Die Känguru-Offenbarung (German Edition)
Oberbefehlshaber finden«, sagt das Känguru. »Ein alter Vietcong-Genosse von mir. Er wusste früher immer über alles Bescheid, was hier im Land vorging. Er wird uns sagen können, wo der Pinguin steckt.«
»Supi.«
»Wir müssen ein Klopfzeichen ausmachen, damit du bei meiner Rückkehr weißt, dass ich es bin und keine Gefahr besteht«, sagt das Känguru.
»Okay.«
»Das soll unser Zeichen sein«, sagt es und klopft dreimal gegen die Tür. »Klopf, klopf, klopf.«
»Das ist das dümmste Zeichen, von dem ich je gehört habe«, sage ich.
»Ist egal. Kommt ja eh keiner«, sagt das Känguru und verschwindet nach draußen. Ich schließe meine Augen und höre gleich darauf: Klopf, klopf, klopf.
»Na, was vergessen?«, frage ich und mache die Tür auf.
»Where are you from?«, fragt mich ein mir unbekannter Mann.
»Germany«, sage ich.
»Ah! Guten Tag!«, sagt der Mann. »Zahlen Sie nicht länger zu viel für Ihren DSL-Anschluss.«
Ich bin baff.
»Äh«, sage ich.
»Haben Sie schon vom Mobilfunkanbieter CO2 gehört?«
Ich knalle dem Mann die Tür an die Nase und will mich wieder in den Whirlpool legen.
Klopf, klopf, klopf.
Ich öffne. Vor der Tür stehen eine dicke Frau und ein kleiner Junge in einem noch kleineren Anzug.
»Nehmen Sie sich kurz fünf Minuten Zeit für den Herrn, unseren Gott«, sagt die Frau.
»Hat man denn nirgends seine Ruhe?«, frage ich kopfschüttelnd.
»Der Herr ist überall!«, sagt der Junge.
»Furchtbar. Wie Coca-Cola «, sage ich, schließe sanft die Tür und steige zurück in den Whirlpool.
Es klopft. Dreimal.
Ich öffne und nehme Pakete für die ganze Nachbarschaft entgegen. So langsam bekommt der Hotelslogan »We want you to feel just like at home« eine völlig andere Bedeutung. Eins der Pakete müffelt. Es ist von TeaSausageOnline24.com.
Ich lege mich wieder in den Whirlpool, kann mich aber nicht entspannen. Bestimmt klopft es gleich wieder.
Nichts passiert. Ich lehne mich zurück und lasse locker. Ich schließe meine Augen und merke, dass ich eine Migräne bekommen werde vom Spätburgunder.
Klopf, klopf, klopf.
»Niemand da«, murmle ich und tauche unter. Jemand öffnet die Tür. Anscheinend geht das auch von außen. Mein Besucher sieht merkwürdig aus. Ich tauche auf. In der Tür steht der Pinguin. Er blinzelt. Hastig fahre ich aus dem Pool hoch, bleibe mit der Badehose am Wasserhahn hängen, befreie mich, springe aus dem Pool, rutsche auf den Schönsten Golfplätzen Monacos aus, knalle mit dem Kopf gegen den Marmorkamin, zapple auf den vom umgekippten Spätburgunder nassen Fliesen wie ein dreibeiniger Hund auf einem zugefrorenen See, rapple mich hoch und haste zur Tür. Der Pinguin ist weg.
Weg ist auch das Paket von TeaSausageOnline24.com.
Ich lege mich wieder in den Whirlpool und schlafe sofort ein. Ich habe einen sehr sarkastischen Traum, in dem ich am Grab des Kängurus stehe und zu Friedrich-Wilhelm sage: »Tragisch. Aber irgendwie war es ein passendes Ende. Von einem Geldtransporter überfahren … Ich glaube, es hätte die Ironie zu schätzen gewusst.«
Ein Klopfen weckt mich. Klopf, klopf, klopf, klopf. Hm. Wieder klopft es. Klopf, klopf, klopf, klopf, klopf. Dann höre ich: Klopf – Pause – klopf. Und dann: Klopf, klopf – Pause – klopf, klopf. Ich kratze mich am Bart.
»Ich bin’s!«, ruft das Känguru. »Ich hab das Zeichen vergessen.«
»Du riechst so gut.«
Jean-Baptiste Grenouille
DWUM DWUM DADA
»Dass sie das tatsächlich noch spielen«, sagt das Känguru.
Wir stehen mit Tausenden von Menschen in einem Stadion in Ho-Chi-Minh-Stadt.
DWUM DWUM DADA
»Jetzt wo deine alte Band in Asien so krass erfolgreich geworden ist«, sage ich, »bereust du es da wirklich nicht, dass du damals in Berlin ausgestiegen bist, weil du’s zu kommerziell fandest, eine dritte Platte rauszubringen?«
Das Känguru antwortet nicht.
DWUM DWUM DADA
»Hallo!«, brüllt der Sänger. »Ich bin Manfred!«
»Der Text ist von mir«, sagt das Känguru.
DWUM DWUM
»Und ich bin süchtig!«, brüllt der Sänger.
DWUM DWUM
»Nasenspray!«, brüllt der Sänger.
DADA DADA
»Manchmal stimmt es mich ein wenig traurig«, sage ich, »dass der weltweit bekannteste deutschsprachige Dichter Till Lindemann von Rammstein ist.«
»NASENSPRAY!«, brüllt das Publikum.
Nach dem Konzert treffen wir uns im Backstagebereich mit der Band, und das Känguru stellt mir seine ehemaligen Kollegen vor: »Das ist Manni. Früher hat er Schlagzeug gespielt. Jetzt leidet er an dem
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