Die Kaempferin
Rüstungen für das nächste Kontingent begonnen.« Er führte mich tiefer in dieHitze der Schmiede, deutete auf einen Berg fertiger Rüstungsteile und ging weiter. »Avrell und Catrell wollten, dass wir außerdem mit der Arbeit an den Schilden anfangen. Und dann ist da noch die Kette.« Er blieb vor einem Berg riesiger, miteinander verbundener Kettenglieder stehen, jedes so groß wie ich und so dick wie meine Leibesmitte.
Meine Augen weiteten sich. Ich hätte kein einziges dieser Glieder ohne Hilfe heben können.
»Wofür ist diese Kette?«, erkundigte ich mich.
Hugh grinste. »Für die Hafeneinfahrt. Avrell und Regin wollen sie quer vor die Öffnung ziehen und dicht über dem Meeresgrund hängen lassen, damit sie die Schiffe nicht stört. Die Enden sollen an schweren Winden in den neuen Wachtürmen verankert werden. Wenn die Chorl dann zurückkehren …« Er tat so, als betätigte er eine Winde, und ich sah vor meinem geistigen Auge, wie die schwere Kette sich hob und sich über die Hafeneinfahrt spannte, sodass keine Schiffe sie mehr passieren könnten. »Wie ein Tor für den Hafen«, erklärte Hugh.
»Ein gewitzter Einfall«, meinte Brandan. Ich erschrak, denn ich hatte gar nicht bemerkt, dass er uns in die Schmiede gefolgt war.
Hugh nickte. »Hoffentlich gelingt es uns, diesen Plan in die Tat umzusetzen.«
Ich fragte mich, was Avrell und den anderen sonst noch an Verteidigungsmaßnahmen eingefallen sein mochte.
»Und was ist das?«, fragte ich und wies auf einen Stapel verschiedener metallener Gegenstände, deren Sinn und Zweck mir verborgen blieb.
»Das ist für Meister Borund. Für die neuen Schiffe, die er baut.«
Ich bedankte mich bei Hugh und bedeutete ihm, sich wieder an die Arbeit zu machen. Der hünenhafte Schmied verneigte sich vor mir, ehe er in Richtung der Feuer davonstapfte. Unterwegs streifte er sich schwere Arbeitshandschuhe über.
Ich hatte nicht gewusst, dass Borund bereits solche Fortschritte erzielt hatte. Mir war zwar bekannt, dass er an einem Abschnitt des Kais arbeitete, den er für seinen neuen Schiffsbaubetrieb umgestaltete, doch abgesehen davon …
Ich würde mich bei William erkundigen müssen.
Brandan und ich bahnten uns den Weg zurück zum Eingang der Schmiede, stiegen auf unsere Pferde und machten uns auf den Rückweg zur Stadtmitte. Kaum hatten wir den Lärm der Schmiede hinter uns gelassen, meinte Brandan: »Viele Menschen schlagen dieses Zeichen vor der Brust, wenn wir auf der Straße an ihnen vorüberkommen.« Er ahmte die Geste des Schmieds nach. »Was ist das?«
Ich verlagerte ein wenig verschämt das Gewicht im Sattel. Das Pferd schnaubte, als es mein Unbehagen spürte. »Es ist das Zeichen des Geisterthrones. Gibt es in Venitte denn nichts Ähnliches?«
»Nein. Wie mir scheint, verehren die Einwohner Amenkors Euch wie beinahe ein religiöses Oberhaupt.«
Ich erwiderte nichts. »Ist es bei Fürst March denn nicht genauso? Verfügt er nicht auch über die Sicht?«
Brandan bedachte mich mit einem eigenartigen Blick. »Fürst March gehört nicht zu uns Begabten. Die Begabten dienen als Protektoren. Und unser Meister, Fürst Sorrenti, gehört dem Rat an und ist ein Vertrauter des Fürsten. Aber Fürst March selbst gehört nicht zu uns. Die anderen Ratsmitglieder würden es niemals gestatten. Jemand, der den Rat beherrscht und zugleich über die Sicht verfügt, darf es nicht geben. Es wäre zu viel vereinte Macht. Deshalb wird Fürst Sorrenti im Rat nur ungern geduldet.«
Ich runzelte die Stirn. »Das verstehe ich nicht. Herrscht Fürst March denn nicht über die Stadt?«
Brandan schnaubte. »Der Rat der Acht herrscht über die Stadt. Fürst March steht dem Rat vor und hat genug Macht, dass er Handlungs- und Entscheidungsfreiheit besitzt. Allerdingsbraucht er das Einverständnis des Rates, da die Mitglieder über die entscheidenden Dinge gebieten – den Handel, den Landbesitz, die Gilden. Bei allen wichtigen Entscheidungen braucht Fürst March ihre Zustimmung.«
»Aber wenn die Ratsmitglieder den Landbesitz und die Gilden beherrschen, woher rührt dann die Macht des Fürsten March?«
»Vom Protektorat«, erwiderte Brandan. »Fürst March befehligt das Protektorat und die allgemeine Garde. Er herrscht über die Armee.«
Wir überquerten den Fluss und setzten den Weg zum Siel fort, wo ich die Küche und das Lagerhaus aufsuchte, die ich mit Mitteln des Palasts in den Elendsvierteln betreiben ließ. Während wir uns dort aufhielten, bemerkte ich, dass diejenigen,
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