Die Juweleninsel
bauten ein Versteck und verbargen dort viele Kisten und andere Dinge, welche sich in dem Boote befunden hatten.
Es war der Schatz des Königs von Augh. Sie verwischten sorgfältig alle Spuren und warfen alles übrig gebliebene Land in den Fluß. Während dieser Arbeit begab sich der Rajah allein in das Boot; ich lag ganz in der Nähe und konnte ihn deutlich beobachten. Ich bemerkte einen Feuerfunken, welcher nur für einen Augenblick blitzschnell in seinen Händen aufleuchtete; dann kehrte er wieder zu den Leuten zurück. Ich ahnte, was er gethan hatte. Der Naib und die Dschuwans wußten wo der Schatz lag, und sollten deshalb sterben, um nichts verrathen zu können. Er wollte sie mit dem Boote in die Luft sprengen. Sage mir, Herr, ob es meine Pflicht gewesen wäre, sie zu warnen!«
»Nein. Du hättest Dich verrathen und wärest selbst in große Gefahr gekommen.«
»So dachte ich auch, und darum blieb ich ruhig an meinem Orte liegen.«
»Steigt ein, und fahrt zurück!‹ gebot der Maharajah. Sie gehorchten, und er blieb mit der Begum am Ufer stehen. Kaum hatte sich das Boot eine Strecke weit entfernt, so blitzte es an seinem Borde auf, ein heftiger Knall ertönte, eine Feuersäule stieg empor und ich hörte die Trümmer des Bootes und der zerrissenen Leichen in das Wasser schlagen. Die That war geglückt, und der Maharajah glaubte, daß das Geheinmiß ihm und der Begum von jetzt an allein gehöre.«
»Hast Du es treu bewahrt?«
»Du bist der Erste, zu dem ich davon rede.«
»Was willst Du dafür haben, daß Du mir das Versteck der Schätze zeigest?«
»Herr, ich bin Dein Diener und will nur von Deiner Gnade leben. Gib mir was Du willst. Ich fordere nichts, wenn nur Dein Auge freundlich auf mir ruht.«
»Lubah, Du bist der treueste und der beste unter Allen, die mir dienen. Du sollst groß sein in den Ländern Augh und Symoore. Aber sage mir, wo ist die Begum? Sie ist meinen Kriegem entkommen. Ein kühner Mann hat sie entführt.«
»Du sollst sie sehen und in Deinen Harem bringen. Sie ist versteckt bei einem Gurkha, 29 der zu meinen Freunden gehört und bei dem ich sie bereits heimlich beobachtet habe. Befiehl, o Herr, wann ich Dir den Ort des Schatzes zeigen soll!«
»Morgen, denn heut ist es zu spät dazu.«
»Und die Inglis –«
»Was meinest Du?«
»Waren sie nicht soeben hier, um die Hauptstadt von Dir zu fordern? Sie stellen dieses Verlangen nur deshalb, weil sie wissen, daß der Maharajah unermeßliche Reichthümer besessen hat, von denen sie denken, daß sie sich in Augh befinden. Ihre Gesandten sind zornig von Dir gegangen, und ich glaube, morgen werden ihre Krieger hier sein, um Dir Augh zu nehmen.«
»Sie mögen kommen und es versuchen!«
»Aber bei diesem Versuche kann Dir, selbst wenn Du siegest, der Schatz verloren gehen. Im Frieden bleibt er sicher unentdeckt, aber wenn diese Gegend zum Schlachtfelde wird, so kann ich dann für mein kostbares Geheinmiß nicht mehr Bürgschaft leisten.«
Der Sultan mußte diesen Grund anerkennen; er neigte zustimmend seinen Kopf. »Du hast Recht, ich muß den Ort noch heute sehen. Befindet er sich weit von hier?«
»Von diesem Palaste aus erreichst Du ihn auf einem schnellen Pferde in einer Viertelstunde. Der Abend bricht bereits herein, Du mußt Dich schnell entschließen.«
»Was räthst Du mir? Soll ich den Schatz sofort holen oder liegen lassen?«
»Denkst Du, daß er hier im Lager sicher ist?«
»Nein.«
»So laß ihn noch liegen. Es genügt, den Ort zu kennen, um im Falle eines Kampfes Deine Maßregeln so zu treffen, daß der Feind von ihm abgehalten wird.«
»Ich stimme Dir bei. Nimm Dir dort ein Pferd, wir brechen sofort auf.«
Lubah wandte sich ab und begab sich zu den Pferden. Keine Miene seines Gesichtes verrieth seine große Freude über das Glück, welches ihn bei seinem gefährlichen Vorhaben bisher begleitet hatte. Wie treulos, verbrecherisch und furchtbar dieses Vorhaben war, das ließ ihn gleichgiltig. Er war ein Phansegar, ein Todesfanatiker, dessen Glaube ihm gebietet, durch möglichst viele Mordthaten sich die Seligkeit des Himmels zu erringen, und nach seiner Meinung war das Attentat auf den Sultan nichts weiter als ein großer Fortschritt auf dem schrecklichen Wege zu dieser Seligkeit.
Nach einiger Zeit und nachdem er für die Zeit seiner Abwesenheit die nöthigen Befehle ertheilt hatte, bestieg der Sultan ein kostbar aufgezäumtes Roß, welches ihm vorgeführt wurde, winkte Lubah an seine Seite und verließ mit ihm den Hof.
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