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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wir diese Beschäftigung zu verdanken haben.«
    »Das werden wir beim nächsten Besuche leicht erfahren. Jedenfalls von der, welche unten im geheimen Gange steckt, sicherlich nicht.«
    »Allerdings. Bei dieser kann so eine Liebenswürdigkeit sicherlich nicht vorkommen. Pater Bernardus hat sich alle Mühe gegeben, sie zu bekehren, und es ist ihm nicht gelungen, trotzdem er der schönste und gewandteste Mann des ganzen Klosters ist.«
    »Möchte wissen, ob sie eine Schwester oder ein Gast ist.«
    »Ein Gast.«
    »Wirklich?«
    »Ja.«
    »Woher weißt Du es?«
    »Der Küchemeister sagte es mir im Vertrauen. Sein Bruder, der Schloßvogt hat sie eingeliefert.«
    »Heimlich?«
    »Versteht sich! Während der Nacht durch seine Frau.«
    »Aha, da ist es der Herr, der sie in Pflege gibt!«
    »Jedenfalls.«
    »Wie lange ist sie da?«
    »Bereits einige Jahre.«
    »Teufel! So lange hat die Verstocktheit bei Keiner angehalten. Höchstens einige Wochen! Warum hat man die Zwangszelle noch nicht gebraucht?«
    »Aus zwei Gründen. Erstens fürchtet man sich vor ihr, denn sie hat ein Messer bei sich und würde jede Schwester, die sich ihr im Bösen nähern wollte, niederstechen, und zweitens scheint sie von vornehmer Abkunft zu sein und also einige Berücksichtigung zu verdienen.«
    »Pah! Wir haben Schwestern, die Komtessen waren, und doch gehorsam sind.«
    »Sie soll auch eine Komtesse gewesen sein.«
    »Warum fürchtet man sich vor ihrem Messer? Sie würde höchstens nur eine einzige Person verwunden und dann gefesselt werden.«
    »Der Herr will dies nicht. Er will sie durch die Langeweile dahin bringen, daß sie ihm freiwillig gehorcht. Eine freiwillige Gabe ist mehr werth, als ein erzwungenes Gut.«
    »Hat man sie nicht in die ›Aussicht‹ gebracht?«
    »Auch. Man hat ihr Bücher gegeben, deren Inhalt und Abbildungen sie fügsam machen sollten, man hat sie in die ›Aussicht‹ gesteckt, wo sie unsern Zusammenkünften zusehen muß, selbst wenn sie nicht will – es hat nichts geholfen. Schwester Klara sollte noch hier sein.«
    »Habe keine Schwester Klara gekannt.«
    »Du warst noch nicht von Kloster Neustadt nach hier versetzt, als sie in Himmelstein war. Sie war eine Venus und eine Furie zugleich, bis sie plötzlich verschwand.«
    »Wohin?«
    »Niemand hat etwas darüber erfahren. Ihr konnte keine Novize und kein Gast widerstehen, sie hatte ein paar Augen, aus denen der Himmel strahlte und auch die Hölle leuchtete, je nachdem sie es wollte. – Fertig! Laß uns ein Paternoster beten!«
    Kurt vernahm das einförmige Herplappern des Vaterunsers, dann hörte er, daß sie sich entfernten.
    Was hatten diese beiden Männer hier gethan? Einen Gegenstand vergraben? Jedenfalls. Aber welcher Gegenstand war das gewesen? Er war zu jung und unerfahren, um das Gehörte in seinem ganzen Umfänge und seiner ganzen Bedeutung verstehen zu können, aber er beschloß, sich den Ort zu merken, zog das Messer hervor und machte ein Zeichen an die Mauer.
    Was war das für ein Gast, von dem die Mönche gesprochen hatten? Es sollte eine Komtesse sein. Doch nicht etwa gar die Komtesse Toska von Mylungen? Und wer war der »Herr,« der diesen Gast des Nachts durch die Frau des Schloßvogtes geschickt hatte? Weshalb und wozu sollte dieser Gast bekehrt werden, der sich mit einem Messer vertheidigte? Warum steckte man eine Komtesse in die »Aussicht,« und was war unter diesem Worte zu verstehen?
    Er hätte sich noch mehr Fragen vorlegen können, aber der Mond war verschwunden, und der Weg bis hinunter zur Mühle nahm keine kurze Zeit in Anspruch.
    Als er dort ankam, öffnete ihm Brendel.
    »Sie sind sehr lange gewesen, Herr Schubert. Waren Sie auf dem Berge?«
    »Ja.«
    »Und haben sich nicht gefürchtet?«
    »Vor wem oder was?«
    »Vor Gespenstern. Es soll da oben während der Nächte schrecklich umgehen.«
    »Aberglaube!«
    »Nein, kein Aberglaube, sondern Wahrheit. Es geht wirklich um, nämlich die Mönche zu den Nonnen. Denn in wiefern denn und in wie so denn, warum sollen denn Brüder und Schwestern sich nicht ein klein wenig lieb haben?«
    »Das versteht sich ganz von selber!« meinte Klaus, welcher herzugetreten war, und dabei machte seine Nase eine Bewegung, welche die stärkste Bekräftigung ausdrücken sollte. »Aber nun werden Sie ganz und gar ermüdet sein, junger Herr.«
    »Es ist nicht sehr schlimm. Gute Nacht!«
    »Gute Nacht!«
    Er suchte die Ruhe und fand sie lange nicht. Das Erlebte nahm seine Sinne und Gefühle gefangen, und selbst als er

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