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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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vorherzusagen, ob die Information ausreichte, um den Jackpot zu knacken.
    Daniel stand am selben Fleck wie eine Stunde zuvor. Die Sturmfront war nun sehr nah, die Luft hatte eine andere Konsistenz bekommen. Noch war sie heiß, aber diese zähe Hitzeschicht der letzten Wochen wurde von kühleren Strömen durchzogen. Der Himmel hatte sein Stahlblau gegen ein mattes Blaugrau eingetauscht. Das schaffte eine seltsame Atmosphäre, die sich über den Wald und die Villa stülpte. Ein unwirkliches Licht lag über allem, als betrachte er eine Filmkulisse, die grell mit Schweinwerfern ausgeleuchtet war.
    Daniel fragte sich, ob es nur den veränderten Lichtverhältnissen geschuldet war. Doch ganz gleich, was seinen Puls erhöhte, er musste dort hinein.
    Das stählerne Tor war niedriger als die Mauer, hatte aber zugefeilte Spitzen, die dazu einluden, sich darauf aufzuspießen. Daniel konnte zwar wieder einigermaßen schmerzfrei laufen, aber taugte seine Beinmuskulatur auch schon wieder zum Springen?
    Ohne noch lange zu überlegen, nahm er Anlauf auf die Steinwand und drückte sich ab. Schon beim ersten Versuch schaffte er es, sein Bein auf die Mauer zu schwingen, nachzufassen und sich so weit hochzuziehen, dass die Schwerkraft ihn nicht wieder abwärtszerrte. Das Brennen entlang der Unterschenkelknochen war erträglich. Die Steine waren aufgeheizt, selbst einer Eidechse wäre es hier oben zu heiß gewesen. Der Rasen auf der anderen Seite war verdorrt, die Erde sah bretthart aus.
    Das könnte wehtun.
    Aber es waren nur lächerliche zwei Meter, also rollte er seine Hüfte vollends über die Mauer und fiel.
    Ein Kinderspiel, auch wenn er sich bei der Landung auf die Zunge biss, weil er sämtliche Konzentration darauf verwandte, möglichst schonend auf den Fußballen zu landen. Nicht schlimm, nur ein kleiner Stich, der dazu diente, vom Ziehen in den Waden abzulenken. Er blinzelte die Tränen weg und humpelte hoch zum Haus. Jetzt, da kein Schutzwall mehr zwischen ihm und dem Anwesen lag, verspürte er Verunsicherung. Er hätte Bescheid sagen müssen.
    Das Siegel an der Haustür war unberührt. Er hatte mit keinem anderen Ergebnis gerechnet. Da die Fenster im Erdgeschoss mit kunstvollem Schmiedeeisen vergittert waren, brauchte er hier keine genaue Inspektion durchzuführen.
    Deshalb nahm er sich zuerst die Garage vor. Er spähte durch das Seitenfenster. Osswalds Geländewagen wartete darauf, mal wieder bewegt zu werden.
Dasselbe Modell, wie es Dr. Lorenz fuhr
, kam ihm in den Sinn. Damit war jetzt der Mörder unterwegs, vermuteten zumindest die Fahnder. Hier parkte nur ein M-Klasse-Mercedes, was Daniel eine gewisse Beruhigung verschaffte.
    Auf seinem Weg um die Villa herum reduzierte sich das flaue Gefühl im Bauch auf ein erträgliches Maß. Dann fiel sein Blick auf den Hackklotz, in dem offenbar die Axt gesteckt hatte. Das dämpfte seinen Tatendrang. Das Unwohlsein kroch zurück in Daniels Eingeweide. Der Wind kühlte den Schweiß in seinem Nacken, und er merkte, wie sich ihm die Haare an den Unterarmen aufstellten.
    Zur Kellertür führte eine steile Treppe, die seinen Beinen nicht guttat. Der Zugang war überdacht. Wolken schoben sich vor die Sonne. Ein Bild, das ihm fremd vorkam. Unverhofft wurde es duster unter dem Windfang.
    Das amtliche Siegel war durchgerissen.
    Jemand hatte diese Tür geöffnet. Daniel holte sein Mobiltelefon aus der Hosentasche, doch sein Wunsch allein hatte den Akku nicht mit neuer Energie gefüllt.
    Bis hierher und nicht weiter
, sagte er sich und legte die Hand auf die Türklinke.
Nur noch schnell probieren, ob sie sich öffnen lässt.
    Die Angeln waren erstaunlich gut geölt. Ein Windstoß, der in den Treppenschacht fuhr, riss ihm die Tür förmlich aus den Fingern, und sie schwang nach innen. Er bekam den Griff zu packen, bevor die Tür gegen die Wand knallte. Dadurch stand er bereits mitten im Keller. In einem Abstellraum mit Metallregalen und Kisten, die sich auf dem blanken Steinboden stapelten. Der eigentümliche Geruch, den Daniel aus den Untergeschossen alter Häuser kannte, strömte ihm in die Nase. Diese Mischung aus Feuchtigkeit, Heizöl, Pilzbefall und anderweitig organischen Ausdünstungen, über die man nicht nachdenken wollte.
    Er schloss die Tür. Halbdunkel umgab ihn. Adrenalin flutete seinen Körper. Der Gang, der aus dem Lager führte, endete in der Dunkelheit. Daniel hielt die Luft an und lauschte. Sein Herz schlug schnell, aber er horchte über das dumpfe Pochen hinweg. So ein altes

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