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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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welcher leicht verletzt werden konnte, hielt er hoch empor, während er die Stoßzähne senkte, um den Feind sofort aufzuspießen. Kaum aber waren diese gefährlichen Waffen noch einen Fuß von dem Leibe des Bären entfernt, so warf sich dieser, ganz wie vorhin zur Erde nieder, so daß der Elephant über ihn hinwegstürmte, und ehe dieser im Laufe innehalten und sich wenden konnte, hatte der Bär bereits das eine hintere Bein des Kolosses erfaßt, schlug seine Krallen in das Fleisch und begann, an dem Beine emporzuklettern.
    Der Elephant stieß einen Schrei des Schmerzes aus und rannte stöhnend und vor Wut trompetend in der Arena umher. Durch diese Bewegung wollte er den Feind, den er mit dem Rüssel nicht zu erreichen vermochte, von sich abschleudern. Es gelang ihm nicht. Die Krallen des Bären waren zu lang und scharf, sie fanden in dem Fleischklumpen einen zu festen sichern Anhalt.
    Da kam das schmerzerfüllte Thier auf einen Gedanken, der ihm Rettung bringen konnte. Der Bär hatte mit seinen Vorderfüßen bereits den hintern Theil des Rückens erreicht, und es war also die höchste Zeit, sich seiner zu entledigen. Der Elephant trat von hinten an die Brüstung der Arena und versuchte, den Gegner durch einen Druck gegen dieselbe zu zerquetschen.
    Dieser Druck war ein gewaltiger; der ganze Bau erzitterte; die Holzsäulen, welche die vergitterte Frauenloge trugen, gaben nach – ein einziger Schrei des Entsetzens ertönte aus vielen hundert Kehlen – die Loge mit den beiden Frauen senkte sich herab und brach dann zusammen.
    Die Absicht des Elephanten war erreicht, er hatte den Gegner abgestreift, war aber dabei so verwundet und zerfleischt worden, daß er wie rasend und von Sinnen in der Arena herumstünnte. Der Bär hatte jedenfalls bedeutende Quetschungen erlitten, stand aber wohlgemuth auf allen Vieren und betrachtete sich gemächlich die Trümmer der Tribüne, unter denen die beiden Damen fast begraben lagen.
    Ein vielstimmiger Schrei des Entsetzens war ausgestoßen worden, Alle aber, außer Zweien, saßen wie gelähmt vor Schreck. Diese Beiden waren der Maharajah und Alphons Maletti. Sie stürmten die zu ihrer Loge führenden Stufen herab auf die Arena. Der wüthende Elephant bemerkte sie zuerst und wandte sich mit feindseligen Tönen gegen sie. Er erhob den Rüssel zum tödtlichen Schlage gegen den Rajah; dieser that einen Sprung zur Seite, der ihn rettete, und mußte dann zurückweichen.
    Maletti war es gelungen, an dem Thiere vorüberzukommen.

    »Tödte ihn,« rief der Maharajah, »und das Königreich ist Dein!«
    Man wagte kaum Athein zu holen, und es herrschte eine Stille, welche das allergeringste Geräusch vernehmen ließ. Hinter sich den aufgebrachten Elephanten und vor sich den unbesieglichen Bären, eilte Maletti, nur mit seinem Degen bewaffnet, auf diesen letzteren zu. Er zog sich dabei den Turban vom Kopfe, riß den feinen Kaschmirshawl von der Kopfbedeckung los, wickelte sich denselben um den Arm und zog mit der Rechten den Degen.
    Der Bär richtete sich zu seinem Empfange in die Höhe, öffnete den Rachen und breitete, als die Degenspitze bereits seine Brust rührte, die Vorderpranken zur tödtlichen Umarmung aus. In dem gleichen Augenblicke stieß ihm der verwegene Lieutenant den Stahl in das Herz und den durch den Kaschmir geschützten Arm in den Schlund; dann stürzten Beide nieder und wälzten sich für einige Augenblicke im Sande.
    Der Elephant hatte den einen Mann zurückgetrieben und kam jetzt herbei, den andern zu suchen; er fand ihn, sich mühsam aus der Umschlingung des todten Bären windend; schon wollte er ihn mit dem Rüssel niederschmettern, da brachte ihn der Anblick des Bären zur Besinnung. Der drohende Rüssel senkte sich langsam nieder, um den Bären zu untersuchen, und da er ihn todt, mit dem Degen im Leibe fand, erkannte das von der Natur mit so viel Klugheit begabte Thier, daß dieser Mensch ja sein Freund, vielleicht gar sein Retter sei. Es stieß einen triumphirenden Schrei aus, faßte den Lieutenant sanft mit dem Rüssel, hob ihn auf den Rücken empor, spießte den Bären an die gewaltigen Zähne und trug so beide, den Sieger und den Besiegten, einige Male in der Arena herum.
    Ein lauter jubel erschallte von den Zuschauersitzen, und allen Anderen voran eilte nun der Maharajah zu den beiden Frauen, die er glücklicher Weise unversehrt, aber außerordentlich erschrocken und beängstigt fand. Er ließ sie durch die herbeikommenden Dienerinnen nach ihren Gemächern bringen

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