Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Zeitgefühl. Nach etwa einer Stunde stellte er fest, daß er die Ebene verlassen hatte und durch eine Landschaft aus kahlen, rostbraunen Hügeln fuhr. Er nahm Gas weg. Der Weg führte nun an hohen, schroffen Felsen vorbei, doch die SP eignete sich gut für dieses Gelände. Sie war besser gefedert als die gewöhnliche FXRS, und das Vorderrad verfügte über doppelte Scheibenbremsen. Damit brauchte er nicht einmal die schärfsten Kurven zu fürchten.
    Nach einer Weile empfand er keine Kühle mehr, sondern regelrechte Kälte.
    Das Sonnenlicht schien zu verblassen, obwohl es noch immer früher Nachmittag war. Die Dunkelheit in ihm dehnte sich aus.
    Schließlich hielt er im Schatten eines gewaltigen Monolithen, der eine Viertelmeile lang und fast hundert Meter hoch sein mochte. Das Wetter von Äonen - Wind, Sonne, gelegentlicher flutartiger Regen in der Mohavewüste hatten ihm eine gespenstisch anmutende Form verliehen: Er sah aus wie ein uralter Tempel, der nun halb im Sand versunken war.
    Jim trat den Seitenständer nach unten und stieg ab.
    Einige Sekunden später ließ er sich zu Boden sinken, zog die Knie an und verschränkte die Arme.
    Er hatte nicht zu früh angehalten. Die Finsternis füllte ihn nun vollständig aus, und er fiel in einen Abgrund der Verzweiflung.
    3
    Später, knapp eine Stunde vor der Abenddämmerung, saß Jim wieder auf der Harley und fuhr über eine graue und rosafarbene Ebene. Hier und dort wuchsen Mesquitsträucher.
    Abgestorbene, in der Sonne verdorrte Steppenläufer folgten ihm in einer Brise, die nach pulvrigem Eisen und Salz roch.
    Er erinnerte sich vage daran, einen Kaktus aufgeschnitten und die Flüssigkeit aus der weichen Masse im Innern der Pflanze gesaugt zu haben, doch jetzt war sein Gaumen wieder trocken. Er hatte schrecklichen Durst.
    Als er eine niedrige Anhöhe erreichte und die Geschwindigkeit reduzierte, sah er zwei Meilen weiter vorn eine kleine Ortschaft aus Gebäuden, die sich an den Highway drängten. Er bemerkte mehrere Bäume, die ihm nach der - physischen und spirituellen Trostlosigkeit der letzten Stunden geradezu unnatürlich grün erschienen. Jim hielt den Ort fast für ein Trugbild, aber trotzdem setzte er die Fahrt in der entsprechenden Richtung fort.
    Die Dämmerung begann, und der Himmel gewann eine purpurne und rötliche Tönung, vor der sich plötzlich die Silhouette einer Kirche abzeichnete. Der Spitzturm endete in einem Kreuz. Jim ahnte zwar, daß er sich wenigstens teilweise im Delirium befand, hervorgerufen vom Flüssigkeitsmangel, aber dennoch wandte er sich sofort der Kirche zu. Sie versprach Trost, den er vielleicht noch dringender benötigte als Wasser.
    Eine halbe Meile vor dem Ort lenkte er die Harley in einen Arroyo und ließ sie dort auf der Seite liegen. Die weichen Sandwände des Grabens gaben unter seinen Händen nach, und einige Minuten später war von der Maschine nichts mehr zu sehen.
    Jim nahm zunächst an, den Rest des Weges relativ leicht zurücklegen zu können, doch es ging ihm schlechter, als er sich eingestanden hatte. Immer wieder verschwamm das Ziel vor seinen Augen. Die Lippen brannten, die Zunge klebte am völlig trockenen Gaumen fest, und Flammen schienen in der Kehle zu knistern - er fühlte sich wie in einem heftigen Fieber gefangen. Krämpfe entstanden in den Beinmuskeln, und wenn er die Füße hob, mußte er gegen ein bleiernes Gewicht ankämpfen.
    Offenbar verlor er das Bewußtsein, ohne zu Boden zu sinken. Als er wieder zu sich kam, trennten ihn nur noch wenige Schritte von der weißen Kirche, und er versuchte vergeblich, sich an die letzten hundert Meter seiner Wanderung zu erinnern. Die Worte >Jungfrau Maria in der Wüste< standen auf einem Messingschild neben der Doppeltür.
    Jim war einst Katholik gewesen, und tief im Herzen hatte er sich den katholischen Glauben bewahrt. Aber sein religiöses Empfinden beschränkte sich nicht nur darauf. Er fühlte sich auch als Methodist, Jude, Buddhist, Baptist, Moslem, Hindu und Taoist. Hinzu kamen viele andere Religionen. Er praktizierte sie nicht mehr, doch ihre Erfahrungen gehörten nach wie vor zu seinem Wesen.
    Die Tür schien so schwer zu sein wie der Felsen vor dem Grab Jesu Christi, aber es gelang ihm trotzdem, sie zu öffnen und einzutreten.
    Im Innern der Kirche herrschte eine wesentlich niedrigere Temperatur als in der dunkler werdenden Mohavewüste, aber sie war nicht im eigentlichen Sinne kühl. Es roch nach Myrrhe und Spiköl, und Ironheart nahm auch den besonderen Duft

Weitere Kostenlose Bücher