Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
etwas?« frug der Vogt.
    »Nein.«
    »Ich auch nicht.«
    »Vielleicht ist er schon fort, wenn er überhaupt und wirklich hier gewesen ist.«
    »Hm! Er könnte auch die Steine erstiegen haben und auf dem Felsen liegen.«
    »So bleibt uns nichts übrig, als auch hinaufzusteigen.«
    »Das geht nicht.«
    »Warum?«
    »Er würde uns ganz sicher bemerken. Es bleibt nur eins, wir müssen warten.«
    »Bis er heimkehrt?«
    »Ja.«
    »Das ist eine langweilige Geschichte. Er kann bis zur Nacht hier liegen.«
    »Es geht nicht anders.«
    »Vielleicht warten wir dann, und er ist gar nicht mehr hier.«
    »Das ist allerdings – – – halt, zurück!«
    Er faßte seinen Verwandten schnell am Arme und zog ihn hinter einen Busch.
    »Was gibts?« frug dieser.
    »Er kommt.«
    »Wo?«
    »Da.«
    Der Sprecher streckte den Arm aus und deutete nach einer Stelle des Felsens, an welcher sich eine Gestalt zu regen begann. Es war allerdings Kurt Schubert, den die Beiden nicht gesehen hatten, weil seine dunkelgraue Kleidung nicht von dem fast gleich gefärbten Steine abgestochen hatte. Er stieg vorsichtig die gefährliche Steilung herab und schritt dann nach dem Walde zu.
    »Jetzt!« meinte der Neffe des Vogtes.
    Er bückte sich, hob einen Stein auf und wickelte ihn in sein Taschentuch.
    »Was soll das?« frug sein Oheim.
    »Das wirkt gerade so wie eine Keule.«
    »Halt, verletzen darfst Du ihn nicht!«
    »Warum nicht?«
    »Eine Wunde würde seine Vertheidigung erleichtern. Wir fassen ihn von hinten, ohne daß er uns sehen kann, und würgen ihn so lange, bis er die Besinnung verliert. Dann binden wir ihn.«
    »Verdammt! Es wäre jedenfalls leichter und kürzer, ihn gleich kalt zu machen.«
    »Das ist richtig, aber der Prinz will es nicht.«
    »Dummheit! Dieser Kerl soll sehr stark sein!«
    »Fürchtest Du Dich?«
    »Fällt mir nicht ein! Aber man kann dennoch leicht etwas davontragen.«
    »Die Ueberraschung wird uns zu statten kommen. Ich fasse ihn von hinten so, daß er sich nicht rühren kann, und Du nimmst ihn bei der Kehle. Das wird eine sehr leichte und glatte Arbeit geben.«
    Sie schritten etwas tiefer in den Wald hinein, wo sie sich so postirten, daß Kurt zwischen ihnen vorüber mußte. Er war auf dem Berge gewesen, um vielleicht eine Spur von Magda zu entdecken, hatte aber nicht das mindeste bemerkt und kehrte nun höchst mißvergnügt zurück. Da plötzlich legten sich von hinten zwei Arme um seinen Leib, die eigenen Arme wurden ihm fest an den Körper gepreßt, und ehe er noch Zeit gefunden hatte sich umzublicken oder überhaupt eine Bewegung zu machen, wurde er mit solcher Gewalt am Halse gepackt, daß ihm fast augenblicklich der Athem und die Besinnung verging; er befand sich wehrlos in der Gewalt der beiden Schurken. Sie rissen ihn zu Boden, verhüllten ihm die Augen und banden ihm die Arme und Beine so fest, daß er sich nach der Rückkehr des Bewußtseins sicherlich nicht zu rühren vermochte.
    »Was nun?« frug der Neffe.
    »Hm! Werden wir ihn unbemerkt nach dem Steinbruche bringen können?«
    »Wirum nicht? Der Wald stößt ja daran. Warum dorthin?«
    »Ich weiß dort ein Versteck.«
    »Wo?«
    »Hinter Brombeerbüschen gibt es ein Loch, wo er sicher liegt.«
    »Das kenne ich doch noch nicht!«
    »Wir auch bisher nicht nöthig. Komm, und faß ihn bei den Beinen!«
    Sie hoben ihn empor und trugen ihn durch den Wald. Bei dem leisesten Geräusch blieben sie ängstlich halten, aber sie gelangten dennoch unbemerkt an den Ort, wo man vor langen Zeiten die zum Baue des Schlosses und der beiden Klöster nöthigen Steine herausgebrochen hatte. Der Bruch schnitt schmal und tief in die Seite des Berges ein, und sowohl seine Sohle als auch seine Seiten waren von Bäumen und Sträuchern dicht bestanden, weil bereits seit Jahrhunderten nicht mehr in ihm gearbeitet worden war. In seinem hintersten Winkel wucherten üppige Brombeerranken über dem Gestein, und dorthin lenkte der Schloßvogt seine Schritte.
    »Hier ist es,« meinte er. »Lege ihn ab!«
    Sie legten den Gefangenen zur Erde, und Franz Geißler blickte seinen Onkel erwartungsvoll an. Dieser schob die Ranken behutsam, um sich an ihren Dornen nicht zu verletzen, bei Seite, und nun zeigte sich ein schmaler Felsenspalt, der früher wohl mit einem Steine verschlossen gewesen war; dieser aber war mit der Zeit verwittert und lag zerbrochen an der Erde. Dennoch war der Spalt nicht zu bemerken, so lange ihn die dichten Ranken bedeckten.
    »Ein Loch oder ein Gang?« frug der Neffe.
    »Ein

Weitere Kostenlose Bücher