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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Männer kamen mit erhitzten Gesichtern die Straße daher.
    »Der Pater!« rief der Steuermann überrascht. »Der Pater und Holmers!«
    Da erhob sich Karavey. Wer nicht wußte, was soeben geschehen war, der hätte jetzt in seinem Gesichte nicht die geringste Spur davon bemerkt.
    »Hollah!« rief der Pater. »Treffen wir uns hier! Was ist geschehen?«
    »Blickt her! Da liegt sie!« antwortete Schubert.
    Die Beiden traten herzu.
    »Ein Mord! Wer ist sie?«
    »Die Schwester des Bootsmanns.«
    »Alle Wetter! Wer hat sie erschossen?«
    »Der Prinz.«
    »So kam er hier vorüber, so haben wir uns also nicht geirrt?«
    »Er war es.«
    »Wann?«
    »Vor einigen Minuten.«
    »Alle Teufel! Wir waren ihm hart auf den Fersen.«
    »Wo habt Ihr die Pferde?«
    »Das eine lahmte. Wir ließen sie in einem Dorfe stehen, da sie uns mehr hinderlich als förderlich waren. Wir folgten der Spur des Prinzen und mußten oft quer durch den Wald, um die Krümmungen abzuschneiden, welche die Straße machte, die er fuhr. Das ging zu Fuße besser. Wie weit ist es von hier bis zur Grenze?«
    »Eine Viertelstunde,« antwortete Tirban.
    »So ist er uns entkommen!«
    »Allerdings!« nahm Karavey jetzt auch das Wort. »Aber nur für kurze Zeit. \Xrir werden ihn wieder bekommen.«
    »Wo?«
    »Auf Burg Himmelstein.«
    »Dort? Wer sagte es?« frug der Pater überrascht.
    »Die Todte hier.«
    »Kannte sie Himmelstein?«
    »Sie kannte Alles und wußte Alles.«
    »Sie war eine Zigeunerin?«
    »Ja.«
    »Ihr werdet mir von ihr erzählen müssen. Was gedenkt Ihr jetzt zu thun?«
    »Ich muß bei der Schwester zurückbleiben.«
    »Das versteht sich ganz von selbst. Ihr wollt sie begraben?«
    »Ja.«
    »Wo?«
    »Hier im Walde. Das war ihr letzter Wunsch.«
    »So bleibt mit dem Steuermanne hier!«
    Schubert machte ein sehr unentschlossenes Gesicht.
    »Meint Ihr etwas anderes?« frug ihn der Pater.
    »Braucht Ihr mich nicht?«
    »Gegenwärtig nicht. Wir Beide, ich und Holmers, sind Manns genug, den Mörder nicht aus den Augen zu lassen.«
    »So bleibe ich bei dem Bootsmanne.«
    »Gut! Wenn Ihr hier fertig seid, so kehrt nach Helbigsdorf zurück. Ich werde dorthin telegraphiren was Ihr machen sollt.«
    Die beiden Prairiejäger eilten auf der Straße weiter. Sie hatten keine Zeit, sich in zeitraubenden Erkundigungen und Beileidserzeugungen zu ergehen.
    »Wohin schaffen wir sie?« frug Karavey.
    »Nach meiner Hütte,« antwortete der Waldhüter. »Dort hat sie schon seit langer Zeit ihren Sarg stehen.«
    »So hat sie wohl auch bereits in Beziehung auf ihren Tod und ihr Begräbniß irgend welche Verfügungen getroffen?«
    »Ja.«
    »Was?«
    »Sie will in der Schlucht begraben sein, wohin sie uns heute führte.«
    »Sonst nichts?«
    »Nur solche Dinge, die nur ihr Bruder wissen darf.«
    »Du sollst mir das später sagen. Sie soll in der Schlucht begraben werden, unter Felsen und Tannen, wie sie vorhin sagte. Ich werde ihr ein Grabmal von Felsblöcken aufführen lassen und dunkle Tannen darauf pflanzen. Die Gebeine ihres Mörders aber sollen keine Stelle finden, an denen man sie suchen kann. Bhowannie ist die Göttin der Rache: sie wird mir helfen.«
    Die Männer fertigten aus Zweigen eine Bahre und legten den Leichnam darauf. Lautlos setzte sich der Zug nach der Waldhütte in Bewegung, vor deren Thüre sie heute noch gesagt hatte: »Ich gehe, wie die Sonne, wie die Sterne, wie die Tage und wie die Stunden!« – – –

Zehntes Kapitel
    Wieder einmal war für die berühmte Himmelsteiner Wallfahrt die Zeit herbeigekommen. Zwei Männer schritten auf die Schlucht zu, durch welche man zur Höllenmühle gelangte.
    Der Eine mochte wohl über fünfzig Jahre zählen, sah aber bedeutend älter aus. Seine eingefallenen Schläfe und Wangen und die tiefen Furchen, welche die hohe Stim durchzogen, fießen vermuthen, daß weniger die Jahre als gewisse seelische Vorgänge schuld seien, daß die Haltung seiner hohen Gestalt eine so müde und geknickte war. Der Andere war ein junger rüstiger Mann im Alter von vielleicht etwas über zwanzig Jahren. Ihre außerordentliche Aehnlichkeit ließ vermuthen, daß sie Vater und Sohn seien. Beide trugen eine zwar einfache Kleidung, deren Schnitt aber doch ein solcher war, wie bei den besseren Ständen gebräuchlich zu sein pflegt.
    »Ob wir wohl den richtigen Weg zur Höllenmühle haben?« frug der Aeltere.
    »Ich denke es, Papa. Wir haben uns ja genau nach der Beschreibung gerichtet.«
    »Und ob der geheimnißvolle Fremde auch wirklich eintreffen

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