Die Juweleninsel
weiß ich nicht. Er sagte aber, daß er für heute draußen in der Höllenmühle sei.«
Der Vogt erhob sich schnell.
»Donnerwetter! Ist er seit lange fort?«
»Soeben erst.«
»Rechts oder links?«
»Rechts um die Ecke.«
»Adieu!«
Er eilte fort, ohne sein Bier zu kosten oder zu bezahlen. Trotz seines Alters war er schnell um die von dem Wirthe bezeichnete Ecke gelangt und schritt so schnell wie möglich die Straße entlang, welche aus dem Städtchen hinausführte. Dort sah er Kurt vor sich hergehen.
»Er ist es; es ist dieser Marinelieutenant. Ich muß sofort aufs Schloß.«
Er wandte sich seitwärts und bog dann in die Straße ein, welche zur Burg Himmelstein emporführte. Er legte diesen Weg mit der ihm möglichsten Hast zurück und eilte, oben angekommen, sofort zum Prinzen. Dieser befand sich auf seinem Zimmer und blickte ihm erstaunt entgegen.
»Du bist noch nicht fort?« frug er.
»Ich war fort, habe aber nichts besorgen können.«
»Warum nicht?«
»Weil ich etwas gesehen habe, was mich bewog sofort umzukehren.«
»Was?«
»Einen Menschen, der im Stande ist, die Pläne Ew. Hoheit zu durchkreuzen.«
»Das wäre! Wer ist es?«
»Jener Marinelieutenant Schubert, der meinem Neffen so ähnlich sieht.«
Der Prinz sprang überrascht empor.
»Unmöglich!«
»Er war es.«
»Wirklich?«
»Ohne Zweifel. Der Wirth zum Bären, bei dem er eingekehrt war, machte mich auf ihn aufmerksam, auch er hatte ihn mit Franz verwechselt.«
»Alle Teufel! Wo ist er?«
»Unterwegs nach der Höllenmühle.«
»Er ist mir gefolgt. Er weiß, daß ich das Mädchen hier habe!«
Der Prinz ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab; in seinem Gesichte arbeitete es lebhaft. Endlich blieb er vor dem Vogte stehen.
»Er muß unschädlich gemacht werden!« meinte er mit finsterer Stirn.
»Das versteht sich!«
»Aber wie?«
»Hm!«
»Kann ich auf Deine Hilfe rechnen?«
»Vollständig!«
»Es wird schwer werden!«
»Es scheint gar Manches schwieriger zu sein, als es eigentlich ist.«
»Er muß verschwinden,« meinte der Prinz entschlossen.
»Aber wie?«
»Darüber denke ich soeben nach.«
»Es gibt Messer, es gibt Kugeln, es gibt sogar auch gewisse Gifte.«
»Das geht nicht. Mit diesem Menschen ist nicht gut anzubinden. Wir müssen ihn verschwinden lassen, ohne daß wir ihn anzurühren brauchen.«
»Das wäre allerdings ein Kunststück, wie ich noch keines gesehen habe!«
»Und dennoch werden wir es fertig bringen, wenn ich mich auf Dich verlassen kann, auf Dich und auf Deinen Neffen Franz.«
»Auf den?«
»Ja.«
»Er ist nicht hier!«
»Du mußt ihn holen.«
»Was soll er thun?«
»Hm! Wie wäre es, wenn dieser Marinelieutenant eine That beging, ein Verbrechen, in Folge dessen die Polizei sich seiner sofort bemächtigen muß?«
»Er wird sich hüten!«
»Pah! Er wird es thun!«
»Sollte mich wundern!«
»Ich meine, daß ein Anderer dieselbe That für ihn begehen wird.«
»Ein Anderer?«
»Allerdings. Ich habe wahrhaftig nicht geglaubt, daß Du so schwer begreifst!«
»Hoheit, kommen Sie doch meinem schwachen Begriffsvermögen zu Hilfe.«
»Franz sieht ihm zum Verwechseln ähnlich – –«
»Ah, ich beginne einzusehen!«
»Das freut mich! Du holst ihn sofort.«
»Gut!«
»Wenn Du jetzt sofort abreisest und den Abendzug benützest, kommst Du noch während der Nacht nach der Residenz und kannst am Mittag mit ihm hier sein.«
»Bereits am Vormittage.«
»Es darf aber weder dort noch hier jemand etwas sehen oder merken.«
»Ich werde dafür sorgen. Ich kann Franz ganz unbemerkt treffen.«
»Ich werde darüber wachen, daß Ihr heimlich das Schloß erreicht.«
»Was soll er hier thun?«
»Das wird sich noch entscheiden. Die Hauptsache ist, daß er sich nicht weigert auf meinen Plan einzugehen. Du wirst ihn zu behandeln wissen.«
»Das ist gar nicht nöthig, denn er ist Ew. Hoheit mit großer Treue ergeben.«
»Welche Kleidung trug dieser Schubert?«
»Er ging ganz grau mit einem schwarzen niedrigen Filzhut.«
»Das ist vortrefflich, denn Franz hat einen ganz gleichen Anzug. Er mag ihn anlegen. Jetzt gehe! Du hast nicht die mindeste Zeit zu versäumen.«
»Ich werde augenblicklich aufbrechen. Aber – – das Reisegeld, Hoheit?«
»Schlaukopf! Hier hast Du genug. Und gelingt der Spaß, so darfst Du und auch er einer ungewöhnlich reichen Gratifikation versichert sein.«
Er gab ihm eine volle Börse, mit welcher sich der Vogt sogleich entfernte. –-Es war am Nachmittage des
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