Die Kaempferin
ich. Es war ein schauerliches Schreien, das unbeschreiblichen Schmerzen entsprang und als heiß loderndes Feuer meine Haut berührte. Es war ein Schreien, das meine bereits wunde Kehle aufriss und sich schier endlos fortsetzte, währendsich ein Eisendorn tiefer in meinen Oberschenkel bohrte und Muskeln und Sehnen versengte. Der scheußliche Gestank von verbranntem Fleisch erfüllte die Steinkammer.
Als der Eisendorn entfernt wurde, stieß mich der Mann zur Seite, der meinen nackten Körper während der Folter aufrecht hielt, indem er eine Hand in mein Haar gekrallt und die andere um meinen Hals geschlungen hatte. Den Körper presste er eng an meinen Rücken, um mich davon abzuhalten, mich vor Schmerz zu winden. Mit einem dumpfen Laut landete ich auf dem sandbedeckten Boden und verrenkte mir die Schulter. Meine mit Dornenranken gefesselten Beine verdrehten sich unter mir. Ich schrie ob der neuen Schmerzen, doch das Pochen in meiner Schulter war nichts im Vergleich zu der sengenden Hitze an meinem Oberschenkel.
Meine Arme waren so fest auf den Rücken gefesselt, dass ich glaubte, es würde mir die Brustmuskeln zerreißen. Ich rollte mich herum, bis meine Stirn im Sand ruhte. Er fühlte sich kühl auf meiner schweißnassen Haut an, und ich schluchzte, wobei ich Sand von meinem Gesicht wegblies.
Vor mir senkte sich ein blauhäutiger Fuß in einer Sandale herab, und ich kniff die Augen zu. Kleider raschelten, als der Mann sich neben mich kniete, mit einer Hand mein Gesicht packte, es grob herumdrehte und zudrückte, bis ich die Lider aufschlug und durch einen Schleier aus Tränen, Schweiß und Blut zu ihm hinaufstarrte.
Haqtl. Der oberste Priester. Schwarze Augen, passend zu den schwarzen Tätowierungen, die sein Gesicht überzogen und sich deutlich von seinem gelb und rot gestreiften Hemd abhoben.
Abgehackt sog ich die Luft ein und schmeckte Blut und Schleim auf den Lippen. Es würde ein schlimmer Tag werden.
Haqtl drückte meinen Kopf wieder in den Sand, presste ihn tief hinein. Sandkörner gelangten in meine Augen und wurden in meine Lungen gesogen, als ich zu atmen versuchte. Haqtl drückte kräftiger, schnitt mir die Luftzufuhr völlig ab. Ichwehrte mich, trat mit den Beinen, wand mich. Meine Brustmuskeln schrien vor Schmerz, und die heiß lodernde Stelle an meinem Oberschenkel brach auf. Blut rann mein Bein hinunter, doch meine Gegenwehr war schwach … so schwach. Seit Tagen, seit Wochen war ich hier, und jeder Tag glich dem anderen, wenngleich jede Folterung anders verlief.
Die schlimmsten Tage aber waren die mit Haqtl.
Ich stellte meine sinnlose Gegenwehr ein. Haqtl zerrte meinen Kopf mit einem Ruck hoch. Finster starrte er auf mich herab, als ich ihm Blut und Sand ins Gesicht spuckte. Er zuckte nicht einmal, stieß mich nur auf den Rücken herum.
»Queotl«, fauchte er, ein Wort, das er während unserer gemeinsamen »Sitzungen« wohl schon an die tausend Mal wiederholt hatte. Er stellte mir einen Fuß auf die Brust und begann, Druck auszuüben. »Queotl!«
Der Druck verstärkte sich, und Schmerzen durchströmten meinen Rücken und meine unter mir gefangenen Arme. Die Dornen der Ranken, die als Fesseln dienten, bohrten sich in mein Fleisch und in Wunden, die erst an diesem Morgen nach Tagen der Misshandlung endlich Schorf gebildet hatten.
Ich schrie und schrie. Haqtl steigerte den Druck. Die Dornen gruben sich tiefer, bis mein Gebrüll in ein jämmerliches Schluchzen überging.
Haqtls Gewicht hob sich von mir. Sofort rollte ich mich zur Seite, um meine Arme zu entlasten. Die Ranken verzogen sich dabei und bohrten sich in meinen Muskeln.
»Ich verstehe dich nicht«, stieß ich zornig hervor und rollte mich wieder zurück.
Haqtl starrte mit unerbittlicher Miene auf mich hinunter.
»Ich verstehe dich nicht!«, schrie ich ihn an.
Ohne mit der Wimper zu zucken, trat Haqtl vor und rief etwas, das ich noch nie aus seinem Mund gehört hatte.
Der Chorl hinter ihm setzte sich sofort in Bewegung und brachte eine Kiste herbei. Sie war aus Holz geschnitzt und mitgewundenen Zeichen überzogen, die an die Tätowierungen in den Gesichtern der Chorl und in Haqtls Antlitz erinnerten. Der Chorl-Priester stellte die Kiste neben Haqtl in den Sand und hob den Deckel ab.
Aus dem Inneren holte er eine dünne Nadel hervor, so lang wie seine Hand, offenbar der Stachel einer Muschel oder eines Meerestieres, außerdem eine mit Wachs verstöpselte Tonflasche. Er durchstach das Wachs mit dem Stachel, zog ihn langsam wieder
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