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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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an der hellen Wand. Osswald war dort zusammengesackt, nachdem der tödliche Schlag ihn getroffen hatte. Beim Versuch, die Axt abzuwehren, hatte der Metallkeil ihm den linken Unterarm beinahe vollständig abgetrennt. Der Hund des Bauern hatte ohne große Mühe die Extremität unterhalb des Ellbogengelenks abreißen und wegschleppen können. Einmal quer durch das Maisfeld.
    Wie lange wärst du hier noch vor dich hin verwest, wenn der Hund nicht deinen Kadaver gerochen hätte?
    Wie lange war die Zufahrt schon geöffnet gewesen? Hatte vielleicht jemand zwischenzeitlich das Grundstück betreten und vergessen, das Tor wieder zu schließen? Aber wie konnte derjenige den Toten im Garten übersehen? Es gab Lichtschranken an den beiden Säulen, die das Tor flankierten und es automatisch schlossen. Warum war diese Vorrichtung deaktiviert gewesen?
    Kristina merkte, dass sie nicht weiterkam. Sie spürte, wie der Schweiß ihr den Rücken hinunterlief. Unerwartet machte ihr der versteckte Winkel auf diesem großzügigen Grundstück Angst. Eine Angst, die aus dem Wald auf der anderen Seite der Gartenmauer zu ihr herüberstarrte, während sie vor der kaum sichtbaren Kuhle hockte, die der tote Körper in die Erde gedrückt hatte. War der Mörder aus dem Wald gekommen? Wie sportlich musste man sein, um sich über die Mauer zu schwingen?
    »Die Wetterkapriolen der letzten Wochen waren aufseiten des Täters und haben das brauchbare Spurenmaterial weitgehend vernichtet«, äußerte Sampo und ließ sie stehen, weil einer der Kriminaltechniker nach ihm rief.
    Kristina sah ihm einen Moment lang gedankenversunken nach, bevor sie ihm folgte und sich auf die Treppe des Eingangsportals hockte und die Beine in den verbliebenen Schatten zog, den der hohe Giebel der Villa über ihr warf.
    Waren es möglicherweise mehrere Täter? Diese Option musste ebenfalls ins Auge gefasst werden. Eine unendliche Liste von offenen Fragen und Aufgaben schrieb sich in ihrem Kopf fort. Es würde ein langer Tag werden, wenn nicht etwas Unvorhersehbares geschah. Das plötzliche Auftauchen eines Zeugen etwa, der alles beobachtet hatte. Der den Mörder oder zumindest ein Autokennzeichen erkannt hatte. Schwer zu glauben, dass sich jemand zu Fuß in diese Einsamkeit vorgewagt hatte. Es war Donnerstag. Wie viel konnten sie bis zum Wochenende erreichen? Bei einer Spur, die trotz der vorherrschenden Hitze bereits kalt war, weil das Verbrechen drei Wochen zurücklag?
    Werner Finckh ließ sich schwerfällig neben ihr auf den Granitstufen nieder. Auch er suchte den Schatten.
    »So ein großes Haus …«, sagte sie. »Was für eine Verschwendung, es allein zu bewohnen. Wenn dieses Anwesen nicht so auffällig wäre, könnte man vermuten, er hätte sich hier versteckt.«
    Finckh schob die Sonnenbrille über die hohe Stirn. »Die Villa ist rundum verschlossen. Auch die Terrassentüren und der Eingang zum Keller. Das Auto steht in der Garage. Der Tote trug keinen Schlüssel bei sich«, berichtete er. Seine Stimme war weniger polternd als sonst. Durch den Anblick des Gemetzels hatte auch in ihm eine Wandlung stattgefunden. Es kostete ihn Kraft, die Fassung zu wahren. Er sah abgekämpft aus, noch bevor der Tag richtig begonnen hatte. Gut möglich, dass selbst der Polizeiobermeister, der zwanzig Jahre länger im Dienst war als Kristina, noch nie einer solchen Grausamkeit begegnet war.
    »Wer hat abgeschlossen?«, fragte sie in den warmen Wind hinein, der über sie hinwegstrich.
    Ihr Kollege blätterte in seinem kleinen Notizbuch, als hätte er die Antwort darauf schon auf irgendeiner Seite notiert.
    »Warum sitzt er mit nacktem Oberkörper da?«, murmelte Kristina weiter. »Wenn wir davon ausgehen, dass er gerade eben heimkam, den Wagen in die Garage fuhr und auf dem Weg zur Haustür etwas Verdächtiges hörte. Etwas, das ihn bewog, sich unverzüglich nach hinten in den Garten zu begeben, um nach dem Rechten zu sehen. Wenn er dort seinem Mörder begegnete und daher keine Gelegenheit blieb, nochmals ins Haus zu gehen … Wieso trägt er dann kein Hemd zu seiner Anzughose und den eleganten italienischen Schuhen?«
    Ihr Kollege schürzte die Lippen, aber es kam keine Antwort aus seinem Mund. Wo war das Hemd? Wo der Schlüsselbund? War der Täter damit in die Villa eingedrungen, um sie danach wieder zu verschließen?
    Vor der Einfahrt hatten sich drei Mountainbiker eingefunden, deren Strecke wohl zufällig vorbeiführte, und die nun gierig an ihren Trinkflaschen sogen, während sie mit

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