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Die Juweleninsel

Die Juweleninsel

Titel: Die Juweleninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Ein kleiner Trupp Suwars 30 folgte als Bedeckung, hielt sich aber eine ziemliche Strecke hinter dem Gebieter zurück.
    Der Weg führte zunächst durch einige Straßen der Stadt und dann durch verschiedene Haufen von Reiterei und Fußvolk über das freie Feld hinweg. Alle Leute, an denen der Ritt vorüberging, warfen sich demüthig zur Erde. Unterdessen senkte sich der Abend mit der jenen Gegenden eigenthümlichen Schnelligkeit zur Erde nieder, so daß die Suwars die Entfernung zwischen sich und dem Sultan verminderten, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren und jedem seiner Befehle oder Winke sofort gehorsam sein zu können.
    Lubah hatte einen spitzen Winkel auf den Fluß zu eingeschlagen, und als eine Viertelstunde vergangen war, hielt er sein Roß an. Einige hundert Schritte vor ihnen rauschten die majestätischen Fluthen vorüber; man konnte ihr phosphorescirendes Geflimmer deutlich erkennen und die Kühle empfinden, welche von der Feuchtigkeit hier verbreitet wurde.
    »Wir sind beinahe am Ziele, Herr,« bemerkte der Phansegar.
    »Warum hältst Du an?«
    »Ist es Dein Wille, daß die Suwars hinter uns das Geheimniß errathen, Herr?«
    »Nein. Du bist sehr vorsichtig, Lubah, und ich muß Deinen Gedanken beistimmen.«
    Er wandte sich um, gebot seinem Gefolge zu halten und seine Rückkehr hier zu erwarten, und setzte dann, von jetzt an ein langsameres Tempo einhaltend, seinen Weg weiter fort.
    Lubah that, als suche er nach den Kennzeichen des Versteckes, bis er eine gehörige Entfernung zwischen sich und die Suwars gelegt hatte. Nun aber war seine Zeit gekommen.
    »Es scheint beinahe, als hättest Du den Ort vergessen,« bemerkte der Sultan.
    »Ich kenne ihn so genau, daß ich ihn selbst im tiefsten Dunkel zu finden vermag.«
    »So finde ihn!« gebot der Herrscher. »Es ist Nacht, und die Inghs sind vielleicht in der Nähe. Ich darf mich nicht weiter von Augh entfernen, wenn ich nicht in ihre Hände fallen will.«
    »Allah il Allah! Wir sind am Ziele!«
    »Ah! Wo ist der Ort?«
    Lubah streckte seinen Arm nach seitwärts aus.
    »Siehst Du die Felsen, Herr, welche dort so weiß vom Ufer herüber schimmern?«
    »Ich sehe sie nicht.«
    »Deine Augen blicken zu weit nach rechts. Erlaube, daß ich Dir es genau zeige!«
    Er drängte sein Pferd ganz an dasjenige des Sultans heran, legte die Linke auf den Hintersattel des letzteren und streckte die Rechte aus, so daß seine Hand beinahe das Gesicht des Herrschers berührte, welcher sich alle Mühe gab, die gar nicht vorhandenen Felsen zu erkennen.
    »Dort sind sie.«
    »Ich sehe sie immer noch nicht.«
    »Noch ein wenig mehr nach rechts.«
    »Bin ich denn mit Blindheit geschlagen! Ist das Versteck in der Nähe dieser Steine?«
    »Ja.«
    »Was halten wir dann hier? Vorwärts, laß uns doch hinüberreiten, Lubah!«
    »Ich komme hinüber, Du aber nicht!«
    Er erklärte den Doppelsinn dieser im drohenden Tone ausgesprochenen Worte sofort durch die That: Der Sultan kam nicht hinüber, nämlich zu den Felsen, und der Phansegar kam hinüber, nämlich von seinem Pferde auf dasjenige des Fürsten. Er hatte sich während seiner Worte im Sattel erhoben und hinüber geschwungen so daß er hinter den Sultan zu sitzen kam, dem er die beiden Hände um den Hals schlug, daß es dem also Ueberfallenen ganz unmöglich war, einen Laut auszustoßen. Er stieß ein kurzes Röcheln aus, fuhr mit den Händen und Füßen konvulsivisch durch die Luft und sank dann schlaff zusammen. Die Besinnung war ihm mit dem Athem verloren gegangen.
    »Gut gemacht!« murmelte Lubah. »Er ist nicht todt, und ich mache mein Meisterstück, indem ich ihn lebendig nach der Ruine bringe. Sein Allah kann ihn nicht erretten.«
    Er nahm alle Waffen des Bewußtlosen an sich, riß ihm den Turban vom Kopfe, rollte denselben auf und band ihn damit so auf das Pferd, daß er weder Arme noch Beine zu rühren vermochte und eine Flucht also unmöglich war. Dann steckte er ihm einen Knebel in den Mund, bestieg sein Pferd wieder, nahm dasjenige des Sultans beim Zügel und ritt im schnellsten Galopp von dannen.
    Die Eskorte des Sultans wartete lange und natürlich vergeblich. Es verging eine halbe Stunde, noch mehr, sogar eine ganze Stunde, ohne daß der Herrscher zurückkehrte. Die Leute wurden je länger desto mehr besorgt und unruhig. Endlich beschloß der Anführer, dem letzten Befehle des Sultans zum Trotze, mit seinen Leuten in der von dem Herrscher eingeschlagenen Richtung langsam vorzureiten. Dabei nahmen die Suwars unter

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