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Die Kälte in dir (German Edition)

Die Kälte in dir (German Edition)

Titel: Die Kälte in dir (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Kern
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Gänsehaut bescherte. Sie rannte der Frau hinterher und erwischte sie kurz vor dem Ausgang. Ilona Piecek hörte sie kommen und drehte sich nach ihr um. Ihre Mimik sprach Bände.
    »Hat man Ihnen Polizeischutz angeboten?«
    Die Augen der kleinen Frau weiteten sich. »Wieso, um Gottes willen? Mein Mann ist kein Mörder, ich habe keine Angst vor ihm!«
    »Jakub versteckt sich vielleicht deshalb, weil er den Täter kennt und das Schlimmste befürchtet. Falls dem so ist, sind auch Sie in Gefahr.«
    Ilona schüttelte den Kopf. »Nein, nein! Wir haben damit überhaupt nichts zu tun, verstehen Sie das doch endlich!« Mit Schwung stieß sie die Tür auf und flüchtete hinaus in die Sonne.
    Egal, wohin sie ging und wie schnell sie rannte, sie würde keine Ruhe finden, solange ihr Mann verdächtigt wurde, der Remstalschlächter zu sein. Und falls sich diese Mutmaßung als die Wahrheit herausstellte, würde die wahre Hexenjagd erst noch beginnen.
    Kristina musste mit Decher über die Möglichkeit sprechen, die sie eben unterbreitet hatte. Der Hauptkommissar hatte zu einer späten Besprechung gerufen. Sie stürmte den Konferenzraum, und alle Köpfe wandten sich nach ihr um.
    »Wieder erfolgreich außer der Reihe ermittelt?«, wollte der SoKo-Leiter wissen und verfolgte ihren Weg zu einem der freien Stühle.
    Sie verzichtete auf eine Entschuldigung und alles andere, was ihr auf der Zunge lag, und setzte sich. Nach und nach kehrte die Aufmerksamkeit der Anwesenden zu Decher zurück, der an der Tafel mit den Tatortfotos das gewohnte Bild bot. Mittlerweile sah der Anzug etwas verknittert aus, und auch die Krawatte war verschwunden. Die Fassade bröckelte.
    »Wir hatten den Oberbürgermeister zu Besuch«, verkündete Decher, nachdem wieder Ruhe eingekehrt war. »Seine Freude über die bundesweite Publicity für seine Stadt ist äußerst gedämpft. Sie können sich vorstellen, was im Rathaus los ist. Ähnlich wie bei uns glühen dort die Leitungen. Die Bevölkerung schreit nach Sicherheit. Dank der Medien grassiert die Angst, nicht nur in Waiblingen, sondern im ganzen Remstal. Auch andere Gemeinden laufen Sturm, ein Sturm, der unausweichlich Richtung Landeshauptstadt zieht. Ich weiß, Sie sind an der Leistungsgrenze, aber dieses Argument zählt nicht. Man erwartet von uns, dass wir die Menschen schützen und den Mörder fassen. Dieser Serientäter hat uns heute vor Augen geführt, wie verletzlich wir sind. Gleichwohl verhöhnt er uns mit der Ermordung des Polizeiobermeisters Werner Finckh. Ich denke nicht, dass noch mehr Motivation nötig ist!« Er ließ den Blick über die Anwesenden schweifen. »Jakub Piecek scheint wie vom Erdboden verschluckt. Ein Umstand, der dazu beiträgt, ihn weiterhin als Hauptverdächtigen zu betrachten. Bitte nutzen Sie den Abend und gehen Sie nochmals die Ermittlungsakten durch. Alle Verhöre, alle Indizien und Untersuchungsberichte sind auf den neuesten Stand gebracht. Wir sind ein gutes, effektives Team. Ich baue darauf, dass es Ihnen gelingt, die losen Fäden zusammenzuführen, um einen Durchbruch zu erzielen.«
    Er war schon besser darin gewesen, Leute zu motivieren. Kristina drängte sich die Annahme auf, dass Thorwald Decher Probleme damit hatte, Rückschläge hinzunehmen und wegzustecken. Sie blieb in ihre Gedanken versunken, vernahm nur am Rand, dass der SoKo-Leiter dazu aufforderte, jüngst angefallene Fragen und Erkenntnisse zu diskutieren. Er unterließ es zu erwähnen, wer den Geldfund im Schließfach des Kunstmuseums gemacht hatte. Bat lediglich darum, diese neue Spur zu analysieren.
    Kristina stellte fest, dass es ihr gleich war, ob sie Anerkennung dafür bekam oder nicht.

13
    Kristina erwachte aus einem traumlosen Schlaf. Die zwei Gläser Rotwein vor dem Einschlafen hatten ihren Zweck erfüllt.
    Sie schlug die Augen auf und sah nach der Uhrzeit. Es war erst kurz nach halb sechs. Sie kam nicht darauf, welcher Tag war, und sehnte sich nach einem Wochenende.
    Vor dem Fenster trugen die Vögel einen Sangeswettstreit aus. Ihre Großmutter hatte zu jedem Tirili den passenden Vogel nennen können. Als Kristina klein gewesen war, hatte sie das beeindruckend gefunden. Doch seit dieser Zeit hatte sich die Welt geändert. Genau wie Kristina.
    Sie stellte erneut fest, dass sie bislang in keinem perverseren und für sie persönlich belastenderen Fall ermittelt hatte. Selbst in München nicht, in der Millionenmetropole. Letztlich war es immer krank, unnötig und traurig, wenn einem Menschen gewaltsam das

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