Die Kälte in dir (German Edition)
Explosion in seinem Nacken warf ihn gegen die Wand. Dann kamen ihm die Brennnesseln entgegen, aber der Schmerz blieb aus. Stattdessen holte ihn Schwärze ein.
8
Aufgeschreckt griff Kristina nach dem Handy auf ihrem Nachttisch und betrachtete ungläubig die Uhrzeit. Halb fünf. Alarmiert nahm sie das Gespräch an.
Ralf Winkler klang abgehetzt. »Es ist etwas passiert«, sagte er.
Nicht noch einer!
»In einer Viertelstunde bin ich bei dir.«
Sie setzte sich auf und wischte sich die Haare aus dem Gesicht, ohne dass die Müdigkeit verschwand. Ihr Rücken war nass geschwitzt. Trotz der offenen Balkontür war es sehr warm im Schlafzimmer.
»Weißt du schon was?«, fragte sie auf dem Weg ins Bad.
»Die Kollegen vor Ort haben einen Ausweis sichergestellt.«
Die weiße Plane am Ufer leuchtete ihr von Weitem entgegen. Die Uniformierten standen abseits, zusammen mit einem Mann in hüfthohen, grünen Gummistiefeln – der Angler, der den toten Körper in der Rems entdeckt hatte.
Alle waren auf Abstand gegangen. Die Sanitäter, die ohnehin nichts mehr tun konnten, genauso wie die Kriminaltechniker, die dort, wo die Leiche an Land gezogen wurde, keine Indizien finden würden.
Kristina näherte sich vorsichtig. Das Morgenlicht schimmerte durch die Bäume. Die Luft war angenehm, so nah am Fluss.
Respektvoll schlug sie die Plane um. Eine Wasserleiche war nicht angenehm, selbst wenn sie nur wenige Stunden im Wasser gelegen hatte. Mit angehaltenem Atem betrachtete Kristina die Tote. Noch hatte kein Fisch die Augen der Frau gefressen.
Warum bist du nicht zu mir aufs Revier gekommen?
Das runde, teigige Gesicht war beinahe so blass wie die Unterlage, auf der Carola Walz lag. Ihre weiße Bluse war stellenweise von hellrosa Flecken durchzogen. Das Flusswasser hatte es nicht geschafft, das Blut gänzlich aus den Fasern zu waschen. Vielleicht waren auch noch andere Spuren erhalten geblieben?
Das Kleidungsstück war unterhalb der schweren Brüste zerfetzt. Kristina ahnte, was das bedeutete, und ersparte es sich, die Bluse nach oben zu schieben. Später vielleicht, wenn ihr Magen sich wieder beruhigt hatte.
Zur Dienststelle waren es Luftlinie nur zweihundert Meter. Der Bahnhof lag in der anderen Richtung.
Warum war die Frau am Präsidium vorbei und runter zum Fluss gegangen? Dorthin, wo ihr Mörder gewartet hatte. Oder war er ihr bis in die Talaue gefolgt, um hier zuzuschlagen? Am helllichten Tag. Am Wochenende, währenddessen es von Spaziergängern, Inlineskatern, Radfahrern und weiß der Teufel was nur so wimmelte.
Vielleicht war es ein Stück weiter flussaufwärts geschehen?
Kristina zweifelte daran. Keinen halben Kilometer die Rems hoch lag das Freibad. Hunderte potenzieller Zeugen, die Carola und ihren Mörder hätten sehen können. Erst hinter der Stadt, nach zwei Kilometern etwa, konnte man ruhigere Stellen entlang des Ufers finden. Doch warum sollte sie sich ausgerechnet an einem glühendheißen Mittag für eine Wanderung an der Rems entschieden haben? Nur um eine Anhörung bei der Polizei hinauszuzögern? Oder hatte der Täter verhindern wollen, dass diese Befragung stattfand? Hätte Carola Walz Hinweise geben können, die zur Ergreifung des Mörders führen konnten? Kannte sie ihn gar, was erklären würde, warum sie mit ihm zur Rems hinuntergegangen war?
Denn es musste hier in nächster Nähe passiert sein, alles andere ergab wenig Sinn. Vor den Augen zahlloser Leute, die den weitläufigen Uferstreifen, der von hohen Bäumen gesäumt war, zu allerlei Freizeitaktivitäten nutzten. Selbst vom Fluss her war man nicht vor den Blicken anderer geschützt, bedachte man den Ruderclub, der nicht weit entfernt lag. Zudem befand sich am anderen Ufer ebenfalls ein Gehweg, der zur Sporthalle und in den Ortsteil Beinstein führte. Von der Stelle, an der Kristina stand, konnte sie nicht nur einen Spielplatz, sondern auch eine Grillstelle einsehen. Unmöglich, dass niemand beobachtet hatte, was Carola Walz angetan worden war.
Holger winkte ihr vom Gehweg her zu und deutete ihr an, mitzukommen. Er war der neue Mann in Sampos Team. Seinen Nachnamen kannte sie nicht. Sie musste sich eingestehen, dass sie generell nicht viel über die Leute wusste, mit denen sie zusammenarbeitete. Holle hatte immer ganz genau gewusst, mit wem er es zu tun hatte.
Sie erhob sich aus der Hocke, und ihre Kniegelenke dankten es ihr mit lautem Knacken.
»Wir haben die Stelle gefunden, wo sie ins Wasser gefallen ist«, erklärte der hoch aufgeschossene
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