Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kaffeemeisterin

Die Kaffeemeisterin

Titel: Die Kaffeemeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Marten
Vom Netzwerk:
gehabt!«, pflichtete Hatice ihrer Schwester bei.
    »Ihr beiden Mädchen kommt sofort mit mir!«
    Mit der einen Hand riss die heraneilende Oberaufseherin des Harems, die Kahya Kadın, die nur der Sultansmutter unterstellt war, Selma vom Teppich hoch. Mit der anderen Hand versuchte sie ihren improvisierten Schleier festzuhalten, der aus dem kurzerhand zweckentfremdeten Vorhang von der Balkontür bestand.
    »Tötet sie!«, krächzte Emine Hanim noch einmal.
    Mit einem klirrenden Geräusch zog nun der zweite Janitschare seinen Krummsäbel aus dem Schaft und hielt ihn sich drohend über den Kopf – bereit, ihn jeden Moment auf den gebeugten Nacken der vor ihm kauernden Verräterin niedersausen zu lassen.
    »Ich habe doch überhaupt nichts gemacht«, flüsterte Johanna mit erstickter Stimme. »Ich … Zehra, bitte …«
    Sie konnte nicht weitersprechen. Durch den Tränenschleier vor ihren Augen blickte sie zu der Schwester des Sultans, die hilflos die Hände rang. Warum unternahm Zehra nichts? Warum ließ sie zu, dass ihre verrückte alte Mutter sie umbringen ließ, sie, ihre Dienerin Yuhanissa, eine Unschuldige?
    »Halt!«
    Mit einem katzenhaften Sprung fiel der junge Arabischlehrer dem Janitscharen mit dem Krummsäbel in den Arm. Sofort schnellte der Wachmann herum und warf ihn zu Boden.
    »Verzeihen Sie, edler Herrscher!«
    Die großen dunklen Augen angstvoll zu dem nun über seinem Kopf schwebenden Krummsäbel erhoben, rappelte der Ale xandriner sich aus seiner liegenden Haltung auf. Auf allen vieren, den einen Arm lang ausgestreckt, die Hand zur Faust geballt, kroch er langsam auf den Padischah zu.
    »Das ist kein Zucker, mein Sultan. Das ist Salz!«
    Vorsichtig öffnete er seine Faust. Auf seiner Handfläche lag wie auf einem kleinen Tablett ein klebriges Häufchen weißes Pulver. Mit dem Kinn machte der Alexandriner eine Bewegung in Richtung Meissner Zuckerdose.
    »Salz?«, fragte die Schwester des Sultans gedehnt.
    Als wären plötzlich alle Lebensgeister in sie zurückgekehrt, leckte sie hastig ihren Zeigefinger an und tauchte ihn tief in die Zuckerdose.
    »Tatsächlich«, sagte sie dann und kräuselte voller Abscheu die Nase. »Aber wie kommt das Salz in die Zuckerdose?«
    »Was soll dieser Unsinn mit dem Salz? Es war Gift, was sie deinem Bruder gegeben hat, Zehra, Gift! Das ist doch nur ein Ablenkungsversuch. Dieser Mann ist ein Verbündeter von der deutschen Verräterin. Er lügt. Was macht er hier überhaupt? Männer haben im Harem nichts zu suchen! Ich glaube ihm kein Wort.«
    Emine Hanim wollte sich nicht geschlagen geben.
    Zehra Sultan streifte ihre Mutter mit einem unwirschen Blick. Dann sah sie zu Johanna und sagte zu den Janitscharen:
    »Lasst sie los! Wir wollen noch mal gnädig sein mit ihr. Nicht wahr, Mahmud? Du lebst ja schließlich noch!«
    Der Sultan nickte verwirrt. Sein Blick hatte etwas Unsicheres, Lauerndes, als rechnete er noch immer damit, plötzlich zusammenzubrechen, im Gesicht blau anzulaufen, sich in Krämpfen zu winden und mit Schaum vor dem Mund elendiglich zu vergehen.
    Zehra prustete los, wie jemand, der kurz vor einem Lachanfall steht und sich schnell in eine Hustenattacke rettet. Als sie sich wieder beruhigt hatte, schaute sie mit strengem Gesicht in die Runde, bis ihre Augen an der blassen Ungarin hängen blieben.
    »Hattest du nicht das Tablett mit den Tassen und dem Zucker hierhergebracht, Gül?«
    Die Sklavin sah mit trotziger Miene an der Sultana vorbei in die Luft.
    »Ich habe nur gebracht, was man mir in der Küche gegeben hat«, erwiderte sie schnippisch.
    »Aha …«, nickte Zehra bedächtig. »Nun, das können wir leicht nachprüfen, was man dir dort gegeben hat. Dann können wir immer noch sehen, wen wir bestrafen müssen – dich oder die in der Küche. Einer von euch muss es ja wohl gewesen sein, dem diese Verwechslung unterlaufen ist. Iskender wird sich gleich darum kümmern und die Küchensklaven verhören.«
    Demonstrativ schaute sie an ihrer Mutter vorbei.
    Diese hob theatralisch die Hände vor ihr Gesicht.
    »Will denn gar niemand auf mich hören?«, rief sie anklagend. »Mahmud, gütigster Herrscher, auf Euch wurde ein Anschlag verübt. Wollt Ihr das wirklich einfach so hinnehmen?«
    Für einen Mann von seiner Statur unerwartet flink, sprang der Herrscher auf. Er stampfte wütend mit dem Fuß auf und brüllte:
    »Es reicht, Emine Hanim! Könnt Ihr denn nie einsehen, wenn Ihr eine Runde verloren habt? Ich will Euch hier nicht mehr sehen! Und wenn Ihr noch einmal

Weitere Kostenlose Bücher