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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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echte physische Existenz zu geben.«
    Jim begann zu ahnen, daß Holly recht haben konnte, aber trotzdem weigerte er sich strikt, sich mit der Wahrheit abzufinden. »Was soll das heißen? Daß ich eine Art sozial tolerierbarer Verrückter bin?«
    »Du bist nicht verrückt«, versicherte ihm Holly rasch. »Geistig krank, ja, aber nicht in dem Sinne verrückt. Du sitzt in einem psychologischen Käfig, den du für dich selbst gebaut hast. Jetzt willst du heraus, aber dir fehlt der Schlüssel.«
    Jim schüttelte den Kopf. Kleine Schweißperlen glänzten an seinem Haaransatz, und er war noch blasser als vorher. »Nein, das ist nur eine schöne Umschreibung. Wenn du wirklich recht hast, bin ich total übergeschnappt und sollte in einer Gummizelle sitzen, mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt.«
    Holly griff nach den beiden Händen des Mannes an ihrer Seite und hielt sie fest. »Nein. Hör auf damit. Du kannst einen Ausweg finden, ich bin völlig sicher. Du bist in der Lage, dich aus der Fantasiewelt zu lösen und wieder ganz du selbst zu werden.«
    »Woher willst du das wissen? Bei Gott, ich …«
    »Weil du kein gewöhnlicher Mensch bist«, fuhr Holly fort. »Du hast eine gewaltige Macht, tief in dir, und damit bist du in der Lage, viel Gutes zu bewirken. Sie stellt etwas dar, das anderen Menschen nicht zur Verfügung steht. Sie kann zu einer heilenden Kraft werden. Verstehst du? Du bist imstande, Glocken läuten, dreifache Herzschläge und Stimmen aus leerer Luft erklingen zu lassen. Du bist imstande, Wände in lebendes Fleisch zu verwandeln, Bilder in meine Träume zu projizieren und in die Zukunft zu sehen, um Männer, Frauen und Kinder zu retten. Mit solchen Fähigkeiten sollte es dir nicht sehr schwerfallen, dich selbst zu heilen.«
    Entschlossene Ungläubigkeit zeigte sich auf Jims Gesicht. »Wie kann irgendein Mensch über eine solche Macht verfügen?«
    »Keine Ahnung. Aber du hast sie.«
    »Sie muß von einem höheren Wesen stammen. Um Himmels willen, ich bin doch nicht Superman!«
    Holly hieb mit der Faust aufs Lenkrad. »Du bist Telepath, Telekinet, und Tele-Wasweißich, verdammt! Na schön, du kannst nicht fliegen und hast keinen Röntgenblick. Du kannst keinen Stahl mit bloßen Händen verbiegen, bist auch nicht schneller als Gewehrkugeln. Trotzdem kommst du Superman näher als jeder andere Mensch. Du hast sogar noch bessere Fähigkeiten
    - zum Beispiel deine Gabe, in die Zukunft zu sehen. Vielleicht siehst du nicht alles, nur einzelne Fragmente zukünftiger Ereignisse, aber sie genügen dir, um zu handeln, um dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen.«
    Hollys feste Überzeugung erschütterte Jim. »Woher habe ich diese Magie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Womit dein Gebäude aus Spekulationen das Fundament verliert.«
    »Da irrst du dich«, widersprach Holly verärgert. »Gelb hört nicht auf, gelb zu sein, nur weil ich keine Erklärung dafür weiß, warum das Auge verschiedene Farben wahrnimmt. Du hast die Macht. Du bist die Macht, nicht Gott oder irgendein Außerirdischer auf dem Grund des Mühlteichs.«
    Jim zog die Hände zurück, blickte durch die Windschutzscheibe, beobachtete die Straße und das staubige, trockene Land dahinter. Offenbar fürchtete er sich davor, die enorme Kraft in seinem Innern zu akzeptieren - vielleicht deshalb, weil sie mit einer Verantwortung einherging, die er für zu groß hielt.
    Holly spürte, daß er ihrem Blick auswich, weil ihn die Vorstellung einer geistigen Krankheit beschämte. Er war so stoisch, so stark und stolz auf seine Stärke, daß er die Vorstellung dieser Schwäche zurückwies. Sein Leben gründete sich auf die Prinzipien Selbstbeherrschung und Selbständigkeit, und in diesem Zusammenhang wurde die selbstauferlegte Einsamkeit zu einer Tugend, wie bei einem Mönch, der nur sich und Gott brauchte. Aber jetzt sagte ihm Holly, daß seine Entscheidung, zu einem eisernen Mann und Einzelgänger zu werden, keineswegs gut überlegt war, sondern auf dem verzweifelten Versuch basierte, mit einem emotionalen Chaos fertig zu werden, das ihn zu zerstören drohte. Mehr noch: sein Bedürfnis nach Selbstkontrolle hatte ihn über die Grenze des rationalen Verhaltens getragen.
    Holly dachte an die Worte auf dem Block: ICH KOMME. DU STIRBST.
    Sie startete den Motor.
    »Wohin fahren wir?« erkundigte sich Jim.
    Sie antwortete ihm nicht. Als sie den Ford zur Landstraße steuerte und nach rechts bog, in Richtung New Svenborg, fragte sie statt dessen: »Warst du als Junge etwas

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