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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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sind der Ansicht, dass wir uns den Rang nicht verdient haben. Sie meinen, wir sollten zuerst Teil der gewöhnlichen Garde sein und erst dann zu Protektoren werden, wenn wir uns als würdig erwiesen haben. Deshalb neigen die Begabten dazu, unter sich zu bleiben. Zum Glück haben die gewöhnlichen Protektoren gesunden Respekt vor der Sicht, weshalb sie uns in Ruhe lassen.«
    »Wie viele Begabte gibt es in Venitte?«, erkundigte ich mich.
    Brandan antwortete nicht sofort, als wüsste er nicht, ob er überhaupt etwas erwidern sollte, oder als überraschte es ihn, dass ich es nicht bereits wusste. »Ungefähr sechzig.«
    »Alles Männer?«
    »Natürlich. Jede Frau, die wir in oder um Venitte finden und von der wir glauben, dass sie die Sicht verwenden könnte, schicken wir zur Ausbildung hierher nach Amenkor, genau wie Ihr die Männer zu uns schickt.«
    »Verstehe.« Ich nickte.
    »Was ist mit Amenkor?«, fragte Brandan. »Wie viele Begabte habt Ihr derzeit hier?«
    »Neunundzwanzig. Drei haben wir bei dem Angriff verloren. Sie wurden von den Chorl getötet.«
    Ich erwähnte nicht, dass im vergangenen Jahr sieben Begabte gestorben waren, als Avrell und Nathem versucht hatten, Eryn als Regentin zu ersetzen, während sie noch auf dem Thron saß, jedoch zunehmend den Verstand verlor.
    Wir hatten nun den Rand des Schmiedeviertels erreicht, und ich stieg aus dem Sattel. Brandan tat es mir gleich. Keven schickte einen der Gardisten der Eskorte in ein langes, offenes Gebäude, aus dem das Fauchen von Blasebälgen und das stete Klirren von Hämmern auf Stahl und Ambossen hallte. Schon als wir uns diesem Gebäude genähert hatten, hatte ich die Stimme erheben müssen, um Brandan zu antworten. Nun versuchte ich gar nicht erst, weiter mit ihm zu reden. Ich stand vor einem der offenen Bogen, die ins Innere des Gebäudes führten. Gluthitze schlug uns entgegen. Die heiße Luft blies mir die Haare aus dem Gesicht und bewirkte, dass meine Haut sich trocken und gespannt anfühlte. Der Gluthauch sog mir die Luft aus den Lungen, sodass mir das Atmen schwerfiel.
    Im Innern des Gebäudes flimmerte die Luft vor Hitze. Männer und Knaben bewegten sich zwischen glimmenden Kohlen und lodernden Feuern hin und her. Von weiß glühendem Metall stoben Funken auf, als es geschmiedet wurde. Dampf schoss empor, sobald die glühenden Metallteile in bereitstehende Bottiche mit Wasser getaucht wurden. Fertige Stücke – Rüstungen, Schwerter, Piken, Hellebarden und Dolche – säumten eine der Wände. Doch ich sah auch andere Metallteile, deren Sinn und Zweck sich mir nicht erschloss, die aber, wie ich wusste, für die Tore, die Instandsetzung der Schiffe und die zahllosen anderen Unternehmungen benötigt wurden, die überall in der Stadt im Gang waren.
    Brandan zog leicht die Augenbrauen hoch, als er das Waffenarsenal erblickte, doch er sagte nichts.
    Die Gardisten, die Keven losgeschickt hatte, kehrten mit einem der Schmiede zurück. Der Mann hieß Hugh und war riesig, mindestens doppelt so breit wie ich und anderthalbmal so groß. Ich beobachtete, wie er sich näherte, und spürte, wie ich mich anspannte, obwohl ich von Keven und der Eskorte umgeben war.
    Umso beunruhigender war es, dass der Mann plötzlich auf ein Knie sank, das Zeichen des Geisterthrones vor der Brust schlug und das Haupt vor mir verneigte. »Regentin«, brummte Hugh mit einer tiefen, angenehmen Stimme, die den Lärm der Schmiede übertönte, »es ist mir eine Ehre. Ihr habt uns alle gerettet.«
    Das Getöse der Schmiede schien schlagartig zu verstummen.
    Ich schluckte ob der Hitze und der Blicke sämtlicher Anwesender, die nun auf mich gerichtet waren. Dann streckte ich die Hand aus, um den Kopf des Schmieds zu berühren. »Danke.«
    Hugh erhob sich, und der Lärm setzte wieder ein. Als er aufstand, sah ich die Narben an seinen Armen, die glühende Kohle- und Metallteilchen hinterlassen hatten. Eine alte, hässliche Verbrennung verunzierte seinen Oberarm; sie war rosig und rau auf seiner ansonsten glatten, von der Hitze gebräunten Haut.
    »Ein Unfall, als ich noch Lehrling war«, beantwortete Hugh meine unausgesprochene Frage und grinste. »Das ist gar nichts. Was kann ich für Euch tun?«
    Ich löste den Blick von der Narbe und rief, um das Getöse zu übertönen: »Ich wollte mich erkundigen, wie die Dinge vorangehen.«
    Hugh nickte und wurde ernst. »Wir dürften genug Waffen haben, um sämtliche Männer auszurüsten, die derzeit ausgebildet werden. Wir haben bereits mit den

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