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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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durch die Spalte des Vorhanges, daß ihre obere Hülle auf dem Divan lag. Sie war nur mit einem leichten Gewande bekleidet, welches sich so eng an ihre vollen herrlichen Formen schmiegte, daß er deutlich das Klopfen an seinen Schläfen hören konnte. Er schloß die Augen.
    »Du bist wieder müde?« frug sie
    »Nein.«
    »Du hast großen Schmerz?«
    »Nein. Jetzt nicht. Wo ist der General Haftley?«
    »Er ist fort.«
    »Seit wann?«
    »Seit dem Tage, an welchem Du uns rettetest.«
    »O, er wird wiederkommen.«
    »Denkst Du es?«
    »Ja. Er wird wiederkommen mit einem Heere, und Augh wird unbewaffnet sein. Mein Gott, gib mir meine Gesundheit und meine Kraft zurück!«
    »Sei ruhig! Du darfst Dich nicht aufregen. O, es war uns ja doch verboten mit Dir zu sprechen, wenn Du erwachen würdest. Ich muß den Arzt um Verzeihung bitten und ihn Dir sofort senden.«
    »O bleibe!« bat er mit flehender Stimme.
    Sie sah ihm in das Auge und bemerkte nun erst den Mangel ihrer Verhüllung. Tief erglühend trat sie schnell zurück, warf das Oberkleid über sich und eilte aus der Stube.
    Am andern Morgen trat der Rajah bei ihm ein.
    »Du bist erwacht, wie ich höre!«
    »Ja, und ich fühle mich bereits besser als in der Nacht. Ich werde bald das Lager verlassen.«
    »Du wirst es noch lange hüten müssen, wenn Du vollkommen hergestellt sein willst, sagt der Arzt. Deine Brust hat schwer gelitten. Du bist ein Held, ich muß Dich mir erhalten.«
    »Ich werde bis zu meinem Ende bei Dir sein!«
    »Und ich werde Dir dafür danken, denn ich kann Dich brauchen, selbst wenn Du krank auf dem Lager liegest.«
    Es war diesen Worten anzuhören, daß sie nicht ohne Grund ausgesprochen wurden.
    »Wie könnte ich Dir jetzt dienen?«
    »Durch Deinen Rath. Wirst Du nicht erschrecken?«
    »Ich erschrecke nie.«
    »Die Engländer nähern sich unserer Grenze!«
    »Ah! Schon jetzt!«
    »Fluch ihnen! Es war Alles auf den Krieg vorbereitet, noch ehe dieser elende Lord Haftley zu mir kam. Diese Gesandtschaft wurde nur zu dem Zwecke abgesendet, mir einen offiziellen Grund zur Feindseligkeit abzuzwingen. Es ist ihnen gelungen, denn es mußte ihnen gelingen.«
    »Sind sie stark?«
    »So stark, daß ich ihnen nur mit Hilfe meiner Nachbarn gewachsen bin. Ich habe schleunigst meine Boten zu ihnen gesandt.«
    »Und Deine Krieger?«
    »Sind sämmtliche unter die Waffen gerufen.«
    »Ah! Und hiervon vernahm ich nichts!«
    »Der Arzt gebot, es Dir zu verschweigen. O, hätte ich Artillerie!«
    »Du sollst welche haben!«
    Der Rajah fuhr erstaunt empor.
    »Ich? Woher?«
    »Ich nehme sie den Engländern ab und bringe sie.«
    Es kam das Feuer des Krieges über ihn. Er erhob sich auf dem Lager und griff nach den Kleidern.
    »Gieb mir so viele Krieger, als ich brauche, und ich werfe die Engländer mit ihren eigenen Geschützen über den Haufen!«
    »Wie viele brauchst Du?«
    »Das kann ich jetzt nicht wissen. Aber ich werde mich orientiren. Erlaube, daß ich mich ankleide! Ich darf nicht mehr ruhen; ich darf nicht mehr krank sein; ich muß kämpfen, kämpfen für Dich, mich und – Augh!«
    Anstatt des letzteren Wortes wäre ihm beinahe ein anderer Name entfahren.
    »Aber Du bist noch zu schwach!«
    »Nein, ich bin nicht mehr schwach. Siehe mich an; blicke her! Bin ich krank?«
    Er hatte seinen Degen von der Wand genommen und wirbelte ihn mit solcher Kraft und Behendigkeit um den Kopf, daß man in ihm allerdings keinen soeben erst vom Tode Erstandenen vermuthen konnte.
    »Nun gut,« meinte der Rajah. »Ich brauche Dich, und will daher die Befehle des Arztes übertreten. Komme zu mir, um an unsern Berathungen theilzunehmen!«
    Als Maletti in den Divan des Rajah trat, sah er alle Räthe des Herrschers versammelt. Er wurde mit größter Hochachtung von Allen begrüßt und mußte bald bemerken, daß der Palast bereits ein Hauptquartier bildete, in welchem fast von Minute zu Minute Berichte anlangten und Befehle ausgingen.
    Alle verfügbaren Krieger waren bereits dem nahenden Feinde entgegengeschoben worden. Maletti erkannte die bisherigen Vorbereitungen, falls auf die Hilfe der Nachbarstaaten zu rechnen sei, als praktisch an und bat, ihn sofort zur Armee gehen zu lassen, um eine größere Rekognition vorzunehmen, von deren Ergebnissen das Weitere abhängig zu machen war.
    Sein Wunsch wurde bewilligt. Der Maharajah wollte dann selbst zu seinen Truppen stoßen, um die Oberleitung zu übernehmen.
    Während diesen Berathungen und so vielen andern nothwendigen Arbeiten war es Abend

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