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Die Kaempferin

Die Kaempferin

Titel: Die Kaempferin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joshua Palmatier
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sagen.
    Ich richtete die Aufmerksamkeit auf Williams Rücken. Plötzlich fühlte ich mich ohne Keven und Trielle verunsichert. William hatte mich noch nicht bemerkt. Es wäre viel einfacher gewesen, in meine Kabine zurückzukehren. Doch der Gedanke gefiel mir nicht, und so trat ich vor und stellte mich neben William an die Reling, ohne ihn anzusehen.
    »Du meidest mich«, sagte ich und schaute finster auf den leuchtend weißen Schaum hinunter, den das Schiff aufwühlte, während es durchs Wasser pflügte.
    Ich spürte, dass William mich anstarrte. Er wich leicht zurück, doch seine Hände verweilten auf der hölzernen Reling.
    »Keven hat mir deutlich zu verstehen gegeben, dass es Avrell lieber ist, wenn ich mich von dir fernhalte«, sagte er schließlich.
    »Und du hast auf ihn gehört?«
    »Avrell ist der Oberhofmarschall.«
    »Aber er ist nicht die Regentin. Du hättest mich fragen können, was ich will.«
    William schwieg längere Zeit. »Und was willst du?«, fragte er schließlich.
    Ich erstarrte. Erst jetzt wurde mir klar, dass ich unruhig auf die Reling geklopft hatte. Ich wollte die Hand zur Beruhigung auf den Dolch legen, fürchtete jedoch, dass William es falsch auffassen könnte. Also tauchte ich stattdessen in den Fluss, ließ die vertrauten Strömungen über mich hinwegfluten, verdrängte meine Unruhe und antwortete: »Ich weiß nicht, was ich will.«
    Ein Anflug von Verärgerung schlug mir von William entgegen. »Verstehe.«
    Er wollte sich abwenden und davongehen.
    »Warte«, hielt ich ihn auf. »Ich bin in den Elendsvierteln am Siel aufgewachsen. Dort geht es nur ums Überleben. Für etwas anderes ist keine Zeit. Körperliche Liebe ist dort meist unsanft und gewalttätig, manchmal sogar tödlich. Liebe, Romantik, Umwerben … das alles gibt es am Siel nicht. Meist ist es nach fünf Minuten vorbei. Sofern man dann nicht tot im Dreck einer dunklen Gasse liegt, rafft man sich auf und schleppt sich weiter.«
    »Ich verstehe.« Immer noch beleidigt, doch mit einem Hauch von Belustigung in der Stimme. Das half zwar nicht, meinen Zorn zu lindern, war aber besser als die wütende Abfuhr, die er mir zuvor erteilt hatte. »Liegt dir denn etwas daran?«
    »Woran?«
    Er trat einen Schritt vor, lehnte sich auf die Reling und suchte mit ernster Miene meinen Blick. »An mir. Daran, dass ich dich umwerbe, ganz gleich, was Avrell sagt.«
    Ich konnte den Blick nicht von seinen Augen nehmen. »Avrell hat nie gesagt, dass wir einander nicht sehen können.«
    Eine ausweichende Antwort; trotzdem nickte William. »Und was ist mit Brandan?«
    »Zwischen mir und Brandan ist gar nichts«, sagte ich. »Ich habe ihn zu einem Ausflug durch Amenkor mitgenommen, mehr war da nicht. Es gibt keinen Grund zur Eifersucht.«
    William versteifte sich, als wollte er widersprechen, doch dann entspannte er sich wieder. Er schaute über das Wasser. Weitere Sterne waren aufgetaucht; der Himmel war mittlerweile fast schwarz. Nur ein schmales blaues Band zeichnete sich steuerbords am westlichen Horizont ab.
    Plötzlich lächelte William.
    »Dann treffen wir uns morgen nach Einbruch der Dunkelheit hier.«
    »Warum?«
    »Das findest du morgen heraus.«
    Ich musterte ihn misstrauisch. Überraschungen wie diese widerstrebten mir. Am Siel verhießen sie nie Gutes. Dennoch strömte Erregung durch meine Adern und kribbelte in meinen Fingern. »Na schön.«
    Ich dachte, er würde gehen; stattdessen verweilten wir an der Reling, während die Mondsichel aufging und die schwarzen Wellen mit silbrigem Licht überzog.
    Der nächste Tag schien sich endlos hinzuziehen, und ich sah William kein einziges Mal. Trielle hatte Marielle von der Begegnung in der Nacht zuvor erzählt, und die beiden verbrachten den größten Teil des Tages damit, darüber zu tratschen, was William an diesem Abend vorhaben mochte, wobei ihre Mutmaßungen immer wilder wurden, je weiter der Tag voranschritt, und zunehmend derber.
    »Wir sind auf einem Schiff, das übers Meer fährt«, sagte ich gereizt. »Er kann unmöglich auf einem Pferd angeritten kommen. Warum sollte er überhaupt?«
    Trielle verdrehte die Augen. »Schon gut, Regentin. War doch nur ein Scherz.«
    Dann brachen die beiden in Gekicher aus.
    Bei Anbruch der Abenddämmerung ging meine Erregung in Beklommenheit und Unruhe über.
    »Hört auf, hin und her zu rennen«, sagte Marielle. Trielle war gegangen, um Ottul zu bewachen, damit Heddan und Gwenn schlafen konnten. »Es ist doch bloß William.«
    Ich warf ihr einen

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