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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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bedeutete.
    »Mein Gott!« stieß er hervor. »Die Stimme.«
    »Die Stimme des Freundes«, fügte Holly hinzu und sah ihn kurz an. »Sie hat also auch für dich vertraut geklungen.«
    Der Schauspieler Robert Vaughn hatte die Hauptrolle in der Fernsehserie Solo für O.N.K.E.L. gespielt und in vielen Filmen aalglatte Schurken dargestellt. Seine außerordentlich ausdrucksstarke Stimme konnte sowohl drohend als auch väterlich und beruhigend klingen.
    »Robert Vaughn«, wiederholte Holly. »Aber warum? Weshalb nicht Orson Welles, Paul Newman, Sean Connery oder Fred Feuerstein? Es ist eine zu eigenartige Wahl, um keine Bedeutung zu haben.«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Jim nachdenklich und hatte dabei das unangenehme Gefühl, daß er es wissen sollte. Er glaubte, nur die geistigen Hände ausstrecken zu müssen, um eine Erklärung zu finden.
    »Glaubst du noch immer, daß der Freund ein Außerirdischer ist?« fragte Holly. »Eine extraterrestrische Wesenheit würde eine unscheinbare Stimme wählen, oder? Warum sollte sie die eines bestimmten Schauspielers nachahmen?«
    »Ich habe Robert Vaughn einmal gesehen«, sagte Jim, verblüfft von einer vagen Erinnerung, die sich in ihm regte. »Nicht im Fernsehen oder Kino, sondern als wahrhaftige Person. Vor langer Zeit.«
    »Wo? Wann?«
    »Ich … ich … weiß es nicht.«
    Jim gewann den Eindruck, auf einem schmalen Landstreifen zwischen zwei tiefen Schluchten zu stehen. Nirgends gab es Sicherheit. Auf der einen Seite befand sich sein bisheriges Leben, gefüllt mit inneren Qualen und Verzweiflung - die Gefühle, die er zu verdrängen versuchte, die ihn manchmal überwältigt hatten, so wie während seiner spirituellen Reise mit der Harley durch die Mohavewüste, als er nach einem Ausweg gesucht hatte, und sei es der Tod. Auf der anderen Seite lag eine Ungewisse Zukunft, die Holly zu beschreiben versuchte, eine Zukunft, in der ihn angeblich Hoffnung erwartete, obgleich er fürchtete, daß sie nur Chaos und Wahnsinn für ihn bereithielt. Und der schmale Boden unter ihm gab allmählich nach.
    Er erinnerte sich an einen kurzen Wortwechsel zwischen Holly und ihm, als sie vor zwei Nächten Seite an Seite im Bett lagen, nachdem sie sich zum erstenmal geliebt hatten. »Menschen sind immer viel … komplexer, als man zunächst glaubt.«
    »Ist das eine Beobachtung - oder eine Warnung?« fragte Holly.
    »Warnung?«
    »Vielleicht gibst du mir zu verstehen, daß du nicht das bist, was du zu sein scheinst.«
    Nach einer langen Pause erwiderte er: »Ja, vielleicht.«
    Und nach einer langen Pause erwiderte Holly: »Ich glaube, es ist mir gleich.«
    Jim zweifelte nun nicht mehr daran, daß es eine Warnung gewesen war. Eine leise Stimme in ihm flüsterte, daß sie mit ihrer Analyse recht hatte, daß die Wesenheit in der Mühle tatsächlich verschiedene Aspekte seines Selbst darstellte. Aber wenn er am Syndrom der multiplen Persönlichkeit litt, so glaubte er nicht, daß man seinen Zustand nur als geistige Störung bezeichnen konnte, wie Holly behauptete. Das Wort Wahnsinn erschien ihm weitaus angemessener.
    Sie bogen auf die Main Street. New Svenborg wirkte seltsam dunkel und bedrohlich - vielleicht deshalb, weil es hier eine Wahrheit gab, die Jim zwingen würde, von seinem schmalen mentalen Sims ins Chaos zu treten.
    Er hatte einmal gelesen, daß nur Verrückte felsenfest von ihrer Rationalität überzeugt waren. Nun, in ihm gab es überhaupt keine unerschütterliche Sicherheit mehr, die ihm Trost gewährte. Der Wahnsinn, so vermutete er, bildete die Essenz der Ungewißheit, führte zu einer ebenso verzweifelten wie vergeblichen Suche nach Antworten, nach sicherem Terrain. Über dem wirbelnden Chaos gab es nur einen Platz, der mit Gewißheit lockte - er hieß Vernunft.
    Holly parkte vor Handahls Apotheke am östlichen Ende der Main Street. »Ich schlage vor, wir beginnen hier.«
    »Warum?«
    »Hier haben wir zuerst gehalten, als du mir gestern Orte gezeigt hast, die für dich als Kind eine wichtige Rolle spielten.«
    Holly stieg im Schatten einer der Magnolien aus, die auf beiden Straßenseiten wuchsen. Das Grün der Bäume wirkte angenehm, aber gleichzeitig verstärkte es die seltsame Disharmonie, die man überall spürte.
    Als Holly die Eingangstür des im dänischen Stil errichteten Gebäudes öffnete, funkelten die Fensterscheiben an den schrägen Kanten, und eine Glocke läutete. Gemeinsam traten sie ein.
    Jims Puls raste. Er glaubte nicht, daß in der Apotheke wichtige Ereignisse seiner

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