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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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wurde von Trielle und Heddan beaufsichtigt. »Ist sie die Chorl-Begabte, von der Ihr gesprochen habt?«
    Ich blieb stehen und blinzelte in die Dunkelheit des Palastkorridors. Meine Augen waren noch geblendet vom Sonnenlicht der Gärten.
    Brandan Vard stand ein paar Schritte entfernt an einem der offenen Bogenfenster, die auf den Garten hinauswiesen. Im Siegel von Venitte fing sich das Licht, als er sich mir zudrehte. Hellbraunes Haar, von der Sonne fast blond gebleicht; braunen Augen; ein schmales Gesicht mit hohen Wangenknochen unddünner Nase. Ich hatte ihn nicht mehr gesehen, seit ich ihn und Tristan über den Thron befragt hatte. Eigentlich hatte ich ihn selbst damals nicht richtig angeschaut, da ich zu sehr darauf bedacht gewesen war, etwas über Venitte und die Vorbereitungen jener Stadt auf die Chorl zu erfahren. Nun jedoch …
    »Also, ist sie es?«
    Ich zuckte leicht zusammen, ärgerte mich über mich selbst und setzte eine nüchterne Miene auf. »Ist sie was?«
    Brandan lächelte, wobei sich auf beiden Wangen Grübchen bildeten. Mit einem Nicken deutete er zum Fenster und stützte sich auf den Sims. »Ist sie eine der Chorl-Begabten?«
    »Ja.«
    »Und Ihr lasst sie bei der Ausbildung Eurer Begabten zusehen?«
    »Normalerweise nicht. Heute ist eine Ausnahme.«
    Brandan schaute über die Schulter in den Garten. »Ihre Aufmerksamkeit scheint mehr den Fischen im Teich als den Übungen zu gelten.«
    Ich zögerte kurz; dann trat ich an Brandans Seite. Dabei fühlte ich, wie Keven und meine Eskorte mich umringte, ohne näher zu kommen. Brandan wirkte verändert … entspannt.
    Ich fragte mich, ob es daran lag, dass Kapitän Tristan nicht über ihn wachte. Plötzlich überlegte ich, was ich von ihm in Erfahrung bringen könnte, solange er nicht unter Tristans Aufsicht stand.
    Draußen im Garten hatte Gwenn sich neben den Teich gekniet und zeigte auf irgendetwas in dessen Tiefen. Ottul beugte sich auf der Bank vor und lauschte dem aufgeregten Geplapper des Mädchens. Sie konnte Gwenns Erklärungen unmöglich verstehen; dennoch schien sie den Worten aufmerksamer zu lauschen als Marielle, wenn diese in ihrem Zimmer versuchte, ihr etwas beizubringen.
    »Vielleicht hätte ich sie schon früher aus ihrem Zimmer holen sollen«, meinte ich nachdenklich.
    Brandan erwiderte nichts. Als ich mich schulterzuckend von der Szene im Garten abwandte, stellte ich fest, dass er mich mit schief gelegtem Kopf musterte. Die Eindringlichkeit seines Blickes jagte mir einen Schauder über den Rücken. Doch es war ein angenehmes Gefühl.
    »Ich dachte, Ihr wärt bereits wieder nach Venitte aufgebrochen«, sagte ich und verfluchte mich sogleich.
    Er zog ein wenig die Brauen hoch und lachte. »Geht nicht. Tristan muss sich noch um Geschäfte mit der Händlergilde kümmern, insbesondere, da es nun vier neue Händler gibt. Er war die vergangenen Tage damit beschäftigt, Vorkehrungen für Lieferungen zu treffen und so viel wie möglich über das neue Amenkor in Erfahrung zu bringen … und über die neue Regentin.«
    Ich runzelte die Stirn. »Und was habt Ihr gemacht?«
    »Alles Mögliche.« Er bedachte mich mit einem verschmitzten Grinsen; dann seufzte er tief und schüttelte den Kopf. »Eigentlich nicht viel.« Ich konnte die Lüge spüren; aber wieder war sie mit Wahrheit gefärbt. »Ich wurde als Zeichen der Aufrichtigkeit mitgeschickt, als Vertreter von Fürst March und der Macht Venittes. Sobald Tristan die Botschaft überbracht hatte, waren meine Pflichten erfüllt.« Verbitterung hatte sich in seinen Tonfall geschlichen. Seine Hand wanderte zum Anhänger um seinen Hals und neigte ihn im Sonnenlicht bald in die eine, bald in die andere Richtung. Dann zuckte er mit den Schultern und sah mich unverwandt an. »Aber wenigstens konnte ich so aus der Stadt. Die Ausbildung als Begabter und als Protektor hört nie auf. Manchmal habe ich das Gefühl, als wäre ich in der Stadt gefangen und könnte nie tun, was ich will.«
    Meine Eingeweide krampften sich zusammen. Ich versuchte, nicht daran zu denken, wie Avrell mich aufgefordert – nein, mir befohlen – hatte, in Amenkor zu bleiben. Zuvor hatte mich der Thron gefangen gehalten. Nun, da es ihn nicht mehr gab, war ich durch meine Rolle als Regentin erneut gefangen.
    Brandan hatte gesehen, wie ich zusammengezuckt war.
    »Habt Ihr Euch die Stadt angeschaut?«, fragte ich, um ihn von dem abzubringen, was er bemerkt haben mochte.
    »Nein.«
    »Vielleicht …«, setzte ich an und stockte.
    Plötzlich

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