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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nach und versuchte zu entscheiden, ob sie ehrlich gemeint waren oder nicht.
    Schließlich erklang der Bariton erneut, diesmal deutlicher sanfter. »Stellt eure Fragen.«
    Holly sah auf den Block. »Wirst du jemals darauf verzichten, Jim weitere Aufträge zu geben?«
    » Will er nicht mehr mit Rettungsmissionen beauftragt werden?«
    Holly richtete ihren Blick auf Jim.
    Während der vergangenen Monate hatte er viel durchgemacht, und deshalb überraschte es ihn, als er antwortete: »Wenn ich wirklich etwas Gutes bewirkte, möchte ich weiterhin dein Werkzeug sein.«
    »Das ist tatsächlich der Fall. Wie kannst du daran zweifeln? Aber ganz gleich, ob du meine Absichten für gut oder böse hältst - ich würde dich nicht freigeben.«
    Der düstere Klang dieses Hinweises verdrängte Jims Erleichterung darüber, daß er nicht das Leben zukünftiger Mörder und Diebe gerettet hatte.
    »Warum …«, begann Holly.
    Der Freund unterbrach sie. »Es gibt auch noch einen anderen Grund, warum ich Jim Ironheart gewählt habe.«
    »Und der wäre?« fragte Jim.
    »Du hast eine Aufgabe gebraucht.«
    »Ach?«
    »Damit dein Leben einen Sinn bekommt.«
    Jim verstand plötzlich. Er fürchtete sich noch immer vor der Wesenheit, aber gleichzeitig rührte es ihn, daß sie ihm helfen wollte. Indem sie seiner zerstörten und leeren Existenz Bedeutung verlieh, rettete sie ihn ebenso wie Billy Jenkins, Susie Jawolski und all die anderen. Ihnen drohte ein unmittelbarer Tod, mir ein langsames, qualvolles Sterben der Seele, dachte Jim. Diese Auskunft des Wesens legte die Fähigkeit nahe, Mitleid zu empfinden. Und Jim wußte, daß er nach Larry Kakonis’ Selbstmord Mitleid verdient hatte, als er irrationalen Depressionen zum Opfer fiel, immer tiefer in Verzagtheit versank. Das Mitgefühl beeindruckte Jim weitaus stärker, als er erwartet hätte. Tränen stiegen ihm in die Augen.
    »Warum hast du zehntausend Jahre lang gewartet, um jemanden wie Jim zu wählen und durch ihn Einfluß auf menschliche Schicksale zu nehmen?« fragte Holly.
    »Zuerst mußte ich mich gründlich mit der hiesigen Situation beschäftigen, Daten sammeln und analysieren. Erst dann konnte ich entscheiden, ob mein Eingreifen klug ist oder nicht.«
    »Und diese Entscheidung nahm zehn Jahrtausende in Anspruch? Warum? Das ist mehr Zeit, als die bekannte und belegte Geschichte der Menschheit umfaßt.«
    Keine Antwort.
    Holly wiederholte die Frage.
    Schließlich erklang erneut die Stimme des Wesens. »Ich gehe jetzt.« Vielleicht wollte es nicht, daß man sein Mitleid für ein Zeichen von Schwäche hielt, denn es fügte hinzu: »Wenn ihr versucht, die Mühle zu verlassen, droht euch der Tod.«
    »Wann kehrst du zurück?« erkundigte sich Holly.
    »Schlaft nicht.«
    »Es ist zwei Uhr mitten in der Nacht.«
    »Träume sind Tore.«
    Ärger blitzte in Hollys Augen. »
    »Wir können nicht für immer wach bleiben, verdammt!«
    Das Licht im Kalkstein erlosch.
    Der Freund war fort.
    Irgendwo lachten Menschen. Irgendwo erklang Musik, zu der Männer und Frauen tanzten. Irgendwo näherten sich Liebende mit rhythmischen Bewegungen der Ekstase. Doch in der hohen Kammer, in der einst Korn gelagert hatte, verdichteten sich die Schatten des Unheils, und es herrschte eine ernste, bedrückte Stimmung.
    Holly haßte es, hilflos zu sein. Während ihres ganzen Lebens als Erwachsene war sie eine Frau der Tat gewesen, obgleich viele ihrer Handlungen eine eher destruktive Wirkung gehabt hatten. Wenn sie keinen Gefallen mehr an einem bestimmten Job fand, kündigte sie einfach und sah sich nach einer neuen Tätigkeit um. Wenn eine Beziehung Probleme schuf oder auch nur uninteressant wurde, zerriß sie das Band der Partnerschaft. Sie wich häufig Schwierigkeiten aus - zum Beispiel ihrer Verantwortung als gewissenhafter Reporterin, als sie sich der Erkenntnis stellen mußte, daß der Journalismus ebenso dubios war wie alles andere; sie ging keimender Liebe, Verpflichtungen jeder Art aus dem Weg -, aber selbst das Ausweichen kam einem Handeln gleich. Jetzt stand ihr nicht einmal mehr die Möglichkeit offen.
    Zumindest einen guten Effekt hatte der Freund auf sie: Er zwang sie dazu, sich diesem Problem zu stellen.
    Eine Zeitlang erörterten Jim und sie die jüngste Erscheinung der Wesenheit und nahmen sich dann die übrigen Fragen auf der Liste vor, änderten und erweiterten sie. Durch das letzte Gespräch mit dem Freund hatten sie einige interessante und vielleicht auch nützliche Informationen bekommen. Für das

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