Die Kaempferin
widmen«, meinte Regin.
Wir standen am Kai. Rings um uns wimmelte es von Arbeitern, die Taue und Holz zu den Schiffen karrten, die an denDocks verzurrt waren. Ich sah auch Fischer mit über die Rücken geschlungenen Krabbenfallen, tief gebräunter, ledriger Haut und von der Sonne ausgebleichtem Haar sowie Ladenbesitzer aus der Oberstadt, Bettler und Marktschreier und die dunkelhäutigen Zorelli, die den Großteil der Schiffsbesatzungen stellten, außerdem Angehörige verschiedener Völker aus fernen Landen. All diese Menschen hatten den Winter in Amenkor überlebt und versuchten nun, von vorne zu beginnen. Seeleute brüllten aus Takelagen herab, und Besatzungsmitglieder riefen einander über die Decks zu. Die Geräusche wurden vom Knarren der Bootsplanken und dem Klatschen der Wellen gegen die Pfeiler des Kais begleitet. Vögel kreisten in der Luft, Möwen, Seeschwalben und ein oder zwei Pelikane. Ihr Kreischen vermengte sich mit dem allgemeinen Lärm. Der Geruch von Fisch und Salzlauge lag in der Brise, die böig vom Meer herüberwehte. Mindestens sieben Schiffe waren zu den Docks gebracht worden; an den meisten gab es noch Schäden zu beheben.
»Wann wird das erste Schiff wieder in See stechen können?«
Regin schnaubte. »Ein paar Handelsschiffe könnten wir sofort losschicken, aber keines ist dafür ausgerüstet, sich gegen die Chorl zu verteidigen. Und ihre Kapitäne sind nicht gerade versessen darauf, den sicheren Hafen zu verlassen.«
»Nicht einmal, um Handel im Norden zu treiben?« Bislang hatte es keine Anzeichen dafür gegeben, dass die Chorl sich in Norden Amenkors herumtrieben. Alle Überfälle auf Handelsschiffe im vergangenen Sommer waren im Süden erfolgt, zwischen Amenkor und Venitte, und zwar entlang der Haupthandelsrouten zwischen den beiden Geschwisterstädten.
Regin schüttelte den Kopf. »Nicht einmal, um nordwärts nach Merrell zu segeln. Sie warten, bis wir ihre Schiffe aufrüsten oder die Instandsetzungsarbeiten an den Kriegsschiffen abschließen, die von den Chorl zurückgelassen wurden, damit sie eine Eskorte haben, die sie beschützen kann.«
Ich drehte mich und betrachtete drei der ebenfalls an denDocks liegenden Chorl-Schiffe. Auf den Decks wimmelte es von Zimmerleuten und Baumeistern. Regin schaute in dieselbe Richtung.
»Unsere Zimmermänner sind entzückt davon«, verriet er. »Ich habe bereits ein paar von ihnen damit beauftragt, sich die Einzelheiten anzuschauen. Sie scheinen der Ansicht zu sein, sie irgendwie ändern zu können. Muss mit der Bauweise zu tun haben.« Als ich ihn mit einem fragenden Blick bedachte, schüttelte er den Kopf. »Fragt mich nicht. Ich bin Händler, kein Schiffsbauer.«
Das galt auch für mich. Tatsächlich hatte ich noch nie ein Schiff betreten. Abschaum vom Siel kam in der Regel nicht an den Kai. Die meisten schafften es nie über den Fluss, der die Elendsviertel von der Unterstadt trennte. Doch das änderte sich zunehmend. Mittlerweile war die Kluft zwischen der Stadt und den Elendsvierteln nicht mehr so tief.
»Wie lange dauert es, bis wir den Handelsschiffen eine Eskorte mitgeben können?«, fragte ich.
»Bis zum Ende der Woche. Bis dahin sollten drei Chorl-Schiffe fertig sein. Wenn wir eines mit jedem Handelsschiff mitschicken, könnte ich zwei Schiffe entsenden und Borund eines.«
Als Borunds Name fiel, erstarrte ich und runzelte die Stirn. Obwohl ich vor zwei Wochen mit ihm gesprochen und ihm befohlen hatte, der Sauferei abzuschwören, verspürte ich immer noch unterschwellig brodelnden Zorn. Ich hatte ihn an den Docks gesehen und im Lagerhausviertel, wo er eine Bestandsaufnahme seiner Vorräte machte. Allerdings hatte ich William und Borund noch nicht wieder zusammen gesehen. Mit William hatte ich mich inzwischen des Öfteren getroffen. Dabei hatte ich Borund erwähnt, doch William wich stets sorgsam aus, wenn ich auf den Händler zu sprechen kam.
Noch hatte Borund sich nicht bewiesen. Und ich hatte ihm noch nicht vergeben.
»Er wurde zu einem Händler erzogen, nicht zu einem Krieger.«
Überrascht drehte ich mich um und blickte Regin in die Augen. Er musterte mich abwägend. Plötzlich fragte ich mich, wo er während des Angriffs gesteckt und was er getan hatte. Man hatte ihn einer der Barrikaden in der Unterstadt zugeteilt, doch während des Gefechts war ich zu beschäftigt gewesen, um jeden im Auge zu behalten.
Doch Regin hatte sich verändert. Vor dem Angriff der Chorl hatte er mich gehasst, weil ich die Lebensmittel und
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