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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Kätzchen auf dem Arme. Ihre lange hagere Gestalt neigte sich ebenso wie die des Generals nach vorn, und ihr Haar zeigte jene Farbe, deren Erscheinen keiner Dame Freude zu bereiten pflegt.
    »Guten Morgen, Emil!« grüßte sie.
    »Guten Morgen!« antwortete er, indem er sie durch eine Bewegung der Hand einlud, auf einem neben ihm stehenden Stuhle Platz zu nehmen.
    »Aber bitte, lieber Bruder – –!«
    »Was?«
    »Deine Pfeife – dieser Dampf und Qualm – – puh!«
    »Hm, das ist mir die angenehmste Atmosphäre!«
    »Aber ich ersticke darin!«
    »Wenn sie Dir so schädlich wäre, würdest Du längst zu Deinen Vätern versammelt sein, meine liebe Freya. Wer mich in meinem Zimmer aufsucht, muß geneigt sein, sich dieser allerdings etwas dichten Atmosphäre anzubequemen.«
    Da hörte man wieder Schritte, die Thür öffnete sich zum zweiten Male, und es trat eine zweite Dame ein. Sie war klein und hager, ganz in Grün gekleidet und trug ein Meerschweinchen auf dem Arme.
    »Guten Morgen, Bruder!« grüßte sie.
    »Guten Morgen, liebe Wanka,« antwortete er.
    »O weh! Meine kleine Lili!«
    »Was ist mit dem Meerschweinchen? Ist es krank?«
    »Nein, aber es wird dennoch ersticken.«
    »Wie so?«
    »Dieser Qualm – dieser Geruch – –!«
    »Ist mir ganz angenehm!«
    »Aber meine süße Lili kann ihn nicht vertragen! Bitte, lieber Emil, öffne doch die Fenster!«
    »Es ist bereits eines offen, mehr, das würde nicht gut sein, denn ich weiß, daß Deine zarte Konstitution sich sehr leicht erkältet.«
    Wieder ertönten Schritte, und es trat eine Dame ein, deren Körperumfang ein sehr ungewöhnlicher war. Sie war ganz in Purpurroth gekleidet und trug ein Eichhörnchen auf dem Arme.
    »Guten Morgen!« pustete sie.
    »Guten Morgen, Schwester! Setze Dich!«
    Sie nahm Platz, und zwar mit einem solchen Gewichte, daß der Stuhl in allen seinen Fugen prasselte.
    »Ah, oh, Luft!«
    »Luft?« frug der General.
    »Ja? O, dieses Asthma, diese Athemnoth!«
    »Daran ist das Fett schuld!« meinte er mit einem leisen Lächeln.
    »Das Fett? O, Emil, Du hast wieder einmal Deine garstige Stunde!«
    »Du irrst, ich muß Dir vielmehr sagen, daß ich mich in einer außerordentlich guten Stimmung befinde.«
    »Aber Fett – Fett –! Wer kann nur so ein unästhetisches Wort aussprechen! Fett ist ein Schwein, ein Rind, höchstens auch eine Waschfrau oder eine Hökerin, aber dieses Wort zu mir, zur Schwester einer Excellenz! Ich bitte Dich! Uebrigens ist mein kleiner Embonpoint nicht so sehr außerordentlich, und ich konstatire, daß er seit einiger Zeit ganz bedeutend abgenommen hat. Aber die Luft, die Luft ist gefährlich, ist unerträglich, die Du hier in Deinem Zimmer hast!«
    »Ich halte sie im Gegentheile für sehr zuträglich!«
    »Ja Dir mit Deiner Bärenkonstitution scheint sie nichts zu schaden. Wir aber, wir Drei vom schönen zarten Geschlechte, wir ersticken! Sieh nur meine gute Mimi an!«
    »Dein Eichhörnchen? Das befindet sich ja ganz wohl!«
    »Ganz wohl? Emil, Du bist wahrhaftig ein Barbar! Siehst Du denn nicht, wie schnell die kleine Mimi athmet!«
    »Meine Lili auch!« rief Wanka.
    »Und meine Bibi auch!« fügte Freya hinzu.
    »Kinder, bringt mich nicht in Harnisch! Wenn meine Atmosphäre Euern Thieren nicht behagt, so bringt sie nicht mit! Solcher Kreaturen wegen kann ich auf meine Pfeife nicht verzichten. Uebrigens bitte ich Euch, mich über den Grund Eures Morgenbesuches aufzuklären!«
    »Unser Grund? O, das ist ein sehr triftiger,« antwortete Freya.
    »Ja, ein triftiger!« fügte Wanka bei.
    »Außerordentlich triftig!« bestätigte Zilla.
    »Nun!«
    »Wir kommen, uns zu beschweren!« erklärte die Blaue.
    »Und zwar sehr!« gestand die Grüne.
    »Sogar ungewöhnlich sehr!« meinte die Rothe.
    »Beschweren?« frug der General. »Ueber wen?«
    »Das kannst Du Dir denken!«
    »Ich ziehe es vor, jetzt noch nichts zu denken, sondern zunächst zu hören, was Ihr mir zu sagen habt.«
    »So muß ich Dir es sagen: Wir beschweren uns über Kunz!« erklärte Freya sehr entschieden.
    »Ueber den einäugigen Heuchler,« schimpfte Wanka.
    »Ueber diesen Verräther und Empörer,« pustete Zilla.
    Der General lachte.
    »Mein alter Kunz ein Heuchler, ein Verräther und Einpörer? Das ist doch wohl zu viel gesagt! Uebrigens scheint es mir nicht an der Zeit, sein Gebrechen in eine solche Erwähnung zu bringen. Er hat das Auge im Dienste für das Vaterland und an meiner Seite verloren. Was hat er denn begangen, daß Ihr Euch hier in

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