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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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schüttelte Westen den Kopf. Ich habe sie noch einmal von den Mauern aus gesehen. Sie sind aus dem Wald aufgetaucht und haben die Straße nach Süden eingeschlagen. Es schien, als wären sie auf dem Marsch. Jedenfalls hatten sie zwei mit Vorräten schwer beladene Wagen dabei. Eine beachtliche Streitmacht. Mehr als die hundert Mann, die sich in das Gefecht an den Toren eingemischt hatten. Justaen sagt, dass die Streitmacht größer geworden ist.
    Ich grunzte. Baills Name erweckte sofort heiße Wut in mir, doch allen Berichten zufolge schien er dabei geholfen zu haben, Temall gegen die Chorl zu verteidigen. Was keinen Sinn ergab.
    Ich vertraue ihm nicht , sagte ich.
    Ich auch nicht. Die Härte, die Westen bei diesen Worten ausstrahlte, ließ mich schaudern. Aber er ist vorerst außer Reichweite. Und Justaen hat seine Wahl getroffen. Richten wir unser Augenmerk auf Venitte.
    Ich zog mich aus Westen zurück, jagte über das in der Sonne funkelnde Meer zurück zu dem Feuer in mir und seufzte tief. Erschöpfung legte sich wie eine schwere Decke über mich. Sofort setzte das Zittern in meinen Armen ein, und ich sank auf den hölzernen Klappstuhl zurück, auf dem ich gesessen hatte, als Heddan ihre Leitung entfernte. Marielle hielt die ihre noch kurz aufrecht, überließ mir mehr von ihrer Kraft, und ich lächelte matt und dankbar, bevor ich ihr kraftlos zu verstehen gab, die Verbindung zu lösen. Sie tat es zögerlich und winkte Heddan zu dem wartenden Krug mit Tee, der zuvor auf dem Deck des Schiffes in der Sonne zubereitet worden war.
    »Wie steht es um Amenkor?«, fragte Marielle und hob mir den Becher, den Heddan ihr reichte, an die Lippen, damit ich trinken konnte.
    »Gut.«
    »Und um Eryn?«
    Ich schaute zu Avrell, der angespannt an der Tür stand. Als ich über das Wasser geschwebt und zum Schiff zurückgekehrt war, hatte ich ihn gar nicht bemerkt.
    »Auch gut«, antwortete ich.
    Er hörte heraus, was ich nicht aussprach, nämlich dass es Eryn nicht besser ging. Sein Blick kehrte sich nach innen, und einen Atemzug lang wirkte er verloren und seltsam verletzlich, als wäre die Fassade eingestürzt und gäbe den Blick preis auf das, was dahinter verborgen lag.
    Dann fasste er sich wieder und setzte eine verbindliche Miene auf. »Schön«, sagte er und wandte sich zum Gehen.
    Ehe mir etwas einfiel, was ich sagen sollte, war er bereits verschwunden.
    Auf Marielles Zügen lag Traurigkeit, als ich mich zurücklehnte. »Wir sollten Euch an Deck bringen«, sagte sie lebhaft, doch ihre Stimme klang gezwungen.
    »Nein«, widersprach ich.
    »Doch«, beharrte sie und drückte Heddan bereits emsig Gegenstände in die Hände, die sie hinauftragen sollte. »Die Seeluft wird Euch guttun.«
    Nach einer halben Stunde an Deck, wo Marielle den Klappstuhl auf das Vordeck stellte, damit ich die Schaumkronen auf den Wellen und den mit den Bewegungen des Schiffes aufsteigenden und abtauchenden Horizont beobachten konnte, musste ich widerwillig zugeben, dass sie recht gehabt hatte. In deutlich besserer Stimmung befahl ich, Ottul an Deck zu bringen. Sie schmachtete bereits in ihrer kleinen Kabine, seit wir Amenkor verlassen hatten. Mit missbilligend gerunzelter Stirn ging Marielle nach unten und kehrte mit der Chorl-Begabtenzurück, begleitet von Trielle und Gwenn, die sie bewachen sollten.
    Ottul steuerte sogleich auf die Reling zu, so schnell, dass ich einen Lidschlag lang glaubte, sie wollte über Bord ins schwarze Wasser springen. Doch sie starrte nur hinunter auf die Wellen und die Gischt, die zornig vom Schiff aufspritzte. Ihr schwarzes Haar wurde ihr seitlich um den Kopf geweht, die goldenen Ohrringe funkelten in der Sonne. Wie fast jeder an Bord – außer den Begabten und Avrell – trug sie Hemd und Hose. Gwenn gesellte sich zu ihr, und schon bald deuteten die beiden aufgeregt über die Reling.
    »Was schauen sie sich an?«, fragte ich.
    Marielle zuckte mit den Schultern.
    Mit ihrer Hilfe mühte ich mich zum Rand des Schiffes.
    Kaum waren wir dort angelangt, sprang etwas aus dem Wasser – ein Schemen, nicht größer als meine Hand. Gleich darauf folgten zwei weitere. Sie segelten in niedrigem Bogen durch die Luft, ehe sie platschend wieder ins Wasser fielen und silbrig glitzernd in den Tiefen verschwanden. Gwenn quiekte, klatschte in die Hände und hüpfte ein Stück entfernt an der Reling auf und ab. Marielle japste.
    »Was ist das?«
    »Fisch.«
    Ich brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass Ottul in der Sprache der Küste

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