Die Kaempferin
erinnern konnte, wann ich es getan hatte. Ohne meine Vorwärtsbewegung zu verlangsamen, hieb ich mit dem Dolch über seine Augen und spürte, wie die Klinge über Knochen schabte. Ich hörte, wie der Krieger kreischte, während meine andere Handauf seine Brust zuschnellte, das purpurne und goldene Seidengewand packte und ihn aus dem Weg schleuderte, noch lebendig, aber blind. Ich hatte keine Zeit, einen weiteren Gedanken an ihn zu verschwenden, weil die Chorl sich uns entgegenstemmten. Den nächsten Gegner traf ich in den Leib. Mein Dolch zuckte mit einer einzigen, blitzartigen Bewegung vor und wieder zurück, während meine andere Hand den Mann am Hinterkopf packte und nach unten drückte, hinunter auf die bereits von Leichen übersäten, schwarzrot verfärbten, ehemals weißen Steinplatten. Links von mir hörte ich Erick grunzen und schmeckte seine Klinge im Fluss, als er zuschnitt und zustach. Ich spürte, wie ich immer tiefer in die Strömung des Gefechts sank, während mein Dolch über Rippen schabte, Rüstungen durchdrang und Muskeln und Sehnen an Armen, Schultern und in Gesichtern durchtrennte. Rechts von mir stieß Baill ein wildes Gebrüll aus, das über den Platz hallte und von den Mauern zurückgeworfen wurde. Ein ähnliches Geschrei erklang von hinten, von seiner Bande, von den Gardisten Venittes und vom Protektorat, die allesamt vorwärtsbrandeten. Ein von Brandan entfesselter Blitz schlug in die Streitmacht der Chorl ein. Ich spürte ihn im Fluss, war so tief darin versunken, dass der ganze Platz zu einem einzigen, sich kräuselnden Kraftfeld mit eigenen Strömungen und Tiden verschmolzen war. Wie das Meer.
Und wie im Meer bauten sich die Streitkräfte Venittes von hinten wie eine Woge auf, als sie sich zusammenscharten, um gegen die Chorl vorzustoßen.
Die Chorl ihrerseits festigten ihre Stellung. Ihre Begabten begannen, sich miteinander zu verbinden. Knisternde Leitungen wurden hergestellt.
Ottul rief eine Warnung; ihre Stimme kam von hinten und klang fern. Marielle schrie: »Regentin!«
Ich grunzte, als ich den Dolch aufwärts in die Achselhöhle eines Chorl-Kriegers trieb. Sein Schwertarm sank schlaff zur Seite herab, wobei er mir ins Gesicht heulte und mich mit Blutund Rotz bespritzte. Ich riss den Dolch aus der Wunde, trat zurück und ließ den Mann zu Boden sinken. Sofort nahm Erick mit einer anmutigen, geübten Bewegung meinen Platz ein.
Marielle streckte sich im Fluss nach mir; Heddan tat es ihr von der gegenüberliegenden Seite aus gleich. Die endlosen Übungen im Palastgarten machten sich nun bezahlt, als wir uns miteinander verbanden.
Auch Gwenn wollte sich uns anschließen, doch ich schüttelte den Kopf, obwohl sie es nicht sehen konnte, und verhinderte ihr Bestreben im Fluss. Ich schmeckte ihre Verwirrung und Enttäuschung so bitter wie Rauch und Asche.
»Die Begabten!«, rief ich, auch wenn ich nicht sicher war, dass Gwenn mich über den Lärm der Schlacht hinweg hören konnte, über die Schreie und das Klirren von Waffen. Doch ihre Verwirrung legte sich.
Dann war keine Zeit mehr. Die Macht der Chorl-Begabten schwoll an.
Und wurde entfesselt.
Feuer stob empor, zielte nicht mehr auf eine bestimmte Stelle. Stattdessen breitete es sich von der Mitte der Chorl wie eine Welle aus, stieg hoch über die Köpfe der Chorl-Krieger empor, wölbte sich nach außen und bildete einen Kamm, als es den höchsten Punkt erreichte und sich zu senken begann.
Hinunter auf die Streitkräfte Venittes, auf die Bande.
Ich starrte auf die herabstürzenden Flammen. Sie waren kein Feuerball wie auf der Jungfer , sie waren eher ein Feuerschleier, der wie Regen vom Himmel fiel.
Ringsum schrien Männer auf, als sie die Flammen erblickten. Sie gerieten in Panik und zogen sich zurück.
Mit gerunzelter Stirn bezog ich Kraft von Marielle und Heddan und errichtete einen Schild.
Dann schlug das Feuer ein. Ich japste, als es auf mich herabdrückte, sank auf ein Knie, biss vor Anstrengung die Zähne zusammen und riss die Arme hoch, die Handflächen flach, alsdrückte ich von unten gegen das Feuer. Die Flammen zischten zornig, als sie gegen den Schild prallten und auf ihm brodelten. Die Chorl-Begabten, die das Feuer lenkten, suchten die Ränder des Schildes, bis die vorderen Reihen der Venitter und der Bande von einer sengenden, tosenden Flammendecke umhüllt waren. Männer schrien, zuerst vor Angst wie auf dem Übungsfeld, dann vor Schreck und Verwunderung. Hitze strahlte von oben herab, spannte mir die
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