Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
Vom Netzwerk:
tief in den Fluss und drängte auf das Feuer in Erick zu.
    Hallo, Varis.
    Ich nistete mich in das Feuer ein, spürte die sengenden Schmerzen der Nadeln, die sich in Ericks Fleisch bohrten.
    Erick.
    Ich spürte, wie Ericks Wesen sich krümmte und mich prüfend musterte. Was ist?
    Bei Ericks Worten, in denen Besorgnis mitschwang und das innige Verlangen, mich zu beschützen – so bedeutungslos es sein mochte, da er im eigenen Körper gefangen war –, entglitt mir die Herrschaft über mich selbst.
    Die Angst wegen Eryns Krankheit, die Verzweiflung angesichts Ericks Zustand, der Umstand, dass Ottul nicht helfen konnte, der Wirbel mit William und Brandan, die Bitterkeit, die ich im Kuss zwischen Avrell und Eryn gesehen hatte – das alles stieg, miteinander vermischt, in mir auf und entlud sich als hilfloses Schluchzen. Es glich einem Pesthauch roher Gefühle, der zu mächtig war, als dass ich ihn unterdrücken konnte.
    Erick zog mich an sich, murmelte unsinnige Worte, um mich zu beruhigen, wiegte mich hin und her, wie er es getan hatte, als ich den fetten Mann töten musste, der sich von hinten an ihn angeschlichen hatte, während er mit einem anderen Opfer beschäftigt war. Damals hatte er mich in eine nach Fett und Schweiß stinkende Decke gewickelt, während ich haltlos geweinthatte, und er hatte mich zurück zu meinem Unterschlupf getragen.
    Nun roch ich das Fett und den Schweiß erneut und spürte, wie der Geruch mich einhüllte, mich tröstete … und drängte ihn zurück, kämpfte mich daraus hervor. Nichts hätte ich lieber getan, als mich von Erick festhalten, ihn die Schmerzen von mir nehmen zu lassen, aber nicht diesmal. Ich war nicht hergekommen, um getröstet zu werden.
    Ich kann nicht , schluchzte ich, entwand mich ihm und spürte, wie die Qualen und die Verwirrung zu heftigem Zorn verschmolzen. Ich kann dir nicht helfen, Erick. Eryn hat es versucht, ich habe es versucht, und nun kann dir nicht einmal Ottul helfen. Ich weiß nicht, wie, Erick! Ich weiß nicht, was ich tun soll!
    Das Eingeständnis ließ irgendetwas in meinem Inneren zerbrechen und verursachte mir einen beinahe körperlichen Schmerz. Es war ein Schmerz wie der, der Eryn innerlich zerrissen hatte und sie noch immer zerriss, der sie umbrachte und sich in dem scheußlichen Husten und den Blutspritzern an ihren Händen zeigte.
    Die Schmerzen raubten mir die letzte Kraft. Ich gab auf, mich gegen Ericks Trost zu wehren … und bemerkte erst jetzt, dass er ihn mir gar nicht mehr anbot.
    Schweigend saßen wir da. Ich hörte meinen Atem – seinen Atem – rasselnd in der Brust, als hätten wir miteinander gerungen.
    Zwischen uns war eine Kluft entstanden, die unüberwindlich erschien.
    Vielleicht kannst du gar nichts tun , sagte Erick mit eigenartig leerer Stimme. Bis auf eines …
    Ich erwiderte nichts, weil ich seit einem Monat dasselbe dachte. Ottul war meine letzte Hoffnung gewesen. Ich hatte es nur nicht aussprechen wollen. Ich fürchtete mich davor, wohin es uns führte.
    Und was? , fragte ich.
    Die Zögerlichkeit in meinem Tonfall missfiel mir. Ich hörte hinter den Worten verborgen eine unausgesprochene Möglichkeit – eine Möglichkeit, die ich nicht äußern konnte, nicht äußern wollte.
    Eine Möglichkeit, die offenbar auch Erick in Betracht gezogen hatte.
    Beende es.
    Mir stockte der Atem.
    Mein Inneres schrie: Nein! Nein! Nein!
    Ich kann nicht ewig so bleiben, Varis , sagte Erick, und ich spürte seinen Zorn, als er das Unaussprechliche – aber nicht Undenkbare – aussprach. Ich kann so nicht leben. Du hast alles versucht, Eryn hat alles versucht, und auch Isaiah. Es gibt nichts mehr, was noch versucht werden könnte.
    Ich dachte an Ottul. Vielleicht hatte sie mich falsch verstanden und könnte doch helfen …
    Aber ich wusste, das stimmte nicht. Ich hatte gesehen, wie sie sich verhielt, hatte ihr Grauen im Fluss gespürt. Sie konnte es nicht vorgetäuscht haben.
    Ich roch den Tod in diesem Zimmer.
    Varis, hör mir zu. Erick streckte sich im Feuer zu mir, aber nicht, um mich zu trösten. Stattdessen packte er mich, schüttelte mich. Seine Wut darüber, was er geworden war, blutete in mein Inneres. Du weißt nicht, wie es hier ist, Varis. Ich bin hier gefangen. Ich bin gefangen und habe nur Erinnerungen … Erinnerungen wie diese !
    Mit einem heftigen Ruck zog er mich in sich selbst hinein, vorbei an der Barriere zwischen uns, durch die wir eigenständige Persönlichkeiten blieben.
    Entsetzt schnappte ich nach Luft.
    Dann schrie

Weitere Kostenlose Bücher