Die Kälte in dir (German Edition)
Bulle?«, keuchte er und schnippte ihm seinen Dienstausweis entgegen, als würde er eine Spielkarte über den Pokertisch segeln lassen.
Sie landete vor Daniels Füßen wie ein Köder. Wenn er sich danach bückte, konnte er mit einer Attacke rechnen.
»Wo ist Jakub Piecek?«, fragte er stattdessen. »Mehr will ich nicht von dir wissen. Und falls mir deine Antwort gefällt, vergesse ich auch die Nacht im Schrottcontainer.«
Der Mann wusste, wann er in eine Pattsituation geraten war, und wenn er nicht riskieren wollte, dass die Polizei seinen Laden auseinandernahm, ging er besser auf Daniels Angebot ein.
»Wer garantiert mir, dass du nicht doch mit einer Einheit hier anrückst, sobald ich dich laufen lasse?«
»Niemand. Aber hey, du hast das Wort eines Bullen«, antwortete Daniel und zwang sich zu einem Grinsen.
Der Mann strahlte durchaus Gewaltbereitschaft aus. Aber war er auch ein Killer?
»Lass dir nicht zu viel Zeit mit deiner Antwort! Ich möchte wetten, wir werden jede Menge Dreck in deinem Laden finden, mehr als du jemals unter deinen Fingernägeln hattest.«
Der Mechaniker keuchte verächtlich. »Keine Ahnung, wo Jakub steckt. Der Arsch hat sich seit letzter Woche nicht mehr gemeldet. Das habe ich auch seiner Alten verklickert. Die wollte es auch nicht wahrhaben und hat rumgeheult. Die Schlampe glaubte tatsächlich, Jakub ist seit über einer Woche in Rumänien unterwegs. Zuerst habe ich Ilona nicht abgenommen, dass die Bullen nach Jakub suchen. Dann tauchst du auf. Was läuft hier für eine Scheiße?«
Daniel war gewillt, ihm zu glauben, auch wenn er keine Gewissheit haben konnte. Alfred sah nicht danach aus, als würde er für Piecek seinen Kopf hinhalten.
»Jakub hat sich seit knapp zwei Wochen nicht mehr bei seiner Gattin sehen lassen, und er hat dir nichts davon erzählt? Kein Wort darüber, was er die ganze Zeit treibt? Wann hast du ihn zuletzt gesehen?«
»Donnerstag«, knurrte Alfred.
»Da hat dein bester Kumpel wohl vergessen, dich darüber zu unterrichten, dass er einen richtig fetten Fang am Haken hat«, provozierte Daniel.
Alfred schob das Kinn nach vorn. Die Narbe darauf zeugte davon, dass er nicht der Typ war, der einer Schlägerei aus dem Weg ging. »Ich kann dir nicht sagen, wo er ist«, wiederholte er, deutlich angefressen und mit geballten Fäusten.
Daniel warf ihm die Antriebswelle entgegen, und während sich der Mechaniker mühte, das schwere Ding aufzufangen, ohne sich erneut daran zu verletzen, hob Daniel seinen Dienstausweis auf.
»Solltest du mich belogen haben, reiße ich dir den Arsch auf!«, drohte er und humpelte vom Hof.
Auf dem Weg zurück zum Bahnhof überlegte er, wie er Kristina sein lädiertes Äußeres erklären konnte. Die Kopfwunde schrie nach ärztlicher Versorgung. Außerdem wollte er aus den öldurchtränkten Klamotten raus.
Es hatte keinen Sinn, er musste zuerst nach Hause und dann mit irgendeiner Ausrede bei Kristina vorsprechen. Hilger war einen Versuch wert gewesen, aber letztlich hatte ihm diese Aktion nur weiteren Ärger eingebracht.
Um das wieder auszubügeln, musste er Jakub Piecek auf anderem Wege finden. Ihm fehlte nur noch die zündende Idee, wie er das bewerkstelligen sollte.
Die Krisensitzung dauerte eine Stunde. Sogar Retter nahm daran teil. Der Polizeidirektor saß mit versteinerter Miene am Ende des Besprechungstischs und hörte zu. Erst nachdem alle Berichte auf dem Tisch lagen und alle gehört worden waren, die etwas mitzuteilen hatten, ergriff er das Wort. Er kündigte an, was Kristina schon am Morgen geahnt hatte.
Das Landeskriminalamt hatte sich eingeschaltet und würde für Verstärkung sorgen. Bisher war noch nicht die Rede davon, dass sie die Leitung der Ermittlungen abgeben mussten. Aber alles sprach für die Bildung einer Sonderkommission.
Kristina kehrte zurück in ihr Büro, begleitet von Sonja und Ralf. Ihr engster Kreis. Ihnen würde nun alles abverlangt werden. Nie zuvor waren sie mit schwierigeren Ermittlungen konfrontiert worden. Der Polizeieinsatz am frühen Montagmorgen hatte in der Talaue bereits für zahlreiche Schaulustige gesorgt. Der Pressestelle des Präsidiums blieb keine andere Wahl, als in die Offensive zu gehen, bevor die Journalisten sich ihre Auskünfte über Dritte holten. Für fünfzehn Uhr war eine Pressekonferenz einberufen.
Noch vier Stunden Zeit für Kristina, den Ermittlungsstand voranzutreiben.
Wo zur Hölle war Daniel?
Er saß weder auf dem Gang noch wartete er in ihrem Büro. Sie bat Ralf
Weitere Kostenlose Bücher