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Die Kälte Des Feuers

Die Kälte Des Feuers

Titel: Die Kälte Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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brennender Weihekerzen wahr. Er weckte Erinnerungen an seine Zeit als Katholik, und dadurch fühlte er sich wie zu Hause.
    Am Zugang zwischen Vorhalle und Hauptschiff tauchte er zwei Finger ins Weihwasser und bekreuzigte sich. Mit gewölbten Händen schöpfte er die kalte Flüssigkeit, führte sie an den Mund und trank. Das Wasser schmeckte wie Blut. Erschrocken starrte Jim in das weiße Marmorbecken, davon überzeugt, dort eine rote, schleimige Masse zu sehen. Aber es enthielt tatsächlich nur Wasser und ein zitterndes Spiegelbild seines Gesichts.
    Einige Sekunden lang beobachtete er die brennenden, aufgeplatzten Lippen und beleckte sie. Das Blut stammte von ihm selbst.
    Dann kniete er vor dem Hauptschiff, stützte sich auf das Geländer und betete. Erneut fehlten ihm Erinnerungen an die letzten Meter - offenbar hatte er wieder das Bewußtsein verloren.
    Der Rest des Tages war wie ein blasser Hauch aus Staub fortgeweht worden, und ein heißer Nachtwind seufzte an den Kirchenfenstern. Das einzige Licht ging von einer Glühbirne in der Vorhalle und mehreren Weihekerzen in roten Glasbehältern aus. Außerdem gab es noch eine kleine Spotlampe, die aufs Kreuz strahlte.
    Ironheart betrachtete sein eigenes Gesicht auf der Christusgestalt. Er blinzelte, rieb sich die tränenden Augen und sah noch einmal hin. Diesmal erkannte er die Züge des Toten im Kombi. Die sakrale Darstellung erlebte eine neuerliche Metamorphose und zeigte Jims Mutter, seinen Vater, das Mädchen namens Susie, Lisa. Und dann war es überhaupt kein Gesicht mehr, nur noch ein schwarzes Oval, wie die Miene des Killers, als er im dunklen Roadking auf Jim schoß.
    Es hing nicht mehr Jesus am Kreuz, sondern der Mann mit dem Pferdeschwanz. Er hob die Lider, starrte auf Ironheart herab und lächelte. Mit einem jähen Ruck riß er die Füße vom vertikalen Balken: Im rechten steckte noch immer ein Nagel, und der linke wies ein häßliches Loch auf. Er löste auch die Hände, ohne auf die Wunden in ihnen zu achten, schwebte dem Boden entgegen, als sei er nicht den Gesetzen der Schwerkraft unterworfen. Vom Altar her näherte er sich dem Geländer, hinter dem Jim hockte.
    Ironhearts Puls raste, und er versuchte sich davon zu überzeugen, daß er nur ein Trugbild sah. Es liegt am Fieber, dachte er. Die Gestalt existiert nicht wirklich.
    Der Killer erreichte ihn. Berührte sein Gesicht. Die Hand war so weich wie verfaultes Fleisch, so kalt wie flüssiges Eis.
    Jim schauderte so heftig wie ein wahrer Gläubiger, der in einer Zeltmission die barmherzige Hand eines Wunderheilers spürt. Von einem Augenblick zum anderen wogte Dunkelheit heran.
    4
    Ein Zimmer mit weißen Wänden. Ein schmales Bett. Spärliche und einfache Möbel. Nacht an den Fenstern. Jims Geist irrte durch Alpträume. Wenn er das Bewusstsein wiedererlangte, nie länger als für ein oder zwei Minuten, sah er einen Mann, der sich über ihn beugte: etwa fünfzig, lichtes Haar, dicklich, mit dichten Brauen und flacher Nase.
    Manchmal rieb ihm der Fremde Salbe auf die Wangen; gelegentlich behandelte er ihn mit kalten Umschlägen. Er hob Jims Kopf vom Kissen und forderte ihn auf, mit einem Strohhalm kühles Wasser zu trinken. Jim erhob keine Einwände, weil er Sorge und Freundlichkeit in den Augen des Mannes sah.
    Außerdem fehlte ihm die Kraft, Widerstand zu leisten. Seine Kehle fühlte sich so an, als hätte er erst Kerosin und dann ein Streichholz geschluckt. Er war sogar zu schwach, um die Hand auch nur einen Zentimeter von der Decke zu heben.
    »Bleiben Sie ruhig liegen«, riet ihm der Fremde. »Ein Hitzschlag sowie ein schlimmer Sonnenbrand - mit so etwas ist nicht zu spaßen.«
    Der Fahrtwind in der Wüste, dachte Jim und erinnerte sich an die Harley SP ohne Verkleidung.
    Licht an den Fenstern. Ein neuer Tag.
    Die Augen brannten noch immer.
    Das Gesic ht fühlte sich schlimmer an als
    jemals zuvor. Aufgedunsen.
    Der Fremde trug einen weißen Kragen. »Sie sind Priester«, brachte Jim heiser hervor.
    Seine Stimme klang so seltsam, daß er sie überhaupt nicht wiedererkannte.
    »Ich habe Sie bewußtlos in der Kirche gefunden.«
    »Jungfrau Maria in der Wüste.«
    Erneut hob der Geistliche Jims Kopf vom Kissen. »Ja, genau. Ich bin Pater Geary. Leo Geary.«
    Diesmal konnte sich Jim auch aus eigener Kraft bewegen. Das Wasser schmeckte süß.
    »Was führte Sie in die Wüste?« fragte Pater Geary.
    »Ich bin gewandert.«
    »Warum?«
    Jim antwortete nicht.
    »Woher kommen Sie?«
    Ironheart blieb

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