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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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bisher nur nicht bewusst gewesen.
    »… lasse ich es zum Warenhaus schicken«, sagte Regin, und ich wandte mich jäh wieder der Unterhaltung zu.
    »Was?«
    Regin grinste. »Ich sagte, ich werde mich um alles kümmern und alles so bald wie möglich zum Verladen zum Lagerhaus schicken. Und ich nehme an, die Händlergilde muss William als Vertreter nach Venitte schicken, damit er sich mit den dortigen Gildenmitgliedern trifft, um sie über Alendor, dessen Spießgesellen und jene Dinge aufzuklären, die der Genossenschaft wirklich widerfahren sind. Natürlich auch darüber, was mit den Chorl vor sich geht. Als eigenständiger Händler muss er seine Fühler ausstrecken und Verbindungen aufbauen. Das ist eine hervorragende Gelegenheit!«
    »Gut möglich«, meinte ich. Also würden William und ich mindestens zwei Wochen zusammen auf einem Schiff verbringen. Ich spürte, wie meine Anspannung stieg. Und nicht nur, weil wir seit dem Vorfall mit Brandan am Kai kaum miteinander gesprochen hatten.
    »Nun gut«, sagte Regin. »Dann entschuldigt mich jetzt bitte.« Er verneigte sich, eilte den Kai hinunter, rief unterwegs seine Lehrlinge herbei und deutete auf die von Avrell vorbereitete Liste. Noch bevor er außer Sicht geriet, hatte er die ersten Boten entsandt.
    »Wohin jetzt, Regentin?«
    Keven war hinter mich getreten. Ich fühlte mich unruhig und deutete zum Palast. »Ich will Erick einen Besuch abstatten.«
    Kevens Züge wurden verkniffen. »Wie Ihr wünscht.«
    Ich schürzte die Lippen, als wir uns vom Kai entfernten und uns einen Weg durch die gewundenen Straßen der Unterstadt bahnten, vorbei an Ständen und Lagerhäusern, Tavernen und Geschäften. Anfangs hatte ich fast täglich nach Erick gesehen und Stunden im Feuer in seinem Inneren verbracht, um ihn zu trösten und mit ihm zu reden. Es war mir gelungen, ihn so sehr aus seiner selbst auferlegten Benommenheit zu holen, dass ergelegentlich aß, doch letztlich zog er sich immer wieder vor den Schmerzen zurück.
    Schmerzen, die weder ich noch Eryn zu lindern vermochten. Wir hatten es mehrfach versucht. Da wir wussten, dass wir den Bann nicht unmittelbar brechen konnten, hatten wir uns bemüht, die Qualen zu lindern. Einige unserer Maßnahmen zeigten sogar Wirkung, allerdings immer nur für kurze Zeit; danach kehrten die sengenden Nadeln, die sich durch Ericks Haut bohrten, jedes Mal zurück, manchmal schlimmer als zuvor.
    Aber nicht alle Bemühungen waren vergeblich gewesen. Seine anderen Wunden – die Verbrennungen, die Schnitte und die blauen Flecken vom Kampf auf der Jungfer und der anschließenden Folterung durch die Ochea, Haqtl und andere – waren verheilt. Alle bis auf eine: die runde Stichwunde mitten auf seiner Brust, die Eryn als die Stelle des ihm auferlegten Bannes ausgemacht hatte. Diese Wunde war immer noch roh und entzündet. Der Umstand, dass alles andere verheilt war, hatte unsere Hoffnungen eine Zeit lang hochgehalten, auch die Kevens.
    Mittlerweile war es nicht mehr so. Erick war seit nunmehr fast drei Monaten entschwunden. Die Hoffnung verblasste. Ich hörte es in Kevens Stimme, sah es in den traurigen Augen des Heilers Isaiah, jedes Mal, wenn ich Ericks Zimmer betrat.
    Vielleicht war es an der Zeit herauszufinden, ob Ottul helfen konnte. Bisher hatte ich nicht auf sie zurückgegriffen, weil ich ihr nicht vertrauen konnte und ihr immer noch nicht vertraute, doch allmählich wurde ich verzweifelt.
    Als wir die Große Halle des Palasts betraten – jenen Flur mit der Kuppeldecke, der mich mit tiefer Ehrfurcht erfüllt hatte, als ich zum ersten Mal in den Palast gekommen war, um die Regentin zu töten –, sagte ich: »Du musst nicht mitkommen, Keven. Du kannst draußen warten.«
    Einen Augenblick schien es, als wäre ihm eine schwere Bürde von den Schultern genommen worden. Er straffte den Rücken, und in seinen Augen blitzte Erleichterung auf.
    Dann aber seufzte er und schüttelte mit verbissener Miene den Kopf. »Nein, Regentin. Erick und ich wurden in den Kasernen zusammen ausgebildet. Wir kennen einander viel zu lange.«
    »Gut.« Ich nickte.
    Dann erregte eine Bewegung unten im Gang meine Aufmerksamkeit.
    Ich verlangsamte meine Schritte und spürte, wie meine Eskorte es mir gleichtat. Keven runzelte verwirrt die Stirn; dann entspannte er sich.
    Weiter vorne im Gang standen in der Nähe einer der unzähligen offenen Türen, die zu den inneren Sälen und Räumen führten, Eryn und Avrell beisammen und unterhielten sich leise. Während wir

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