Die Kaempferin
Marland sprechen. Ich bin sicher, wir können eine Einigung erzielen.«
»Gewiss, gewiss.«
»Regentin«, sagte Tristan.
Ich nickte und beobachtete, wie die beiden den Kai entlang von dannen zogen. Bevor sie in der Menge verschwanden, packte Tristan Brandan kräftig am Oberarm.
William wandte sich mir zu und sagte mit plötzlich kalter, förmlicher Stimme: »Ich glaube nicht, dass er dir zufällig über den Weg gelaufen ist.«
Ich legte verärgert die Stirn in Falten, doch bevor ich etwas erwidern konnte, fügte Keven hinzu: »Ich auch nicht.«
Ich dachte daran zurück, wie Brandan vor dem Garteneingang auf mich gewartet hatte. Er konnte mich auf dem Hof bei der Arbeit mit den Begabten gesehen haben und dort geblieben sein, bis ich fertig war.
Plötzlich erschien ein Page an Kevens Seite. Keven beugte sich hinab, um dem Jungen zu lauschen, und richtete sich wieder auf.
»Catrell lässt ausrichten, dass die Kundschaftergruppe für Temall bereit ist, mit der Abendtide auszulaufen.«
Ich stand am Ende des Docks. Die Sonne war bereits dicht über dem Horizont. Das fast vollständig beladene Chorl-Schiff war am Anlegeplatz verzurrt, und das Kontingent der Gardisten und Sucher, das Westen und Catrell zusammengestellt hatten, bestieg das schwarze Schiff. Westen stand links neben mir, Catrell rechts, während Keven mit dem Rest der Gardisten hinter mir Aufstellung genommen hatte.
»Wie geht es Eurer Gemahlin und Eurem Sohn?«, erkundigte ich mich.
Westen zog die Augenbrauen hoch. »Nur wenige Leute wissen, dass ich eine Gemahlin und einen Sohn habe«, sagte er. Offensichtlich wollte er erfahren, woher ich von seiner Familie wusste.
Doch ich erwiderte nichts.
Er lächelte. »Es geht ihnen gut. Ich habe mich bereits von ihnen verabschiedet.«
Ich nickte. Weiter unten am Dock gingen die letzten Gardisten an Bord. Auf Deck des Schiffes läutete eine Glocke. Befehle wurden erteilt, und ein dunkelhäutiger Zorelli machte sich daran, die Vertäuung des Schiffes zu lösen.
»Ihr solltet lieber an Bord gehen«, meinte Catrell.
»Ich werde Euch im Auge behalten.« Ich schaute Westen an, und er nickte. Er wusste, was ich gemeint hatte: Ich würde das Schiff durch das Feuer im Auge behalten, mit dem ich ihn vor dem Angriff der Chorl versehen hatte. Ich verspürte einen Anflug von Bedauern, als ich mir ins Gedächtnis rief, wie schwierig es anfangs gewesen war, mich in das Feuer in Ericks Innerstem zu versetzen, und wie sehr es mich ausgelaugt hatte, Ottul durch Marielles Augen zu beobachten. Kurz spielte ich mit dem Gedanken, es Westen gegenüber zu erwähnen, dann jedoch verdrängte ich die Besorgnis. Ich musste in Erfahrung bringen, was die Chorl taten und wie weit sie gen Amenkor vorgerückt waren. Und dies war die einzige Möglichkeit.
Westen musste mir einen Teil meiner Sorge im Gesicht abgelesenhaben, denn er bedachte mich mit einem beruhigenden Lächeln und sagte: »Ich werde zurückkehren.«
Damit ging er das Dock hinunter und an Bord des Schiffes.
F ÜNFTES K APITEL
W esten sprang aus dem schwankenden Boot und watete ans Ufer. Meerwasser ergoss sich in seine Stiefel. Angewidert verzog er das Gesicht und stapfte auf den Sand, während seine Männer im matten Mondlicht und im flackernden Schein mehrerer Fackeln aus drei weiteren Booten stiegen. Eine andere Gruppe erwartete ihn bereits – Kundschafter, die in der vergangenen Nacht als Vorauseinheit an Land geschickt worden waren.
»Berichtet«, befahl Westen und blieb vor dem Sucher stehen, der die Gruppe am Strand anführte.
Mit Marielles Hilfe hatte ich mein Bewusstsein vom Thronsaal Amenkors aus entsandt, beobachtete das Geschehen durch das Feuer in Westens Innerstem und erkannte Tomus, den Sucher, der Ericks Zimmer bewacht hatte. Sein schmutzig blondes Haar schimmerte im Licht der Fackeln der Kundschaftergruppe.
»Kein Anzeichen von den Chorl. Wir sind bis zum Stadtrand von Temall nach Süden vorgedrungen, haben aber nichts gesehen. Ich glaube nicht, dass sie Temall schon eingenommen haben.«
»Gut. Dann schlagen wir hier ein vorübergehendes Lager auf und bevorraten das Schiff mit Wasser und allem, was wir an Lebensmitteln finden. Anschließend brechen wir nach Süden auf.«
Tomus nickte, drehte sich um und gab die Befehle weiter.
Westen blieb am Strand stehen, die Hände in die Hüften gestemmt, und beobachtete, wie leere Wasserfässer abgeladen und landwärts zu dem Bach geschleppt wurden, der sich in die Bucht ergoss, in der sie an Land gegangen
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