Die Kälte in dir (German Edition)

Atemzug brannte, so beißend war die Luft. Daniels Schädel dröhnte erbärmlich. Etwas klebte über seinem linken Auge, weshalb er das Lid nur mühsam öffnen konnte. Doch das nützte kaum etwas. Es gab nicht den geringsten Lichtschimmer, der ihm half, sich zu orientieren. Die Unterlage war hart und fühlte sich schmierig an. Es war eng. Er konnte weder Arme noch Beine ausstrecken, ohne gegen raues Metall zu stoßen. Nur nach oben schien Platz zu sein, aber er hatte nicht die Kraft, sich aufzurichten.
    Er lag in einer Kiste.
    Wie war er dort hineingekommen? Woher kam der Schmerz in seinem Kopf, der in den Nacken strahlte, als hätte er Stacheldraht um die Wirbelsäule gewickelt? Vorsichtig befühlte er das Auge und die linke Gesichtshälfte. Die Kruste über der Stirn war entweder Dreck oder Blut. Wahrscheinlich Letzteres. Es musste ihn übel erwischt haben, aber er kam nicht darauf, was vorgefallen war.
    Wieder tastete er die Umgebung ab. Der Untergrund war eklig. Körniger Morast. Vorsichtig führte er seine Finger zur Nase. Sie stanken nach Motorenschmiere, und die Erinnerung öffnete ein Fenster.
Autostopp
kam ihm in den Sinn. Ja, da war dieses Schild über den alufarbenen Werkstatttoren gewesen. Er schlug mit der Faust gegen die Stahlwand und es hallte dumpf. Danach horchte er in die Stille. War da ein Geräusch?
    Der Schmerz schoss hinunter bis in den Magen und verursachte Brechreiz. Doch da war nichts, was die Speiseröhre hätte hochkommen können, außer einem Schwall bitterer Galle, der seine Mundhöhle füllte.
    Schützend riss Daniel die Arme hoch, während er den Schleim zwischen seine Beine spie. Die frische Luft linderte das Stechen in der Lunge und kaum merklich die Übelkeit. Nicht aber den Kopfschmerz, der neu entfacht wurde.
    »Wie geht’s dem kleinen Schnüffler?«, fragte eine Stimme irgendwo aus dem gleißenden Universum über ihm.
    »Die Unterkünfte, die du anbietest, sind scheiße, Alfred«, krächzte Daniel.
    Er vernahm ein Schnauben, das wohl ein Lachen sein sollte. »Bist unglücklich gestolpert, gestern Nachmittag hinter der Halle. Da wussten wir nicht, wohin mit dir, und da der Schrottcontainer samstags erst geleert worden ist …«
    Eine Pranke schoss aus dem grellen Lichtrechteck über ihm, packte ihn am Kragen und zog ihn nach oben. Durch seine eingeschlafene Muskulatur zuckte Schmerz, und er konnte einen Schrei nicht unterdrücken. Ehe er sichs versah, knallte Daniel hart auf den ölgetränkten Asphalt.
    Ein bulliger Kerl mit Glatze, der in einer Latzhose steckte, stand über ihm. Darunter trug er lediglich ein Feinrippunterhemd, das die imposanten Oberarme betonte.
    »Was hattest du hier zu suchen?«, fragte er.
    »Wollte mir nur deine preisgünstigen Gebrauchten ansehen«, erwiderte Daniel, während er seine Lage einschätzte. »Kein Wunder, dass du die Karren nicht verkauft bekommst, so wie ihr eure Kunden behandelt.« Daniel rutschte Millimeter um Millimeter aus der Reichweite der Arbeitsstiefel des Mechanikers.
    Verstohlen sah er sich um. Neben dem angerosteten Container, in den man ihn gesperrt hatte, lag noch allerlei Metallschrott. Die Innereien von Fahrzeugen, die hier auf dem Gelände das Zeitliche gesegnet hatten. Das konnte auch mit ihm passieren, wenn ihm nicht schnell etwas einfiel.
    »Polizisten bekommen bei uns Sonderrabatte, Herr Wolf!«, erwiderte der Mann abschätzig und hielt plötzlich Daniels Dienstausweis zwischen seinen Fingern.
    Es war dumm gewesen, zu glauben, dass sie ihn nicht durchsucht hatten, bevor sie ihn im Altmetallbehälter entsorgten. Der Typ sah nicht aus, als würde er viel diskutieren. Die besseren Argumente steckten bei diesem Mann in den Fäusten. In dem Moment, in dem der Mechaniker einen Schritt auf ihn zu machte, wälzte sich Daniel zweimal herum und griff nach der Antriebswelle, die in Reichweite lag. Seine Muskeln schmerzten, aber es gelang ihm, die rostige Stahlstange in Richtung des Angreifers zu schleudern. Er traf den Mann in dessen Vorwärtsbewegung am Schienbein und brachte ihn ins Taumeln. Der Typ jaulte auf. Gleichzeitig schaffte es Daniel auf die Beine und aus der Falllinie des Typen.
    Er packte die Antriebswelle erneut und wirbelte herum. Der Mann hatte sich abfangen können und war schon wieder in Angriffsstellung. Sein Gesicht war rot angelaufen. Wut und Schmerz spiegelten sich in seinen dunklen Augen, doch die improvisierte Waffe in Daniels Hand hielt ihn davon ab, erneut loszustürmen.
    »Was willst du jetzt machen,