Die Juweleninsel
frommen Vätern und Brüdern unternommen?«
»Ja, denn keine der Schwestern ist zu einer solchen priesterlichen Handlung befugt. Die Büßerinnen werden in einzelne Zellen eingeschlossen, welche verriegelt werden, nachdem je ein Bruder bei ihnen Zutritt genommen hat. Er ertheilt ihr die Ruthenschläge auf den entblößten Rücken und bewirkt unter frommen liebevollen Worten das Verschwinden der sündhaften Wünsche und Regungen. Erst dann, wenn sie denselben abgestorben ist, ertheilt er ihr seine Absolution und gibt das Zeichen, daß er die Zelle verlassen will.«
»Interessant, höchst interessant, diese fromme priesterliche Bemühung um das Heil einer strauchelnden Seele!«
»Ja; diese Bemühung aber dient auch zur Uebung für den Bruder selbst. Auch er ist ein schwacher Mensch, den nur die Gnade stärken kann; auch er hat Augenblicke, in denen sein Geist mit dem Körper ringen muß, und dann bittet er die Schwester, ihm die Kasteiung zu ertheilen. An den Thüren der Pönitentiarzellen sind kleine, mit einem Glasfensterchen versehene Klappen angebracht, durch welche es mir und der Priorin möglich gemacht wird, die Büßung zu überwachen.«
»Wie ich vorhin bemerkt habe, kommt es auch vor, daß Sie diese Büßung verweigern?«
»Ja, wenn sie von einer Unwürdigen gefordert wird. Die Reinigung des Körpers und der Seele von den Schlacken der Sünde ist eine hohe Gnadengabe, welche sich die heilige Kirche nicht abzwingen und abtrotzen lassen kann. Es muß in demüthigen Worten um dieselbe gebeten werden. Ich kann nicht verschweigen, Hoheit, daß es zuweilen eine Seele gibt, welche sich nach der Kasteiung nur mit dem Leibe sehnt; dann muß das renitente Fleisch durch eine strenge Verweigerung gezüchtigt werden.«
»Und die sechste Schwester?«
»Kommt in die Besserungszelle. Ich gebot ihr die heilige Pönitenz, sie aber weigerte sich, den Weg der Gnade zu wandeln. Es ist unsere jüngste Schwester, die erst vor Kurzem Profeß gethan hat. Die Rücksicht auf das Heil ihrer Seele macht es erforderlich sie an die strenge Zucht des Klosters zu gewöhnen.«
»Was hat es mit der Besserungszelle für eine Bewandtniß, Hochwürden?«
»Es sind darin alle Vorrichtungen angebracht, welche nöthig sind einer Widerstrebenden die heilige Pönitenz aufzuzwingen, und ich muß sagen, daß dieser Zwang stets gefruchtet hat, es ist niemals ein Rückfall eingetreten. Doch hier liegt das Kloster. Wir werden uns vor den Augen des Bruder Pförtners hier von einander verabschieden. Dann gehen Sie hinter der Mauer weg, doch so, daß Sie nicht bemerkt werden, und treten durch das Pförtchen, welches ich Ihnen vorhin zeigte, in den Garten. Ich werde Sie von der Pforte nach kurzer Zeit abholen.«
»Und dann?«
»Führe ich Sie dahin, wo Sie die Pönitenz genau beobachten können, ohne selbst bemerkt und gesehen zu werden. Das ist die Garantie, welche ich Ihnen bieten will; sind Sie damit zufrieden?«
»Ja.«
»Und beharren Sie bei Ihrem Entschlusse, der heiligen Kirche ein verirrtes Schäflein anzuvertrauen?«
»Allerdings.«
»Wann werden Sie dasselbe in unsere Arme führen?«
»Noch heute, wenn Sie es da bereits aufnehmen können.«
»Ich werde nachher mit der Schwester Priorin darüber sprechen und Sie benachrichtigen. Doch wünsche ich, wie bereits gesagt, daß alle Gewalt und alles Aufsehen dabei vermieden werde. Die Diener der Kirche haben zuweilen Veranlassung so listig zu sein, wie die Kinder der Erde es sind.«
»Es wird sich wohl arrangiren lassen. Hat das Schwesterkloster auch so ein kleines Pförtchen, durch welches man unbemerkt Zutritt nehmen kann?«
»Ja.«
»Dann ist es zu ermöglichen. Besorgen Sie mir den Schlüssel dazu. Eines aber muß ich bemerken: Ich wünsche nämlich nicht, daß die Büßerin, welche ich Ihnen zuführe, von einem Fremden zur heiligen Pönitenz gezwungen werde.«
»Sie betrachten also die Seele der Verirrten als Ihr immerwährendes Eigenthum?«
»Ja; wenigstens so lange, als bis ich sie Ihnen ausdrücklich übergebe.«
»Und wenn sie nun verlangt Buße zu thun?«
»So haben Sie mich zu benachrichtigen. Die heilige Kirche ist reich an himmlischen Gütern, aber sie kann ohne irdischen Besitz nicht sein. Wir Fürsten haben die Macht, ihr den Glanz zu verleihen, der ihr gebührt, und das werden wir gern thun, wenn ihre Diener sich freundlich und hilfreich zu uns stellen.«
»Ich stehe Ihnen zur Verfügung, Hoheit. Aber die Unterschrift – – – ?«
»Erhalten Sie, sobald die
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