Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
Vom Netzwerk:
argwöhnisch geworden, sog ich scharf die Luft ein. Allerdings entdeckte ich im Fluss keinen Makel, nur den Geruch von Sonnenschein und Meer.
    Brandan musterte mich verunsichert.
    Ich schüttelte den ungewissen Verdacht ab. »Vielleicht könnte ich sie Euch zeigen? Ich muss ohnehin da und dort einige Dinge überprüfen.«
    Brandans Züge hellten sich auf, und er grinste. »Es wäre mir eine Freude.« Er senkte den gelockten Kopf und fügte hinzu: »Regentin.«
    Erneut durchströmte mich jener wohlige Schauder, dem ich misstraute, wenngleich er mich neugierig machte.
    Ich wandte mich Keven zu und bemerkte seinen warnenden Gesichtsausdruck. »Lass Pferde vorbereiten.«
    Wir ritten durch die beiden Kreise hinab und hielten dabei inne, um die im Gang befindlichen Wiederaufbauarbeiten an den einzelnen Toren zu begutachten. Brandan zeigte sich entsetzt über die Zerstörung und argwöhnisch über meine Behauptung, dass die Tore binnen einer Stunde gefallen waren und der gesamte Angriff nicht länger als einen Tag gedauert hatte. Nathem, der betagte Hofmarschall der Regentin, beaufsichtigte das Unterfangen und berichtete, dass alles zügig voranging. Gerüste, auf denen sich Arbeiter und Baumeister tummelten, säumten die Mauern zu beiden Seiten. Seilzüge hievten aus Karren riesige Steine in die Höhe, die vom Steinbruch nördlich der Stadt herantransportiert worden waren. Der Steinabschnitt der inneren Tore war beinahe fertig; von den Rändern der beiden wiedererrichteten Mauern wuchs bereits der Bogen in die Höhe. Schmiede arbeiteten an den Eisenbeschlägen für die Holztore.
    »Und es gab keine Möglichkeit, sie aufzuhalten?«, fragte Brandan, noch immer ein wenig ungläubig.
    »Die Begabten waren unsere einzige Verteidigung gegen die Ochea, sobald sie die Mauern erreicht hatte. Die Armee war nutzlos gegen sie. Und Eryn und ich konnten die Mauer nicht lange halten.«
    Mit nachdenklicher Miene schüttelte Brandan den Kopf.
    Hinter den Mauern bog ich nach links, entfernte mich von der Hauptstraße und steuerte auf den Kai zu, der sich östlich am Fluss entlang durch den am schlimmsten verwüsteten Teil der Stadt zog.
    Als wir in das Gewerbegebiet gelangten, wo sich die Viehhöfe und Gerbereien befanden und die meisten Schmiede und andere Handwerker arbeiteten, sagte ich: »Ihr habt vorhin eine Ausbildung als Protektor erwähnt. Was ist das?«
    Brandan lachte auf. »Es hört sich aufregender an, als es ist. Diejenigen von uns, die Begabung besitzen – so wie die Begabten, die Ihr hier habt –, werden in der Stadt großgezogen, wenngleich wir keinen so strengen Einschränkungen unterliegen, wie es bei Euch hier der Fall zu sein scheint. Wir müssen nicht im Palast bleiben, sondern können uns frei in der Stadt bewegen – die im Übrigen wesentlich größer ist als Amenkor, vielleicht doppelt so groß.«
    »Die Begabten verlassen den Palast sehr wohl«, erwiderte ich, wenngleich mir nun, da ich darüber nachdachte, klar wurde, dass es nur selten der Fall war. Im Palast wurden sie mit allem versorgt; es bestand keine Notwendigkeit für sie, durch Amenkor zu streifen. Wahrscheinlich hatten sie im vergangenen Winter mehr Zeit in der Stadt verbracht, um die Küchen zu betreiben, die an die Lagerhäuser angeschlossen waren, als zuvor seit ihrem Eintreffen in Amenkor.
    Und Venitte war größer als unsere Stadt? Gleich doppelt so groß?
    Ich versuchte mir vorzustellen, wie Amenkor sich den Flussund die Küste entlang ausbreitete, um doppelt so viele Menschen zu beherbergen, doch ich konnte es nicht.
    »Jedenfalls«, fuhr Brandan fort, »müssen wir als Begabte natürlich den Gebrauch der Sicht üben. Das geschieht in der Schule im Herzen von Venitte, hinter Deranians Wall. Alle Begabten müssen zudem eine Ausbildung zum Gardisten durchlaufen, genauer gesagt, zu Protektoren. Das sind jene Gardisten, denen die Ehre und Auszeichnung zuteilwird, unter dem unmittelbaren Befehl des Fürsten March zu dienen.« Die Worte »Ehre und Auszeichnung« klangen spöttisch.
    »Das hört sich aber nicht so an, als wäre es eine besondere Ehre.«
    Brandan schnaubte. »Ist es auch nicht. Zumindest nicht für die Begabten. Die meisten Gardisten werden zu Protektoren, indem sie zuerst in der Garde ausgebildet werden und sich dann die eine oder andere Auszeichnung verdienen, um zum Protektor befördert zu werden. Aber bei den Begabten …«
    »Geschieht das von selbst«, beendete ich den Satz.
    Brandan nickte. »Die meisten gewöhnlichen Protektoren

Weitere Kostenlose Bücher