Die Juweleninsel
sind!«
»Wäre ich dieser Mensch, würde ich da den Prinzen niederschlagen?«
»Das macht mich irre. O, er ist todt!«
»Das würde gar nichts schaden! Ist eine Möglichkeit vorhanden, durch die Höfe zu entkommen?«
»Nein. Ich kann nicht weiter als in dieses Gärtchen und auf mein Zimmer, alles Andere ist verschlossen und verriegelt.«
»Wollen Sie sich mir anvertrauen?«
»Ist es Ihr Ernst?«
»Natürlich! Draußen wartet Klaus. Kommen Sie schnell!«
Er zog sie aus dem Gärtchen nach dem Hofe und verriegelte die Pforte. Jetzt war der Prinz eingesperrt. Dennoch zögerte Anna, immer noch irgend einen Verrath befürchtend.
»Sie können unmöglich klettern?« frug er.
»Nein.«
»So binden Sie sich diesen Strick unter den Armen hindurch um den Leib. Ich werde Sie emporziehen, und Sie helfen mit Händen und Füßen nach.«
Er schwang sich an dem Stricke empor. Anna war ein starkes dralles Mädchen, es kostete ihn keine kleine Anstrengung, sie auf die Mauer empor zu bringen. Endlich langte sie oben an.
»Sehen Sie hier hinab!« bat er sie. »Kennen Sie den Mann?«
»Klaus!« rief sie.
»Donnerwetter, Anna!« erscholl es von unten herauf.
»Leise, leise!« bat Kurt. »Wenn wir Lärm machen, ist Alles verloren. Getrauen Sie sich, an dieser Stange hinabzurutschen, wenn ich Sie mit am Seile halte?«
»Ich will es versuchen.«
»Es wird gehen. Kommen Sie!«
Nach einigen vergeblichen Versuchen gelang es, und bald standen die Drei da unten im Graben zusammen.
»Oh, ach, Fräulein Anna,« jubelte Klaus, indem er das Mädchen vor lauter Freude an sich drückte. »Wer hätte das gedacht! Wie sind Sie nur herauf gekommen in diese Burg, in dieses Nest, in diese Räuberhöhle?«
»Fragen Sie später,« drängte Kurt. »Jetzt müssen wir fort, sonst wissen wir nicht was passiren kann.«
»Die Straße hinab?«
»Nein; denselben Weg, den wir vorhin gegangen sind. Man könnte uns verfolgen.«
Sie stiegen aus dem Graben empor und eilten dann ungesäumt weiter. Sie waren noch gar nicht weit gekommen, als sie laute Rufe hörten. Es war die Stimme des Prinzen, welcher aus seiner Ohnmacht erwacht war und nun nach Beistand rief.
»Kann rufen, der Kerl!« meinte Klaus. »Und wenn er uns noch zeitig genug erreichte, so wäre er hinüber. Ich schlüge den Kerl todt; das versteht sich ja ganz von selber, nicht wahr, mein lieber Herr Schubert?«
»Er hätte nichts Anderes verdient. Aber wollen Sie die Stange nicht fortwerfen? Sie ist zu beschwerlich beim Niedersteigen.«
»Ich behalte sie, und wer uns etwa nachkommt und uns anhalten will, dem renne ich sie in den Leib. Das versteht sich ganz von selber!« – –
Siebentes Kapitel
Der Bowie-Pater
»
Damn!
Wenn das so fortgeht, so soll mich der Teufel holen, wenn wir nur die Schwanzhaare eines einzigen Komanchengaules zu sehen bekommen!«
Der Mann, welcher diese Worte sprach, war eine breite herkulische Gestalt, aus welcher, wenn sie von Holz gewesen wäre, man füglich zwei lebensgroße menschliche Figuren hätte schnitzen können. Seine gewaltigen Beine staken in einem Paar langer Wasserstiefel, die er bis an den Leib herangezogen hatte, der von einer hirschledernen Weste bedeckt wurde, über welcher eine aus starker Büffelhaut gefertigte Jacke hing. Auf dem Kopfe trug er eine hohe Mütze, welche von einer ganzen Menge von Klapperschlangenhäuten umwunden war. Sein Gesicht sah ganz so aus wie die Gegend, in der er sich befand: es war so dicht bewaldet, daß man nur die Nase und die beiden Augen zu unterscheiden vermochte. In der Hand trug er eine doppelläufige Kentuckybüchse, und in dem alten Shawle, den er sich um die Hüfte geschlungen hatte, stak neben einer alten Drehpistole ein Jagdmesser, welches mehr einem Hirschfänger als einem Messer glich.
Er wühlte in einem Haufen von Holzasche herum, welcher den Boden bedeckte und den unumstößlichen Beweis führte, daß hier ein ungewöhnlich großes Feuer gebrannt habe.
»Sage einmal, Fred,« fuhr er verdrießlich fort, »wie lange es wohl her ist, daß diese Asche heiß gewesen ist?«
»Das Feuer ist gestern früh verlöscht,« lautete die schnelle entschiedene Antwort.
Der Mann, welcher sie gab, war bedeutend jünger als der vorige. Er mochte höchstens fünfundzwanzig Jahre zählen und war ganz in einen jener indianischen Anzüge gekleidet, welche die Savannenstutzer zu tragen pflegen, und an denen die Verfertigerinnen Jahre lang zu arbeiten haben. Trotz dieses sauberen Anzuges aber hatte er nicht das
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