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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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überzeugt, daß er das Wort gebraucht hat ohne die geringste Absicht, Euch zu beleidigen. Stellt Euch anders zu ihm, so wird er sich auch zu Euch anders verhalten. Uebrigens wundert es mich sehr, daß Ihr mir die Zumuthung aussprecht, diese Angelegenheit gegen ihn in Erwähnung zu bringen!«
    »Was? Du wunderst Dich auch noch?«
    »Sogar sehr!«
    »Warum?«
    »Wenn ich darüber reden soll, so muß ich ihm doch auch sagen, daß Ihr ihn und die beiden Herren belauscht habt, und dann wäret Ihr ja fürchterlich blamirt.«
    Da klopfte es an der Thür und der, von dem soeben die Rede gewesen war, trat ein: der Diener Kunz. Ueber ihn schienen die Jahre spurlos vorübergegangen zu sein, und seine Stimme hatte die alte Kraft, als er meldete:»Der Herr von Uhle, Herr General, und ein fremder Herr.«
    »Herr Jesus!« rief Freya; »da sind sie ja schon! Wir müssen schleunigst gehen. Komm, Wanka; komm, Zilla!«
    Sie verschwanden. Der General blickte den Diener forschend an.
    »Du sprachst das Wort ›fremd‹ mit einer ganz eigenthümlichen Betonung aus. Hatte dies eine Bedeutung?«
    »Es hatte eine! Verstanden?«
    »Welche?«
    »Herr von Uhle hat mir den Namen des Andern nicht gesagt. Es wird ein Inkognito sein.«
    »Du kennst ihn nicht?«
    »Ich kenne ihn sehr gut. Verstanden?«
    »Wer ist es?«
    »Sie werden erstaunen, Excellenz. Es ist ein Prinz.«
    »Ein Prinz? Alle Teufel! Welcher?«
    »Der tolle!«
    »Der tolle Prinz? Donnerwetter, das ist allerdings sehr erstaunlich! Aber, Du hast Dich vielleicht geirrt!«
    »Ich irre mich niemals. Verstanden?«
    »Sag, die Herren seien mir willkommen!«
    Kunz verließ das Zimmer, und sogleich traten die beiden Herren ein. Der Eine war ein bereits ältlicher Mann, dem man den Landjunker auf den ersten Blick anmerkte, der Andere zählte über dreißig und hatte ein zwar distinguirtes aber ermüdetes Aussehen. Die Farbe seines Gesichtes und die Scharfheit seiner Züge verriethen, daß er schneller gelebt habe, als sich mit der Gesundheit des menschlichen Körpers vereinbaren läßt. Er war mit einem Worte ein jugendlicher Greis zu nennen.
    Der General empfing ihn mit einer sehr tiefen und respektvollen Verbeugung. Er erwiderte dieselbe nur flüchtig und frug: »Sie kennen mich, Exzellenz?«
    »Ich habe diese Ehre, königliche Hoheit.«
    »So ist es nicht nöthig, mich vorstellen zu lassen. Erlauben Sie uns Platz zu nehmen! Ich reise inkognito und würde Ihnen sehr verbunden sein, wenn Sie es verständen, das Lautwerden meines Namens zu vermeiden. Herr von Uhle ist mir bekannt. Mein Weg berührte sein Gut, und ich stieg bei ihm ab. Da ich hörte, daß Sie auf Helbigsdorf anwesend sind, so nahm ich mir vor Sie zu sehen, General.«
    »Ich weiß diese Ehre zu schätzen, Hoheit –«
    »Um so mehr werden Sie sich beeilen, mich mit den Gliedern Ihrer Familie bekannt zu machen. Ich bin erfreut, sie begrüßen zu können.«
    »Gestatten mir Hoheit, die darauf bezüglichen Befehle zu ertheilen!«
    Er klingelte, und Kunz trat ein.
    »Wo ist Magda?«
    »Sie war ausgeritten.«
    »Noch nicht wieder zurück?«
    »Soeben abgestiegen. Verstanden?«
    »Ich bitte sämmtliche Damen, in den Salon zu kommen!«
    »Schön. Noch etwas?«
    »Diese Herren sind unsere Gäste.«
    »Werde es ausrichten. Verstanden?«
    Er ging ab. Draußen traf er auf eine junge Dame, welche im Begriffe stand, bei dem General einzutreten. Es war Magda, die Tochter desselben. Aus dem kleinen zehnjährigen Mädchen war eine Jungfrau von außerordentlicher Schönheit geworden. Die Rose hatte erfüllt, was die Knospe verheißen hatte.
    »Ist Papa allein?« frug sie den Diener.
    »Nein.«
    »Wer ist bei ihm?«
    »Herr von Uhle und ein Inkognito. Verstanden?«
    »Ein Inkognito? Ein Herr?«
    »Ja.«
    »Kennst Du ihn?«
    »Sehr.«
    »Wer ist es?«
    »Der tolle Prinz.«
    »Ah!« rief sie erstaunt. »Was will er hier in Helbigsdorf?«
    »Hm!«
    »Nun?«
    »Soll ich es sagen, Fräulein?«
    »Natürlich!«
    »Ganz deutlich?«
    »Versteht sich!«
    »Ich war im Garten und sah sie kommen. Ich erkannte den Prinzen sofort und trat hinter einen Strauch, um sie vorüberzulassen. Da hörte ich, was sie herbeigeführt hat. Sie setzten sich dann auf eine Bank, und da kam auch die Schreia, die Zanka und die Brülla, um die Unterhaltung der beiden Männer zu belauschen. Ich ging dann wie zufällig vorüber und wurde von ihnen angesprochen. Dabei habe ich den drei gnädigen Fräuleins einen kleinen Hieb versetzt. Ich habe sie, als ich nach ihnen gefragt

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