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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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andern Tages. Vor der Höllenmühle saßen die Bewohner derselben und aßen ihre kühlende Semmelmilch. Unweit des Tisches, an welchem sie Platz genommen hatten, zog sich der Gartenzaun dahin, welcher mit dichtem Hollunder überzogen war. Unter den Zweigen desselben kauerten zwei Männer tief an der Erde. Sie hatten sich so zusammengeschmiegt, daß man sie trotz des hellen Tageslichtes nicht zu sehen vermochte, und konnten von ihrem Punkte aus die Gesellschaft genau beobachten. Es war der Schloßvogt Geißler und Franz, sein sauberer Neffe.
    »Eine gefährliche Situation, in der wir uns befinden,« meinte der Erstere.
    »Warum?« frug der Letztere.
    »Wenn man uns bemerkt, wird es uns schlimm ergehen!«
    »Pah, man kann uns ja gar nicht bemerken.«
    »Wenn ich nur wüßte, was Dir der Prinz auftragen wird.«
    »Das werden wir ja wohl erfahren.«
    »Und Du wirst Alles thun, was er verlangt?«
    »Alles!«
    »Einen Diebstahl?«
    »Ja.«
    »Einen Betrug?«
    »Ja.«
    »Einen Raub?«
    »Auch.«
    »Oder gar einen Mord?«
    »Alles! Er wird uns gut bezahlen, das sind wir ja Beide überzeugt.«
    »Aber wie bekommen wir den Lieutenant in unsere Hand?«
    »Hm! Wenn er doch wenigstens zu sehen wäre!«
    »Er muß sich entweder verborgen halten oder wohl abwesend sein.«
    »Wir werden es erfahren. Horch!«
    Das Mahl war beendet, und die Knechte und Mägde hatten sich entfernt. Nun saß nur noch der Müller mit seinen Gästen am Tische. Es waren die beiden Mylungen und Friedrich von Walmy. Kurt Schubert fehlte.
    »Wann denken Sie, daß der General eintreffen wird?« frug der Müller.
    »Morgen früh,« antwortete Walmy.
    »Wir werden sehr viele Leute zu sehen bekommen. Das Städtchen wimmelt bereits von Fremden, welche die Wallfahrt herbeigezogen hat.«
    Walmy blickte empor zu den beiden Klöstern.
    »Und da oben,« sagte er, »ist man eifrig beschäftigt, die Gebäude mit Kränzen und Guirlanden zu dekoriren. Was sind das für Buden, welche man an der Straße baut?«
    »Man wird in ihnen schänken und Allerlei verkaufen. Die Wallfahrt ist stets mit einer Art Messe verbunden.«
    »Auch da oben wimmelt es bereits von Leuten.«
    »Der Herr Lieutenant wird sich doch in Acht nehmen, daß er nicht bemerkt wird? Der Prinz braucht nicht zu erfahren, daß er sich hier befindet.«
    »Sorgen Sie sich nicht. Kurt ist sehr vorsichtig. Er hat den Berg von der andern Seite erstiegen, wo kein Mensch zu sehen ist, und wird sich droben am Felsenkegel so verstecken, daß ihn sicher Niemand sieht.«
    »Das ist derselbe Felsen, von dem aus er damals meine Tochter erblickte?«
    »Höchst wahrscheinlich!«
    Da gab der Vogt seinem Neffen einen leisen Stoß.
    »Hast Du es gehört?« frug er.
    »Ja.«
    »So wissen wir genug. Nicht?«
    »Es gäbe hier vielleicht noch manches Wichtige zu belauschen; aber wir haben keine Zeit zu verlieren. Komm!«
    Sie krochen unter den Zweigen hervor und schlichen sich vorsichtig durch den Garten, über dessen hinteren Zaun sie stiegen. Erst als sie einige Felsen zwischen sich und der Mühle hatten, blieben sie überlegend halten.
    »Wer waren diese Drei?« frug der Vogt.
    »Wer weiß es!«
    »Gewöhnliche Leute sicherlich nicht.«
    »Allerdings.«
    »Zwei von ihnen waren Vater und Sohn; das sah man ihnen an.«
    »Wenn man nur wenigstens einen Namen oder einen Titel gehört hätte!«
    »Sie sprachen von einem Generale, welcher kommen wolle. Welcher mag das wohl sein?«
    »Es kommen zur Wallfahrt stets auch hohe Offiziere herbei. Die Drei waren wohl auch nur Gäste, welche keinen andern Zweck haben, als der Prozession beizuwohnen.«
    »Das glaube ich nicht. Sie kennen den Lieutenant und sprachen auch von damals, wo uns das verteufelte Malheur mit der Müllerstochter passirte. Es muß etwas im Werke gegen uns sein.«
    »Das wird sich ja wohl zeigen. Für jetzt genügt es, daß wir wissen, wo dieser Schubert steckt.«
    »Also das Schloß will er beobachten! Was thun wir?«
    »Wir sehen, ob wir uns unbemerkt anschleichen können und geben ihm Eins auf den Kopf. Meinst Du nicht?«
    »Es wird das Beste sein. Komm, wir kennen ja die Wege.«
    Sie schritten weiter. Indem sie das Terrain gehörig benutzten, gelang es ihnen den Wald zu erreichen, der sich an der entgegengesetzten Seite des Berges bis nahe zur Spitze desselben hinaufzog. Oben angelangt, sahen sie Burg Himmelstein vor sich liegen, und nahe am Graben jenen Felsen, von welchem in der Mühle gesprochen worden war. Sie blieben halten, um scharf auszuschauen.
    »Siehst Du

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