würde ich die Sache allein machen.«
    »Nun also heraus damit. Was habe ich zu thun?«
    »Wir klettern jetzt in den Graben hinab und drüben legen wir die Stange an, welche Sie festhalten müssen. An ihr steige ich in die Höhe und nehme die Stricke mit. Das Uebrige wird sich finden.«
    »Und ich habe weiter dann nichts zu thun, als zu warten bis Sie zurückkommen?«
    »Weiter nichts.«
    »Gut, vorwärts; das versteht sich ja ganz von selber!«
    Unter dem Schutze des Schattens, welchen der Felsen warf, huschten sie in den Graben hinab und stiegen drüben wieder bis zur Mauer empor. Dort legten sie die Stange an, mit deren Hilfe Kurt auf die Mauer gelangte. Sie war so breit, daß er in liegender Stellung von unten gar nicht bemerkt werden konnte. Links hatte er den Graben und rechts den hintern Burghof unter sich, aus welchem man in das kleine Gärtchen gelangte, in welchem er die Gestalt von gestern sitzen sah.
    Er konnte auf zwei verschiedenen Wegen zu ihr gelangen. Entweder er rutschte auf der Mauer hin, dann durfte er aber nicht den mindesten Schwindel besitzen, denn dort ging es in den gähnenden Abgrund hinab – oder er stieg gleich hier in den Schloßhof nieder und versuchte, ob die Gartenthüre geöffnet sei. Das letztere war jedenfalls das Beste. Er band also den Strick an denjenigen Theil der Stange, welcher drüben ein wenig über die Mauer emporragte, und ließ das andere Ende hüben in den Hof hinabfallen.
    »Halten Sie fest, Klaus!« flüsterte er.
    »Das versteht sich ja ganz von selber!« klang die Antwort von unten empor.
    Jetzt ließ er sich an dem Stricke nieder und stand in dem engen Hofe, gehüllt in den Schatten, den die Mauer verbreitete. Er sah die Gartenthür von hier aus offen stehen, und schon wollte er sich hinschleichen, als plötzlich die zu der Burg führende zweite Thüre geöffnet wurde. Ein Mann trat heraus und verschloß sie wieder. Das Licht des Mondes fiel auf seine Gestalt. Kurt erkannte ihn sofort.
    »Der Prinz!« murmelte er. »Jetzt gilt es vorsichtig zu sein!«
    Er hörte eine männliche und eine weibliche Stimme draußen im Garten und schlich sich bis an die Pforte. Dort konnte er sehen und auch hören. Er sah auf den ersten Blick, daß er es mit keiner Frau, sondern mit einem Mädchen zu thun hatte. Sie hatte sich von der Bank erhoben, der Prinz stand vor ihr, doch immerhin in einer Entfernung, daß es ihm unmöglich war, sie mit der Hand zu erlangen.
    »Keinen Schritt näher!« gebot sie. »Es geht Ihnen sonst wie das letzte Mal!«
    »Dirne! Ich werde Dich doch noch mürbe machen, ich habe die Macht dazu!«
    »Meinen Sie? Hat diese Macht Ihnen bisher etwas geholfen?« Ihre Stimme nahm einen verächtlichen Ton an. »Ich habe die Knechte geohrfeigt, den Vogt geohrfeigt und auch Sie geohrfeigt, ich werde ohrfeigen, bis ich entweder todt oder frei bin; darauf können Sie sich sicher verlassen!«
    »Frei wirst Du nun nie!«
    »Wollen sehen!«
    »Es gibt nur einen Weg zur Freiheit, und dieser heißt Gehorsam. Nimm doch einmal Verstand an, Mädchen! Seit ich Dich damals in der Laube bei Euch sah, stand es fest, daß ich Dich besitzen müsse. Du wurdest grob und Dein Vater renitent, aber was kann ein Müller gegen einen Prinzen schaffen – –«
    Kurt hörte die Fortsetzung dieser Worte gar nicht, so überrascht war er. Also dieses Mädchen war die Müllerstochter, war die Anna! Sie mußte fort um jeden Preis. Ohne sich nur einen Augenblick zu besinnen, that er einige Schritte vorwärts, stand hinter dem Prinzen und schlug ihm die geballte Faust mit solcher Gewalt auf die Schläfe, daß er zusammensank.
    »Geißler!« rief das Mädchen.
    »Still, um Gotteswillen still! Ich bin nicht Geißler; ich bin ihm nur ähnlich.«
    »Wer sind Sie denn?«
    »Ich bin derselbe, welcher gestern da drüben auf dem Felsen stand. Sie wollen frei sein?«
    »O mein Gott, ja! Aber Sie belügen mich: ich sehe ja, daß Sie Geißler

Weitere Kostenlose Bücher