Die Juweleninsel
Menschen einmal bis vor die Klinge!«
Mit diesen Worten riß Maletti dem nebenan liegenden Bären den Degen aus dem Leibe und wandte sich damit seinem Gegner zu. Dieser machte ein eigenthümliches Gesicht.
»Nicht wahr, Mylord, der Lieutenant Maletti ist ein Verräther?«
»Yes!«
»Und mit einem Verräther darf sich kein braver Offizier und Edelmann schlagen?«
»Yes!«
»Ich würde meinen Degen entweihen durch seine Berührung mit diesem Menschen?«
»Yes!«
»So arretiren wir ihn, Exzellenz!«
»Yes!«
»Sie haben es gehört. Folgen Sie uns!«
»Feige Buben, Einer wie der Andere! Rittmeister, Mylord, ich sage Ihnen: Wenn Sie in anderthalb Minuten noch in
meiner Nähe stehen, werde ich es Ihnen machen, wie ich es mit dem Bären gethan habe, mein Ehrenwort darauf.«
Er zog die Uhr aus der Tasche.
»Mylord, er ist rasend!« meinte der Rittmeister.
»Yes!«
»Arretiren wir ihn ein anderes Mal!«
»Yes!«
Sie wandten sich und schritten ihrer Wohnung zu.
»Was sagst Du zu diesen Leuten, Sahib?« frug Maletti den Maharajah.
»Wenn sie nicht Gesandte Englands wären,« antwortete dieser, »so würde ich sie aus meinem Lande peitschen lassen.
Komm aber herauf! Dein Angesicht wird bleich. Das Blut rinnt Dir aus der Schulter, und Dein Leben kann mit ihm
entrinnen.«
Sie begaben sich in das Palais. Alphons biß die Zähne zusammen, erst jetzt fühlte er die Schwäche, welche eine Folge des Blutverlustes war, und die Schmerzen seiner Brust, welche unter der gewaltigen Umarmung des Bären jedenfalls sehr schwer gelitten hatte. Als er mit dem Rajah, der nicht an seine Frauen dachte, sondern erst seinen treuen Diener in Sicherheit wissen wollte, in sein Gemach trat, fiel er ohnmächtig auf den Divan nieder.
Sofort ließ der König seinen Arzt rufen. Dieser untersuchte den Verletzten auf das Sorgfältigste.
»Nun?«
»Er wird nicht heut und auch morgen nicht erwachen.«
»Er stirbt?«
»Nein. Es sind ihm zwei Rippen eingedrückt, und er hat viel Blut verloren, aber er wird bald wieder gesund werden.«
»Pflege sein, als ob ich es selber wäre!«
Kaum hatte Madpur Singh seinem Weibe und seiner Schwester einen Besuch abgestattet und sich überzeugt, daß sie keinen Schaden gelitten hatten, so wurde ihm der Lord und der Rittmeister gemeldet. Unter den gegebenen Umständen entschloß er sich sie selbst zu empfangen.
»Was willst Du?« frug er den General mit einer Miene, welche nichts weniger als freundlich genannt werden konnte.
»Unsern Gefangenen,« antwortete der Rittmeister an Stelle seines Vorgesetzten. »Nicht wahr, Mylord?«
»Yes!«
»Welchen Gefangenen?«
»Den Lieutenant Alphons Maletti.«
»Weshalb ist er Euer Gefangener?«
»Er ist ein Verräther. Nicht wahr, Exzellenz?«
»Yes!«
»Welchen Verrath hat er begangen?«
Der Rittmeister schwieg und blickte den General fragend an. Das Gesicht desselben sagte sehr deutlich, daß er diese Frage nicht beantworten möge.
»Den Verrath gegen seine Pflicht,« antwortete daher endlich Mericourt.
»Dein Wort sagt mir nichts. Erzähle mir, was der Lieutenant gethan hat!«
»Das ist eine Dienstsache, die ich nicht mittheilen darf.«
»Du brauchst sie nicht mitzutheilen, denn ich kenne sie bereits. Ihr nennt den Lieutenant einen Verräther, weil er mich nicht verrathen hat. Habe ich recht gesagt?«
Beide schwiegen.
»Ihr seid die Gesandten einer großen und berühmten Nation, aber Ihr macht auch große und berühmte Fehler.«
»Sage sie uns!« meinte der Rittmeister. »Nicht wahr, Mylord?«
»Yes!«
»Ihr kommt, um einen Vertrag mit mir abzuschließen. Ist dies wirklich Eure ehrliche und alleinige Absicht, so müßt Ihr Euch hüten mich zu beleidigen. Ihr beleidigt mich jedoch mit allem Wissen und Willen, und so muß ich erkennen, daß Euch andere Absichten, welche feindlich sind, zu mir hergeführt haben.«
»Inwiefern beleidigen wir Dich?«
»Ihr wollt einem Manne, den ich liebe, seine Freundschaft zu mir entgelten lassen. Ihr wollt mich zwingen, die Gastfreundschaft zu verletzen, die uns heiliger ist als Euch. Ist das nicht eine große Beleidigung?«
»Wir thun unsere Pflicht. Nicht wahr, Mylord?«
»Yes!«
»Eure Pflicht war einen Vertrag mit mir abzuschließen, und indem Ihr mich beleidigt, handelt Ihr gegen diese Pflicht. Ihr habt erfahren, daß der Lieutenant Maletti mein Freund ist, den ich wie einen Bruder achte. Ihr hättet klug sein und ihm die Verhandlung mit mir anvertrauen sollen, dann wäre Eure Aufgabe sehr leicht zu
Weitere Kostenlose Bücher