Die Kälte in dir (German Edition)
gegenüberliegenden Hauses, um in Kristinas Schlafzimmer zu scheinen. Sie sollte längst im Büro sein, stattdessen lauschte sie dem flachen Atem des elf Jahre jüngeren Mannes, der neben ihr schlief.
Offenbar hatte sie ihm nicht nur Trost, sondern auch Schlaf geschenkt. Eine Erkenntnis, die es keineswegs besser machte. Was war nur gestern nach dem Biergartenbesuch noch passiert? Ihr Gehirn war zu groß für ihren Kopf und drückte schmerzhaft gegen die Schläfen. Sie wagte es nicht, sich zu bewegen.
Bleib noch fünf Minuten reglos liegen, vielleicht geht es vorbei! Vielleicht lösen sich die Kopfschmerzen auf, bestenfalls zusammen mit ihm. Keinen Mucks, die Augen geschlossen lassen und warten, bis alles vorübergeht.
Es war aus dem Ruder gelaufen. Kristina erinnerte sich an das Irish Pub, das gleich hinter der Stadtmauer lag und in dem sie mit ihm noch ein Kilkenny getrunken hatte. Oder sogar zwei. Zu einem Zeitpunkt, an dem sie bereits verpasst hatte, ihn nach Hause zu schicken. Sie war nicht betrunken und willenlos gewesen. Nur auf der Flucht vor sich selbst.
Der Sex war gut gewesen. Unerwartet leidenschaftlich. Ganz anders als mit Kai. Einfach aus dem Grund, weil letzte Nacht keine Liebe im Spiel gewesen war. Weil sich alles auf körperliche Begierde reduziert hatte, einem Kampf gleich, bei dem es darum ging, die maximale Lust zu erlangen. Für sich selbst, ohne Rücksicht auf den Gegner zu nehmen. Schweißnasse Körper, die aneinanderklebten. Gierige Küsse auf salziger Haut. Kristina hatte losgelassen und war geflogen. Auch ohne 160 PS unter dem Hintern und einem Lederlenkrad in den Händen.
Doch jetzt war sie gelandet. Hart.
Daniel merkte, wie sie sich verkrampfte. Er zog die Hand von ihrer Schulter. Ihr rotes Haar lag ausgebreitet auf dem Kissen. Die dünne Decke zeichnete ihre Linien nach, aber er ahnte, dass sein aufkeimendes Verlangen keine Erwiderung finden würde. Die Mauer zwischen ihnen stand wieder.
»Gibt’s Frühstück?«, fragte er, aber sie rührte sich nicht und fand auch keine Worte auf seine Frage.
Er legte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Vermutlich hatten sie gestern beide ein Bier zu viel gehabt. Konnte man etwas Dümmeres tun, als mit seiner Vorgesetzten ins Bett zu gehen? Hinterher war man immer klüger, und die Begierde hatte ihn fest im Griff gehabt. Die Rote Zora hatte gelächelt, und er war ihr willenlos in die Räuberhöhle gefolgt.
Und jetzt?
Wünschte er sich, er könnte ihre Gedanken lesen, um das Richtige zu tun. Sollte er einfach aufstehen, sich wortlos anziehen und gehen?
Er warf einen Blick zu ihr hinüber, aber sie hatte ihm noch immer den Rücken zugewandt. Vielleicht war das ihre Antwort.
Wortlos erhob er sich und tapste nackt aus der Tür und den Flur entlang. Erst als er auf dem Klo saß, atmete er auf. Dann fiel ihm ein, dass er wieder zurück musste. Seine Klamotten lagen noch im Schlafzimmer.
Daniel stellte sich unter die Dusche und ließ sich fünf Minuten mit lauwarmem Wasser berieseln. Danach fühlte er sich bereit. Er verstrubbelte sein feuchtes Haar, wickelte sich das Badetuch, das verlockend nach Kristina duftete, um die Hüften und trat in den Flur. Sie stand in der Küche, in einen seidig glänzenden grünen Morgenmantel gehüllt.
»Ist das Bad endlich frei?«
Er nickte nur, schlüpfte ins Schlafzimmer und raffte seine Sachen zusammen, die willkürlich auf dem Parkettboden verstreut lagen. Sein Puls ging erst runter, als er komplett angezogen war. Fehlten nur noch die Schuhe. Aber wo hatte er die in der Nacht zuvor hingeschleudert?
Auf dem Küchentisch standen zwei Tassen Milchkaffee und ein Glas Orangensaft. Im Badezimmer rauschte die Dusche. Auf der Anrichte wartete ein Toaster, in dem zwei Scheiben fertig geröstetes Weißbrot steckten. Er spähte in den Kühlschrank und fand Orangenmarmelade. Nach kurzer Suche hatte er einen Teller und ein Messer.
Mit dem Toast setzte er sich an den Tisch. Kristinas Kaffeetasse war bereits zur Hälfte geleert, daher empfand er es nicht als unhöflich, ohne sie anzufangen. Seit Langem hatte er sich nicht mehr so ausgeruht gefühlt. Es war ihm gelungen, für ein paar Stunden die Angst um seine Zukunft zu vergessen. Sie hatte das bewirkt.
Daniel war mit dem Essen fertig, als im Bad der Föhn angestellt wurde. Er stand auf, stellte das Geschirr ins Spülbecken und ging langsam durch die Wohnung. Es wunderte ihn, dass eine Frau wie Kristina allein lebte.
Als sie vollständig bekleidet aus dem
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