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Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Die Känguru-Offenbarung (German Edition)

Titel: Die Känguru-Offenbarung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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Patrone. Bei einem Maschinengewehr geht das schnell ins Geld.«
    »Als du mir geschrieben hast, dass du Waffen sammelst und dass die Amerikaner bezahlen werden, da hatte ich mir irgendwie etwas anderes darunter vorgestellt«, sagt das Känguru.
    »Hinter dem Empfangshaus haben wir noch nachgebaute Fallen und entlang eines Pfades lebensgroße Kämpfer-Figuren«, sagt der O.B. »Die meisten unserer Tunnel sind inzwischen natürlich eingestürzt, aber wir haben einen nachgebaut und auf westliche Körpermaße vervierfacht.«
    »Ich bin in einem Apocalypse-now-Eventpark«, sage ich ungläubig.
    »Wollt ihr auch mal schießen?«, fragt der Oberbefehlshaber.
    »Nein danke«, sage ich.
    »Auch nicht aufs Haus?«
    »Ist der irre?«, fragt Pierre. »Da sind doch Leute drin!«
    Auf Drängen des Kängurus probieren wir es dann doch aus.
    »Und wie war das Gefühl, als ihr abgedrückt habt?«, fragt der Oberbefehlshaber danach.
    »Es war ein großartiges Gefühl«, sagt Pierre. »Man ist sofort ekstatisch. Man fühlt sich mächtig und unverwundbar, und genau darum gehört es unbedingt verboten.«
    »Ja, nicht jeder kann mit Waffen umgehen«, sagt der Oberbefehlshaber.
    »Waffen?«, fragt Pierre. »Sorry. Ich dachte, wir reden von Heroin.«
    »Ah, die Bazooka ist endlich frei«, sagt das Känguru.
    Es flüstert mir zu: »Denk daran! Sprich ihn auf gar keinen Fall auf den Krieg an.« Und hüpft zurück zum Schießstand.
    »Wie war das damals während des Vietnamkrieges …«, frage ich.
    »Wir nennen ihn den amerikanischen Krieg«, sagt der Oberbefehlshaber.
    »Hm, ja, irgendwie logisch.«
    »Eines Tages, während der TET-Offensive …«
    »Also, eigentlich interessiert mich hauptsächlich, ob das Känguru wirklich beim Vietcong war.«
    »Oh«, sagt der Oberbefehlshaber. »Natürlich. Jeder kannte es.«
    »Hm«, sage ich, auf seltsame Art enttäuscht und erleichtert zugleich.
    »Natürlich war es noch viel kleiner.«
    »Wie klein?«, frage ich aufhorchend.
    »Es war in den letzten Kriegsmonaten zur Welt gekommen«, sagt der Oberbefehlshaber. »Es war so klein, es steckte noch im Beutel seiner Mutti.«
    Ich muss unglaublich breit grinsen.
    Das Känguru kommt zurück.
    »Was grinst du so blöd?«, fragt es.
    »Nichts«, sage ich. »Nichts, nichts.«
    Pierre kichert.
    »Im Beutel seiner Mutti …«, wiederholt er.
    »Ihr habt eure Versprechen gebrochen!«, ruft das Känguru. »Du hast versprochen, nicht zu fragen, und du hast versprochen, nichts zu erzählen!«
    »Als es noch mit uns in der Band war, hat es immer geprahlt, dass es dem letzten Hubschrauber gewinkt habe«, sagt Pierre.
    »Oh, es hat dem letzten Hubschrauber gewinkt«, sagt der Oberbefehlshaber. »Aus dem Beutel raus. Es war das erste Mal, dass es gewinkt hat. Alle fanden das total niedlich.«
    »Superniedlich«, sage ich.
    »Ich bin nicht niedlich!«, ruft das Känguru.
    »Ich bin nicht niedlich …«, wiederholt der Oberbefehlshaber nickend. »Das war sein allererster Satz …«
    »Kommen wir zum Punkt, bevor du uns hier noch weiter mit Kindheitsgeschichten nervst, die keiner hören möchte …«, sagt das Känguru.
    »Ich möchte sie hören«, rufe ich.
    »Ich auch!«, ruft Pierre. »Um was geht’s?«
    »KENNST DU DIESEN PINGUIN?«, ruft das Känguru, zieht den digitalen Bilderrahmen aus seinem Beutel und hält ihn dem Oberbefehlshaber unter die Nase. Nachdenklich betrachtet dieser das Bild.
    »Ich habe diesen Pinguin schon einmal gesehen«, sagt er bedächtig.
    TAMM TAMM TAAAAHHM!
    »Lass das!«, sagt das Känguru verärgert und nimmt mir das Handy weg.
    »Vor langer, langer Zeit habe ich diesen Pinguin gesehen. Er war gekommen, um dich …«
    Der Oberbefehlshaber zögert.
    »Um mich zu töten?«, fragt das Känguru aufgeregt.
    »Nein. Er arbeitete für eine Agentur, die exotische Babys in die USA brachte, damit sie dort von Hollywood-Stars adoptiert werden konnten. Dein Vater …«
    »Er hat sich für mich geopfert?«, ruft das Känguru.
    »Nein, nein. Dein Vater war nicht da. Ich glaube, er war in der Tunnelkneipe. Vielleicht war er zu der Zeit aber auch schon verschwunden. Jedenfalls sagte der Pinguin: Dieses kleine Baby hier ist etwas ganz Besonderes.«
    Das Känguru streicht sein Kopffell zur Seite und entblößt eine gezackte Narbe.
    »Er wollte sagen, ich bin … auserwählt?«, fragt es.
    Unwillkürlich fährt es mit der Pfote über den Ring, den es an einer Kette um den Hals trägt.
    »Ich glaube, er bezog sich darauf, dass du ein Kängurubaby warst«,

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